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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Die Geschwister Paul und Elisabeth leben schon seit ihrer Jugend gemeinsam ein zurückgezogenes Leben in der elterlichen Wohnung. Sie beschäftigen sich nur mit sich selbst, was nach und nach zu Problemen führt.

Kritik

Jean Cocteau (Orpheus) und Jean-Pierre Melville (Der eiskalte Engel) sind zwei Künstler, denen man abgesehen von ihrer Nationalität nur wenig Gemeinsamkeiten bescheinigen würde. Während erster sich primär als Dichter sah und vor allem als einer der führenden Surrealisten bekannt war, dominierten bei Melville oftmals unterkühlte und präzise Bilder. Skepsis ist daher die naheliegende Empfindung, wenn beide für ein gemeinsames Projekt zusammenkommen. Allen Zweifeln zum Trotz vereint Die schrecklichen Kinder jedoch die besten Eigenschaften der Kreativköpfe und wird dadurch weitestgehend zu einem sehr eigenen, aber überaus betörenden Werk. Angesiedelt im gutbürgerlichen Frankreich erzählt der Film von zwei Geschwistern, die weitestgehend autark und abgeschnitten von der Gesellschaft aufwachsen und als Vormund lediglich eine schwerkranke, zur Untätigkeit verdammte Mutter haben.

Der dadurch abgesteckte Rahmen legt bereits einige filmische Motive nahe, denen sich Melville konsequenterweise bedient. Angesiedelt zwischen psychologischer Charakterstudie, Kammerspiel und klassischem Drama verdichtet er die thematisierten Konflikte zusehends zu einem komplexen Gebilde, das emotional immer wieder in entsprechende Extreme ausbricht. Radikale Stimmungsschwankungen und unverhältnismäßiges Verhalten sind also keinesfalls als dramaturgische Unzulänglichkeiten zu sehen, sondern spiegeln vielmehr die innere Zerrissenheit und krankhafte Persönlichkeit der Figuren wieder.

Obgleich Die schrecklichen Kinder durch seine gelegentlich einsetzende Voice-Over Narration explizit vom Innenleben der Geschwister berichtet, bleibt vieles nur spärlich beleuchtet und lässt so Raum für eigene Deutungen. Melville ist es keinesfalls daran gelegen, ihr Verhalten über die Maße zu psychologisieren. Stattdessen speist er einen Großteil der eindringlichen Wirkung aus dem gleichen Gefühl von Unverständnis und Faszination, welches auch alle Figuren im direkten Umfeld von Paul und Elisabeth befällt. Angefangen bei kuriosen Spielen, heftigen Gefühlsschwankungen und verqueren Ansichten steigert sich deren Verhalten zu selbstzweckhaftem Diebstahl und sogar eine inzestuöse Beziehung wird als Option angedeutet. Zwischen stolzem Kleinbürgertum und ungerechtfertigter Dekadenz stoßen die beiden jedoch immer wieder an die Grenzen ihres selbstgewählten Lebensentwurfs.

Bei zunehmender Laufzeit wird deutlich, dass die titelgebenden Kinder keinesfalls so schrecklich sind, wie es der selbige suggeriert. Ihr rebellisches Verhalten, die andauernde Provokation und jegliche Form von Böswilligkeit ist letztlich nur ein stummer Schrei nach Liebe. Bereits in jungen Jahren vernachlässigt, weitestgehend auf sich selbst gestellt und in ebenso destruktiver wie essentieller Wechselwirkung zueinander, haben Paul und Elisabeth schon in ihrer Kindheit eine krankhafte Persönlichkeit entwickelt. Die schrecklichen Kinder ist ein poetisches Abbild der psychologischen Folgen von elterliche Vernachlässigung und fehlender Hingabe. Sensibel erdacht von Cocteau und zunehmend radikaler auf die Leinwand gebannt von Melville, kulminieren zwei divergente Ansätze zu einem beinahe rauschhaften Abbild (zwischen)menschlichen Verhaltens.

Fazit

„Die schrecklichen Kinder“ beweist, dass Melville und Cocteau nur auf dem Papier wie Wiedersprüche anmuten. Tatsächlich harmoniert der elliptische Erzählstil des Drehbuchs nämlich ausgezeichnet mit der stimmungsvollen Inszenierung des Regisseurs. Auch dem Titel wird das Werk nur bedingt gerecht, macht es doch über die Maße deutlich, dass alles Abscheuliche und Schreckliche nur eine Folge von fehlender Zuneigung und gemeinsamer Zeit und Hingabe ist.

Kritik: Dominic Hochholzer

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