Schauspieler, Regisseur, Produzent, Kampfkunstlehrer, Musiker, Umweltschützer, ehemals ehrenamtlicher Deputy Sheriff, Lobbyist für russische Waffenhändler und geweihter Priester einer japanischen Religionsgemeinschaft. Alles gebündelt in einer Person. Die Rede ist von Steven Seagal. Einem Mann, über den SchauspielkollegInnen gemeinhin wenig Positives zu berichten wissen. Doch ungeachtet dessen, wie man zu Seagal stehen mag, so bleibt er dennoch eines der Aushängeschilder des Actionkinos der 90er-Jahre. Den Grundstein dafür legten Werke wie Nico, Hard to Kill oder aber Zum Töten freigegeben. Und obgleich sowohl die Qualität als auch das Budget seiner späteren Werke zusehends abnahm (gerade in den letzten Jahren handelte es sich meist um direct to dvd-Produktionen), so blieb er immerhin über eine sehr lange Zeit hinweg beschäftigt. Wo andere KollegInnen längst in der Versenkung verschwunden sind, schafft er es zu einem gewissen Maß nach wie vor zu polarisieren. In Out for Justice (so der Originaltitel) übernimmt Seagal seine vierte Hauptrolle in Folge. Bei zu diesem Zeitpunkt wohlgemerkt gerade einmal vier Filmografie-Einträgen überhaupt. Inszeniert wurde der Streifen von John Flynn, der zwei Jahre zuvor in seinem Film Lock Up Actionheld Sylvester Stallone (Rocky) hinter Gitter brachte.
Seagal verkörpert einen auf den klangvollen Namen Gino Felino lautenden Polizisten und die Straßen Brookylins sind sein Revier. Gino ist fest mit seinem Viertel sowie dessen BewohnerInnen verwurzelt. Er kennt alles und jeden. Und jeder kennt ihn. Ein harter Knochen, dem sowohl von KollegInnen als auch lokalen Mafiaoberhäuptern Respekt entgegengebracht wird. Ein Mann, der Ungerechtigkeit nicht ertragen kann, sich um die Kids in der Nachbarschaft sorgt und weggeworfene Hundewelpen aus Müllbeuteln befreit. Nur für seine Frau sowie seinen Sohn findet er nicht ausreichend Zeit. Schuld daran ist natürlich nicht direkt er, sondern sein unerschütterliches Pflichtgefühl gegenüber der Arbeit. Gegenspieler dieses fürchterlich, um nicht zu sagen lächerlich positiv überzeichnetem Gutmenschen ist der von William Forsythe (Once Upon a Time in America) gespielte Gangster Richie. Dieser ist gleichermaßen skrupellos wie unberechenbar, weswegen ihn sogar die Mafia tot sehen möchte. Eines seiner Opfer ist ein Freund Ginos, den er auf offener Straße gnadenlos vor dessen Frau und Kindern mit Kugeln durchsiebt. Eine Tat, die nicht ungesühnt bleiben darf. Gino heftet sich an Richies Fersen, um ihm das Handwerk zu legen.
Pi mal Daumen stellt dies auch schon die komplette Handlung des Films dar. Richie läuft mit seinen Gangsterkumpels Amok, während Gino sich durch Brooklyns kriminelles Milieu prügelt, um so an ihn heranzukommen. Da die körperlichen Auseinandersetzungen nicht nur häufig vorkommen, sondern darüber hinaus noch nett anzuschauen sind und insbesondere gegen Ende noch einige Kugeln umherfliegen, bietet Out for Justice ungeachtet aller inhaltlicher Simplizität durchaus kurzweilige Unterhaltung. Spannend fällt die berechenbare Chose dabei allerdings nicht aus, was vor allem daraus resultiert, dass Gino als die absolute Ein-Mann-Armee angelegt wurde. Wo Charaktere wie John McClane (Stirb Langsam) oder Martin Riggs (Lethal Weapon) auch mal straucheln, einstecken müssen oder manchmal nur durch Glück ihre Haut retten können, hat Gino derartige Probleme nicht. Er kann alles, er schafft alles und keiner vermag es, sich ihm erfolgreich in den Weg zu stellen. Ganz egal in welcher Personenzahl. Gino ist schlichtweg unantastbar. Ein Übermensch, dem die Straßen Brooklyns zu gehören scheinen. Diese Eindimensionalität kann durchaus ermüdend wirken. Zumal das Drehbuch keine einzige seiner durch Selbstgefälligkeit, Arroganz sowie Selbstgerechtigkeit geprägten Handlungen infrage stellt. Gewaltanwendung wird als probates Mittel zur Informationsgewinnung gutgeheißen. Selbst der Dienstvorgesetzte ist damit scheinbar d'accord. Gino macht eben das, was getan werden muss. Basta.
Schauspielerisch kann Seagal, wie so oft in seiner Karriere, nur bedingt überzeugen. Viele Gesichtsausdrücke hat er nämlich nicht drauf. Seine emotionale Bandbreite kommt vielmehr jener des T-800 aus Terminator gleich. Es verwundert daher nicht, dass er im Laufe seiner Karriere wiederholt für die Goldene Himbeere nominiert wurde. Außerdem wurden Seagal neben zahlreichen vor Coolness sowie Machismo regelrecht triefenden Sprüchen noch einige fürchterlich peinliche Monologe in den Mund gelegt. Wenn Gino mehrfach verträumt absolut belanglose Geschichten aus seiner Kindheit auspacken darf, ist die Zeit für Fremdscham gekommen. Ungleich besser sieht es da bei William Forsythe aus. Dieser geht in seiner Rolle als drogenkonsumierender Fiesling vollends auf. Er fletscht die Zähne, er brüllt, er schüchtert ein. Mit beeindruckender Hingabe erschafft er hier durch sein leidenschaftliches Schauspiel einen äußerst unangenehmen Zeitgenossen. Eine tollwütige Bestie, die Menschen allein dafür aus dem Leben reißt, dass diese im Auto hupen. An der Figur des Richie wird kein gutes Haar gelassen, wodurch er das absolute Gegenstück zum ach wie guten Gino darstellt. Out for Justice kennt eben nur Schwarz oder Weiß. Wobei, dies stimmt nicht ganz. Flynns Werk kennt auch die Farbe (Blut-)Rot, und zwar in den nicht gerade zimperlichen Actionszenen. Abgerundet wird Out for Justice durch überzeugende Schauplätze, die ein äußerst authentisches wie stimmungsvolles Gesamtbild liefern.