Die Videospielreihe Mortal Kombat befriedigte damals wie heute die adoleszente Gier nach Shock Value. Was die Spieleschöpfer Ed Boon und John Tobias damals auf die Welt losließen war nicht nur der Beginn einer nicht enden wollenden Erfolgsgeschichte, sondern auch der Anstoß für eine Zäsur. Denn ihr Prügelspiel war in aller Munde. Zunächst nur in den Arcade-Tempeln der USA, später auch in den Kinderzimmern und dann in der Politik. Dort sah man Mortal Kombat als Mitschuldigen für die Verrohung der Jugend, ähnlich wie Heavy Metal und Hardrock in den 1980ern. Das mediale Interesse war gigantisch. Es endete damit, dass in den USA Videospiele, genau wie Filme, eine Altersfreigabe erhielten. Natürlich sorgte dies dafür, dass die Beliebtheit von Mortal Kombat noch einmal die Höhe schoss. Aus einem, sein wir ehrlich, eher mittelprächtigen Videospiel wurde so quasi ein echter Rockstar, der dank Sequels und Merchandise jede Menge Geld einbrachte und dies bis heute noch tut.
Klar, dass die Filmindustrie davon auch etwas abhaben wollte. Das Ergebnis war Mortal Kombat aus dem Jahre 1995 von Regisseur Paul W. S. Anderson (Alien vs. Predator). Der Film hat bis heute viele Fans und gewiss auch ein paar Qualitäten, jedoch fehlte ihm der saftige Gewalteskapismus der Vorlage. Auch die Fortsetzung bot dies nicht und gilt bis heute als eine der schlechtesten Filme aller Zeiten. Ein Urteil, welches hauptsächlich von den üblichen Aggregatoren gefällt wurde, welchem der Autor dieser Zeilen aber auch nicht widersprechen möchte. Während die Videospielreihe weitere Ableger herausbrachte, die mittlerweile so übertrieben brutal sind, dass selbst die BPjM erkannt hat, dass die Games keine Gefahr für volljährige Zocker darstellen.
Nun, nach vielen Jahren des Hoffens und Wartens, haben Warner und New Line Cinema mit Mortal Kombat endlich das lang herbeigesehnte Reboot realisiert. Es wurde im Vorfeld viel versprochen und ganz ehrlich, einiges davon wurde auch eingehalten. Jedoch kann die Vorlage nicht 1:1 auf die Kinoleinwand, bzw. den Bildschirm adaptiert werden. Der Kader der Charaktere ist zu groß, ihre Motivationen zu breit gefächert. Die Spiele bemühen sich allerdings meistens um eine Geschichte, mit einer klassischen Mechanik: Da die Guten, dort die Bösen. So handhabt es auch das Kino-Reboot, versucht dabei aber nicht nur mit MMA-Fighter Cole Young (Lewis Tan, Wu Assassins) eine originäre Figur zu integrieren, sondern ist auch stets darum bemüht ein effektives World Building mit einfließen zu lassen. Ehrenwert.
So richtig funktionieren will das aber nicht. Die Fokuspunkte werden dafür einfach schlampig gesetzt. Nach einem gelungenen Opening (welches das Studio vorab bereits veröffentlichte) kann das Reboot die anfängliche Erwartungshaltung leider nicht erfüllen. Fans und Kenner der Vorlage werden zwar mit diversen Referenzen bespaßt, das ändert aber nichts daran, dass der Film viel Zeit damit vergeudet etwas zu bewerben und zu befeuern, was er letztlich aber gar nicht bietet. Zum besseren Verständnis muss hier leider ein wenig gespoilert werden:
Was Mortal Kombat fehlt, ist Mortal Kombat. Der gesamte Film ist nicht mehr als eine Vorbereitung, ein Teaser für das große Turnier, welches wir dann vermutlich im Sequel sehen werden. Das wäre an sich nicht schlimm, auch die Spiele haben das titelgebende Turnier schon oft vernachlässigt, aber der Film hat diesen Wettkampf klar im Zentrum. Für ihn wird trainiert, gelitten und getötet. Wenn dann der Abspann einsetzt, entlässt einen das Reboot nicht gerade mit einem zufriedenen Gefühl.
