Inhalt
Geschäftsmann Robert Harper und sein Freund und Pilot Ralph landen für einen Zwischenstopp im philippinischen Dschungel, müssen dabei jedoch feststellen, dass das Basiscamp verwüstet und menschenleer ist. Da sie mit dem beschädigten Flugzeug nicht umgehend starten können, müssen sie die Nacht dort verbringen. Sie werden von Kannibalen überfallen und Robert wird in deren Unterschlupf verschleppt. Nach Tagen grausamer Gefangenschaft gelingt ihm die Flucht, aber der Stamm heftet sich schnell an seine Fersen…
Kritik
1972 erschuf Umberto Lenzi mit Mondo Cannibale den Grundstein des verrufenen Subgenres des italienischen Kannibalenfilms, in der Folge oftmals als Mondo-Kino bezeichnet. Mondo Cannibale 2 – Der Vogelmensch wurde hierzulande als direktes Sequel verkauft, der im Original als Ultimo mondo cannibale betitelte Film kann aber nicht wirklich als solches bezeichnet werden. Die Aussagen über eine diesbezügliche Intention sind auch nicht eindeutig. Laut den Produzenten schwebte ihnen ursprünglich durchaus ein solches Projekt vor, weswegen wohl auch die Stars des Vorgängers – Ivan Rassimov & Me Me Lai – wieder verpflichtet wurden. Regisseur Ruggero Deodato widersprach dieser These und behauptet bis heute stets, dass dies ein eigenständiger Film werden sollte, was aufgrund der völlig autarken Story nur logisch klingt. Bis auf das Genre, den Cast und den Titel (was ja eh immer völlig willkürlich war) gibt es auch gar keine Parallelen, von daher glauben wir mal dem Regisseur.
Inhaltlich waren sich diese sehr speziellen Genre-Filme zwangsläufig relativ ähnlich. Me Me Lai spielt mal wieder eine Eingeborene, Ivan Rassimov ist diesmal aber nur in einem Nebenpart vertreten. In der Hauptrolle agiert der Genre-erprobte Massimo Foschi (Neun Gäste für den Tod), der als Geschäftsmann Robert Harper gemeinsam mit seinem Piloten (Rassimov) und zwei weiteren Personen im philippinischen Dschungel zwischenlandet, dort aber in die Fänge eines Kannibalenvolkes fällt, das eher an Höhlenmenschen erinnert (entsprechend auch in solchen lebt). Genau genommen wird nur Robert deren unliebsame Gastfreundschaft zu Teil, der Rest seiner Truppe wird entweder direkt verspeist oder geht auf der Flucht verloren. Nackt, gedemütigt und wie ein Tier eingepfercht wartet er praktisch nur darauf, auch ein Teil des wenig ausgewogenen Speiseplans der letzten Höhlenmenschen zu werden, zuvor müssen natürlich einige Tiere das Zeitliche segnen. Darunter auch ein Krokodil, ein besonders widerwärtiger Tier-Snuff-Part, der aus heutiger Sicht schier unvorstellbar ist (wie das damals auch nur im Entferntesten nicht strafrechtliche Folgen nach sich ziehen konnte, ist schier absurd). Irgendwann gewinnt Robert das Vertrauen einer Stammesfrau (Me Me Lai) und kann durch ihre Hilfe flüchten. Nimmt sie praktisch als Geisel und vergewaltigt sie auf dem Weg ganz nebenbei, aber das ist dann wohl der Beitrag zum Thema „Wer sind denn hier die echten Wilden“. Das konnte Deodato bei seinem drei Jahre späteren Masterpiece Nackt und zerfleischt (der einzige großartige Mondo- UND Found-Footage-Film) deutlich besser verkaufen, aber das trifft auf praktisch alles hier Vorgeführte zu.
Dabei ist Mondo Cannibale 2 – Der Vogelmensch – wenn man mal alle zwangsläufigen Kritikpunkte des fragwürdigen Sub-Genres nicht extrem schwer gewichtet – gar nicht mal so schlecht. Handwerklich ist das alles sehr solide und die noch sehr verträumte, zu der Thematik aber nicht unbedingt passende Stimmung des „Originals“ wird komplett ins Gegenteil verdreht. Dieser Film ist brachial, verstörend und besonders in der deutlich besseren zweiten Hälfte ein durchaus effektiver Survival-Thriller, der seine angepeilte Wirkung keinesfalls verfehlt. Die Art und Weise ist im Detail natürlich immer noch sehr angreifbar und wer das Genre aufgrund seiner zahlreichen Verfehlungen verteufelt, hat dazu allen Grund. Aber besonders im Vergleich mit einigen ganz ekelhaften und billigen Vertreter seiner Zunft steckt hier noch ein gewisses Talent in der Inszenierung, den Darsteller*innen und in gewisser Weise auch seiner Aussage, dass auch der zivilisierte Mensch unter Extrembedingungen nicht besser ist als „die Wilden“, von denen ihn eigentlich nur eine aufgesetzte Moral unterscheidet. Das kitzelt der Film nicht gerade subtil und erst recht nicht ernsthaft gelungen heraus, aber der Ansatz ist wenigstens zu erkennen. Im Prinzip ein erster Gehversuch für Nackt und zerfleischt, der trotz der logischen Kontroverse über jeden berechtigten Zweifel erhaben ist.
Fazit
Voyeuristische, beinharte Genre-Kost mit diversen Grenzüberschreitungen trifft auf einen Hauch Sozialkritik, der in der ganzen Sauerei aber natürlich massiv untergeht. Trotzdem einer der deutlich besseren Mondo-Filme dieser Zeit, allein wegen seiner handwerklich sauberen Umsetzung, einer verstörenden Stimmung und einem packenden Schlussdrittel. Nicht gut, aber wirkungsvoll.
Autor: Jacko Kunze