Der alternde einäugige Hausverwalter Raphael führt auf einem Gutshaus mit seiner alten Mutter eine zurückgezogene, einsame Existenz. Doch alles ändert sich, als die Erbin des Grundstücks auftaucht und bleibt.
Kritik
Es gibt auf jedem Festival Filme, die sind Teststrecken, wie viel Hässlichkeit das Publikum aushalten kann, bevor es entnervt den Saal verlässt. Anaïs Tellennes grobschlächtige Gargoyle-Geschichte behauptet sich immer hin in dieser Kategorie. Schon nach Minuten verlassen die ersten Zuschauenden den Saal und bis zum vorhersehbaren Ende des burlesken Boulevardstücks leeren sich die Sitzplätze stetig. Die Unappetitlichkeiten des im Grund krampfig altbackenen Festivalbeitrags, dessen Schloss-Setting ein modernes Märchen suggeriert, sind dabei weder originell noch provokant.
Es ist die einer blasierten Burleske, deren hühnenhafter Hauptcharakter (Raphaël Thiéry, Passagiere der Nacht) zum Spaß Maulwürfe in die Luft sprengt und deren Kadaver dekorativ aufhängt. Die als amüsant gerahmte Tierquälerei legt nahe, dass Raphaël, der als Grundstücksverwalter mit seiner greisen Mutter in einem verlassenen Herrenhaus lebt, innerlich so abstoßend ist wie äußerlich. Mit Augenklappe und monströser Maske macht die Regisseurin aus ihm eine erschreckende Erscheinung ähnlich des Golems, den seine Gelegenheitsaffäre als Souvenir von einer Prag-Reise mitbringt.
Dass die beiden im Wald bizarren Bondage-Sex haben, trägt nichts zur Handlung bei, außer mehr Hässlichkeit. Die wird entsprechend der unterliegenden Konventionalität der sinnbildhaften Story bei Männern und Frauen unterschiedlich bewertet. Anders als seine lächerliche Liebhaberin verdient der Quasimodo-Protagonist in Sachen Status und Attraktivität besseres. Das ist die neue Madame (Emmanuelle Devos, Versteckt im hohen Gras) des Hauses, eine an Marina Abramovic angelehnte Konzeptkünstlerin, die den Protagonisten nicht nur in Lehm modelliert, sondern natürlich aus seinem amourösen Dornröschenschlaf weckt.
Fazit
Eine malerische Kulisse macht noch keine Atmosphäre und erst recht noch keinen guten Film. Das beweist Anaïs Tellennes skurriles Spielfilmdebüt, das sich mit der diffizilen Beziehung von Model und Kunstwerk auseinanderzusetzen will. Stattdessen dümpelt der sich mit motivischen Versatzstücken aus Sagen, Märchen und Mythen schmückende Beitrag der Filmfestspiele von Venedig in Verhöhnung und Pathologisierung moderner Kunst. Als deren Alternativ präsentiert die Regisseurin und Drehbuchautorin ein mit verklemmten Sex-Witzen, abgeschmackten Gags und antiquierten Sittenlektionen versetztes Golem-Gleichnis.
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