Abgesehen von diesem großen Manko liefert die Handlung des Reboots genau das, was erwartet wurde, bzw. was zur Vorlage passt. Der Film versucht sich zwar an Epik und großen Gesten, es ist ihm aber auch zu jeder Zeit klar, was er ist: Mumpitz. Die schönsten Momente des Spielfilmdebüts von Werbefilmer Simon McQuoid sind die, in denen der wahnsinnige Schwachsinn mit viel Freude zelebriert wird. Wer mit den Spielen und ihren Qualitäten nicht vertraut ist, dürfte mit dem Film wahrscheinlich rund 100 Minuten Zeitverschwendung bekommen.
Dies gilt auch für die Figuren. Die sehen ihren Vorbildern nicht nur äußerst ähnlich, sie sind auch genauso zweckdienlich konzipiert, wie in den Spielen. Kann man kritisieren, kann man auch aber sehr unterhaltsam finden. Besonders herausstechen tut im Cast übrigens Josh Lawson (House of Lies) als Kano, der jede Szene, in der er involviert ist, mühelos dominiert. Die meisten anderen Darsteller bleiben dagegen blass und austauschbar und die, die zu Beginn des Films noch das Interesse wecken, The Night Comes for Us-Star Joe Taslim als Sub-Zero und Hiroyuki Sanada(Wolverine: Weg des Kriegers) als Scorpion, werden von der Geschichte leider nicht konsequent genutzt.
Ein weiterer Kern der Spiele sind natürlich die Kämpfe. Hier lässt sich klar erkennen, dass die Macher des Reboots nicht nur versuchen die Action der Games so gut es eben geht zu imitieren, sondern den Duellen auch eine Form der cineastischen Wertigkeit zu geben. Das ist ihnen teilweise gelungen. Zwar sollte man keine Martial-Arts-Höhen wie aus The Raid oder Ip Man erwarten, aber letztlich sind die Kampfszenen gut in Szene gesetzt und selbstverständlich auch mit diversen Referenzen angereichert, die je nach Sichtweise bereichernd aber eben auch als stoischer Fan Service wahrgenommen werden können. Störend ist hingegen das teils massive Cross Cutting, zwischen vereinzelten Kampfszenen, welches oft genug die Dynamik versaut.
Die gezeigte Gewalt ist zwar durchaus harmloser, als bei den letzten Spielen, gesaftet wird aber auch im Kinofilm ordentlich. Schade ist dabei, dass die Macher ein wenig zu oft auf CGI-Kunstblut vertrauen. Das sorgt dafür, dass der Brutalität ein gewisses Maß an Räudigkeit fehlt und wo bei den Spielen selbst einfache Attacken meterhohe Fontänen aus rotem Lebenssaft auslösen, wird die blutige Bonuskarte im Film nur bei bestimmten Anlässen ausgespielt. So wirkt das Reboot nicht durchgängig wie ein Fest der überspitzten Spritzigkeit. Egal, Fans der Vorlage dürften sich freuen, wenn bekannte Fatalities überaus adäquat durchgeführt werden. Nur wer gehofft hatte, dass Mortal Kombat durchgängig den Hämoglobin-Regler auf elf stehen hat, wird definitiv enttäuscht werden.
Im Großen und Ganzen ist Mortal Kombat ein richtiger Schritt in eine gute Richtung. Es wird nicht versucht es allen schmackhaft zu machen. Wer sich also an dünnen Handlungen, überzogener Gewalt, rudimentären Figuren und einer seltsam unausgegorenen Logik stört, der sollte diese Videospielverfilmung wohl lieber auslassen. Für Fans der Spiele und Freunden von kurzweiligem Genre-Schabernack lohnt das Reboot. Es ist zwar fern davon ein guter Film zu sein, aber es stellt die Weichen für eine vielversprechende Zukunft. Es ist halt nur ärgerlich, dass der Film einem die ganze Zeit das Versprechen macht, dass er diese Zukunft bereits bietet. Die gekreuzten, blut verkrusteten Finger kommen leider erst dann zum Vorschein, wenn der Abspann einsetzt.