Inhalt
Riley North verliert ihre Familie auf einen Schlag: Ihr Mann und ihre Tochter werden aus einem fahrenden Wagen heraus von Kartell-Mitgliedern erschossen. Riley selbst fällt ins Koma und muss nach ihrem Erwachen versuchen, mit dem Verlust zurechtzukommen. Wegen korrupter Gesetzeshüter landen die von ihr identifizierten verantwortlichen Mörder jedoch nicht im Gefängnis. Deshalb nimmt Riley ihren Wunsch nach Vergeltung selbst in die Hand, um das Leben derjenigen zu zerstören, die ihr ihren Lebensinhalt genommen haben. Jahrelang trainiert sie ihren Körper und ihren Geist, um anschließend mit Guerilla-Aktionen die Killer ihrer Familie auf ihrem persönlichen Rachefeldzug auszuschalten.
Kritik
Mit 96 Hours ist dem ehemaligen Kameramann Pierre Morel (Ghettogangz – Die Hölle vor Paris) ein moderner Klassiker des Actionkinos gelungen – und das, obwohl sich dieser inhaltlich fortwährend auf ausgetretenen Genre-Pfaden bewegte. Der französische Filmemacher allerdings verstand es, der sehr klassischen und damit in seinem Moralverständnis ebenso rückständigen Rachegeschichte eine inszenatorische Dringlichkeit abzuverlangen, die nicht nur auf ungemein physischen Set Pieces basierte, sondern auch auf einer akkuraten Schauspielführung. Liam Neeson (Schindler's Liste) war eine schlicht und ergreifend brillante Besetzung für den ehemaligen Geheimagenten Bryan Mills, der für seine Tochter durch die Hölle des europäischen Mädchenhandels walzt und dabei gleichermaßen durch menschliche Verletzlichkeit wie der brachialen Präsenz einer außer Kontrolle geratenen Abrissbirne mitzureißen wusste. Wenn schon im Kielwasser von Ein Mann sieht rot treiben, dann doch bitte so.
Peppermint: Angel of Vengeance, der neue Film von Pierre Morel, ist da schon aus einem ganz anderen Holz geschnitzt und verschreibt sich weniger den effektiven Tugenden eines 96 Hours als der erschreckenden Unbeholfenheit jener von Olivier Megaton (Colombiana) inszenierten Nachfolger: Rache ist eben nicht nur ein Gericht, welches man am besten kalt serviert, sondern auch eines, welches das Kino vor allem inflationär auftischt. In hiesigem Fall ist nun Jennifer Garner (Operation: Kingdom) als liebende Mutter und treue Ehefrau Riley North in der Hauptrolle vertreten und darf in ihrer ersten Szene direkt veranschaulichen, wie kaltblütig sie mit dem Messer vorgehen kann, wenn sie wirklich wütend ist. Auf diese Bluttat springt Peppermint: Angel of Vengeance fünf Jahre in die Vergangenheit und zeichnet nun hölzern, lust- und kraftlos nach, wie Riley zum titelgebenden Racheengel heranwachsen konnte.
Natürlich wurde ihre Familie von den durchtriebenen Schergen – größtenteils hispanischer Abstammung - eines Drogenbarons umgebracht. Und Riley, die ihrer Tochter immer mit auf den Weg gegeben hat, dass Gewalt kein probates Mittel ist, um Konflikte zu bereinigen, muss am eigenen Leibe erfahren, wie marode das Justizsystem in den Vereinigten Staaten doch wirklich ist. Was da nur hilft, versteht sich von selbst: Ein Amoklauf im Dienste der Gerechtigkeit. Tatsächlich kann sich Peppermint: Angel of Vengeance auf die Genre-erprobte Leistungsfähigkeit von Jennifer Garner verlassen, die in den Nahkämpfen sowie Schusswechseln eine durchaus gute Figur macht und wohlige Erinnerungen an ihre erfolgreiche Serienzeit mit Alias – Die Agentin weckt. Schauspielerisch, also dann, wenn es um die Dinge geht, die von Belang sind, wenn die Hände vom Waffenarsenal gelassen werden, bleibt Peppermint: Angel of Vengeance aufgrund eines hochgradig geisttötenden Drehbuches ohne jedes Temperament.
Genau dieser Punkt lässt sich indes auf den gesamten Film übertragen: Pierre Morel ist sicherlich kein schlechter Handwerker, auch wenn sein mit Sean Penn besetzter The Gunman zuletzt schon etwas anderes verlauten lassen wollte. Doch auch dieser war zuweilen noch in der Lage, interessante, erinnerungswürdige Bilder zu finden. Peppermint: Age of Vengeance spielt sich indes ganz und gar auf dem Niveau eines Direct-to-DVD-Vehikel ab und lässt schöpferische Sprengkraft im Umgang mit dem plattgewalzten Sujet ebenso vermissen wie das Talent, seiner Hauptdarstellerin im gnadenlosen Selbstjustiz-Einsatz einen Funken dynamischer Körperlichkeit abzugewinnen. Die größte Überraschung an diesem primitiven Rache-Heuler ist daher auch der Umstand, dass er es hierzulande tatsächlich vollbracht hat, eine Kinoauswertung zu erhalten, so schmucklos und verstörend formelhaft wie dieser sich in der gähnenden Leere ewiger Vergeltungsphantasien im Kreise dreht.
Fazit
Mit "Peppermint: Angel of Vengeance" muss sich das Publikum erneut einem drögen Vergeltungsactioner stellen, der sich von Beginn an damit begnügt, in den Leerlauf zu schalten. Fernab von Wucht und Dynamik bemüht sich Jennifer Garner in den Action-Sequenzen redlich, eine gute Figur zu machen, ist dem ideenlosen Drehbuch und der kraftlosen Regie jedoch gnadenlos ausgeliefert. Schmucklos, uninspiriert, formelhaft - ein echtes Unding, dass "Peppermint: Angel Vengeance" tatsächlich eine Kinoauswertung erhalten hat.
Autor: Pascal Reis