Es bereitet dem Verfasser dieser Zeilen keine Freude zu verkünden das alles, was man bereits über Francis Ford Coppolas (Der Pate) fast 50 Jahre geplantes Monumentalepos Megalopolis gehört hat, den entstandenen Film in Sachen Relevanz bei weitem übertrifft. Was nicht zwingend etwas negatives sein muss, waren die Erwartungen an dieses, von Coppola mit 120 Millionen Dollar, nach Verkauf dessen Weingutes, nahezu komplett durch seine legendäre Firma American Zoetrope selbstfinanziertes und, wie bereits bei Apocalypse Now, von zahlreichen Rückschlägen geplagtes, Sci-Fi-Projekt doch so groß, dass sich das geneigte Kinopublikum nahezu den ultimativen, von allen Fesseln befreiten, alle Grenzen sprengenden Kinotraum herbeifantasierten. Das ein solches Projekt an solchen Erwartungen nur scheitern konnte, war abzusehen, doch Coppolas Vision vom Untergang des amerikanischen Imperiums als Neuinterpretation des römischen Reiches, existiert auch am Ende der 138 Minuten verschlingenden Minuten nur noch im Kopf seines Regisseurs, oder im besten Falle, als reine Fantasie in den Köpfen seines Publikums, aber nirgendwo auf der Leinwand.
Umso tragischer ist der Fahlschlag von Megalopolis, da er sinngebend für das karrierelange Scheitern eines der doch umjubelten amerikanischen Regisseure aller Zeiten steht, nämlich dessen Vision ein innovatives Kino zu erschaffen. Am Ende bleibt ein Film, den man nur anhand seiner Zitate abklopfen kann. Eines davon verkündet der im Zentrum stehende Architekt Caesar (Adam Driver, Marriage Story) relativ am Anfang: Ein Imperium fällt erst dann, wenn niemand mehr an es glaubt, eine Zeile die Megalopolis zusammenfasst, ist er doch das Manifest eines Filmemachers, der sein ganzes Herz und Geld in etwas gesteckt hat, woran er schon vor Jahren scheinbar aufgehört hat zu glauben. Wir befinden uns im New York der Zukunft und der Vergangenheit, denn trotz des Sci-Fi Szenario trägt die Stadt nun den Titel „New Rome.“ Diese von, Finanz- und Umweltkrisen geplagte Dystopie, in dem die Ultrareichen einem Exzess-Leben frönen, während der Rest vor sich hinsiecht, steht kurz vor dem Fall, und Caesars Aufgabe besteht darin, sie als Utopie neu zu erfinden. Der Ton dieser Welt, in der WWE-Kämpfe als neue Kolosseums-Attraktion stehen, ergänzt sich mit Coppolas (bewusst) vulgärer Herangehensweise.
Auf dem Weg von der Hölle in das Paradies jagt Coppola das Publikum durch ein frivoles Schauspielensemble, in dem gefühlt jeder in einem anderen Film feststeckt: Aubrey Plazas (Ingrid Goes West) verführerische Journalistin Wow Platinum komplettiert durch ihr, sich dem Wahnsinn als einzige völlig bewusstes, Schauspiel den Saturday Night Live Sketch-Look zahlreicher Szenen, Shia LaBeouf (Nymphomaniac) gibt den verzogenen Erben Clodio als extravaganten Edgelord, während Jon Voight (Mission: Impossible) als Kaiser Crassus sowie Dustin Hoffman(Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich) rein physisch anwesend sind. Ohne Sinn für Tempo oder narrative Dynamik etabliert Coppola eine Welt, die er lediglich mit amateurhaften Greenscreen-Probs ausschmücken und mit Effekten wie aus dem Windows Movie Maker anreichern kann. Das ewige Gerede von neuen Visionen, die entstehen müssen, fühlt sich im Angesicht eines Filmes, dessen einzige Ästhetik, die eines bebilderten Hörbuchs gleichkommt, umso paradoxer an. Wer hier wirklich gut aufpasst, der wird mit etwas Glück eventuell eines Viertels der Handlung folgen können.
Dann, jedoch kommt ein Moment des interessanten Staunens und der Verwunderung, mit dem sich Coppola wahrscheinlich zumindest das Unikat eines 4D-Filmes sichert, der jedoch den meisten Kinobesuchern unzugänglich bleiben wird, weswegen man sich hier die Vorwegnahme erlaubt: Während eines direkt in die Kamera gehaltenes Interviews Caesars sprengt Megalopolis plötzlich die vierte Wand und ein Mitglied des Kinopersonals betritt mit Mikrofon die Bühne, um Drivers Caesar direkte, abgesprochene, Fragen zu stellen. Ein Moment, in dem Coppola den vielbeschworenen Dialog zwischen Publikum und Leinwand zumindest andeutet. In ihrer Simplizität stellt diese Szene den einzigen Moment dar, in dem sich ein wirklich innovativer Film abzeichnet, auch wenn er den Beigeschmack des Sicherns eines Unikat-Status gleichkommt, denn wie sich die Umsetzung dieser Interaktion außerhalb des Cannes Film Festival abzeichnet, bleibt abzuwarten. Coppola träumt bis zum Ende von einer besseren Welt, eine Ambition, die das gesamte Unterfangen dann doch eine charmante Liebenswürdigkeit verleiht. Doch die Definition einer Utopie impliziert einen Ort, der nicht existiert. Konsequenterweise ist Megalopolis ein Film, der nur als Konzept auf den ultimativen Film verweist, diesen aber nie verkörpern kann.