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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Peppermint Candy ist eine Reise durch die jüngere, südkoreanische Vergangenheit. Im Kern geht es um Yongho, der zu Beginn des Filmes Selbstmord begeht. Der Film erzählt kapitelweise und in unchronologischer Erzählweise von den zwanzig Jahren vor diesem Ereignis. Er zeigt auf, was diese Zeit mit ihm und der Gesellschaft, in der er lebt, gemacht hat.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

In Peppermint Candy nimmt uns Lee Chang-dong (Poetry) mit auf eine Reise in die südkoreanische Vergangenheit. Wir beginnen bei einem Klassentreffen, das von einem Mann im Anzug gestört wird, der sich im Laufe der Szene als der ehemalige Klassenkamerad Yongho (Sol Kyung-gu, Voice of a Murderer) herausstellt. Er erscheint gebrochen, seine traurige Hysterie wirkt vor dem Hintergrund des ausgelassenen Settings noch beängstigender. Das Unwohlsein der Zuschauenden wird sich bewahrheiten: Am Ende der Szene stellt sich Yongho vor einen Zug, der sein Leben beenden wird. Dieser Zug wird als symbolische Zwischensequenz immer wieder auftauchen. Er führt uns in sieben Kapiteln, die unchronologisch erzählt werden, durch die vergangenen zwei Jahrzehnte.

„Ich gehe zurück!“ – das ist der Ausruf Yonghos, bevor ihn der Zug trifft. Dieser Satz ist nicht nur das erzählerische Credo des Filmes, sondern ein Sehnsucht-Schrei, der sich versucht gegen die Verhärtungen zu wehren, die aus dem künstlerisch ambitionierten Yongho einen gewalttätigen Mann werden ließen. Lee Chang-dong zeichnet das Porträt eines Mannes, der den weichen, zärtlichen Teil seiner Seele abtrennte, ihn verstümmelte, und dem somit ein zärtlicher, echter Weltzugang verwehrt blieb. Diese Geschichte – so macht es der Film deutlich – ist jedoch eine kollektiv erfahrene.

Peppermint Candy endet in den späten 70er-Jahren, wo die Geschichte beginnt. Von dort aus zeigt er, welche Phasen die südkoreanische Gesellschaft bis hin zu ihrer Demokratisierung in den 90er-Jahren durchlebte: Vom Gwangju-Aufstand im Jahre 1980, einer eskalierenden studentischen Bewegung, die vom Militär brutal niedergeschlagen wurde, bis zu eingesetzten Militärregierungen, zeichnet das Werk die Stimmung einer Gewalt-Chronik nach, von der die Verfassungsreformen Ende der 80er-Jahre Erlösung versprachen. Nur, damit ein Wirtschaftscrash der Gesellschaft erneut zusetzte.

Chang-dong erzählt, ohne sich dabei vom individuellen Erleben seines Protagonisten hin zur historischen Nacherzählung abzuwenden. Wir erleben die Umbrüche anhand von Yongho, indem wir die Schienen seines Lebens rückverfolgen, hin zu seinem ersten Mord, zu seinem gewalttätigen Polizeidienst, zu seinen sexistisch geführten Liebschaften, zu seinen zerplatzten Hoffnungen als Geschäftsmann. In nahbarer Poetik gelingt es Lee Chang-dong, das Allgemeine mit dem Individuellen zu vereinen, ohne dieses zu einem Beispiel zu degradieren. Die Gewalt, die Yongho seiner Welt antut, schmerzt doppelt, weil er sie sich auch selbst zufügt. So liefert Peppermint Candy einen seltenen Einblick in die Katerstimmung der Gewaltexzesse, wenn nichts mehr bleibt als das tragische Nicht-Abschließen-Können und das Wissen darum, wie schön alles hätte werden können.

Peppermint Candy ist ein Zeitdokument und erzählt viel über die jüngere Geschichte seines Landes. Gleichzeitig ist er ein zeit- und ortloser Film, der über die südkoreanische Gesellschaft hinausgeht. Er zeigt, wie faschistische Staatsmethoden, aggressive Männlichkeitsformen und die Verachtung des Weichen kollektive Traumata hervorbringen, die auch in bessere Zeiten hineinstrahlen, diese vergiften und dem Individuum im schlimmsten Fall keine Erlösung gestatten. Vielleicht auch, weil ein Teil der Gewalt in den Strukturen noch immer fortbesteht. Lee Chang-dong bespielt die gesamte Klaviatur menschlicher Emotionen und entwickelt wie in seinem hierzulande bekannteren Film Burning Metaphern und Gleichnisse, die berühren, bevor sie kognitiv verstanden werden, weil sie auf so spezifische Stimmungen zeigen.

Fazit

„Peppermint Candy“ ist ein Meisterwerk, das Charakterstudie, Gesellschaftsporträt und philosophischer Einblick in die selbst zermürbenden Mühlen gesellschaftlicher Gewalt ist. Mit zärtlicher Poetik und emotionaler Vielheit entwickelt Lee Chang-dong eine Erzählung, die einen nie wieder loslässt, nicht loslassen kann, nicht loslassen darf.

Kritik: Maximilian Knade

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