Inhalt
Es ist Sommer. Sam, 27 Jahre alt, sitzt am Steuer seines alten Ford und ist auf dem Weg nach Süden. Auf dem Rücksitz ein Geschwister-Paar, Léa und Matthieu, die Sam als Anhalter mitgenommen hat. Léa liebt die Männer, Matthieu auch. Auf ihrer langen Reise werden sie sich kennen lernen, sich herausfordern, sich verlieben. Aber Sam hat ein Geheimnis, eine alte Wunde, die wieder aufgerissen ist...
Kritik
Sebastien Lifshitz Road Movie schlingert eine Weile zwischen Vorabend-Soap und Psychokrimi hin und her und trägt da immer noch die Hoffnung mit sich, dass aus der Handlung etwas werden könnte. Doch der Streifen endet enttäuschenderweise als hohles Teenie-Drama. Das Ziel dient der haltlosen Jugend hier einmal mehr als Anlass für eine Fahrt, die sie näher ans Erwachsensein führt. Der Sonne entgegen führt die Landstraße Sam (Yannick Renier) und seine Mitfahrer, die Geschwister Lea (Lea Seydoux) und Mathieu (Theo Frilet). Abenteuer, Sex und vielleicht etwas wie Liebe suchen die Geschwister bei ihrem verschlossenen Fahrer. Er hingegen hat jede Menge familiären Ballast im Gepäck. Im Süden will Sam seine Mutter finden, die vor Kurzem aus der Psychiatrie entlassen wurde. Die unerfahrenen Geschwister ahnen nicht, dass Zorn der Grund von Sams Reise ist. Das Wiedersehen mit seiner Mutter soll für ihn das letztes werden. Dafür hat er eine Waffe dabei. Kein hippes jugendliches Road Movie ohne Knarre.
Darum führt Lea scherzhaft mit einer Waffe ein paar Schießübungen vor. „Die lag neben dem Zigarettenautomaten“, antwortet Lea. Seit Raucher sich aufgrund der strengen Anti-Raucher-Gesetze wie Verbrecher fühlen müssen, taugt der Zigarettenautomat im Spielfilm als Sammelplatz Krimineller, die Waffen, Drogen und Leichen (Rauchen tötet) so achtlos herum liegen lassen, wie ihre Kippen. Mit seiner vermeintlich mysteriösen Aura übt Sam auf die Geschwister einen erotisierenden Magnetismus aus. Doch entweder kann er sich nicht entscheiden, wenn von den beiden er nun lieber hätte, oder ihm sind beide egal. Vermutlich eher Letztes, denn Empathie für die flachen Charaktere aufzubringen fällt schwer. Daran ändern auch die glaubhaften Darsteller, unter denen besonders eine sehr junge Lea Seydoux hervorsticht, nichts. Die Vorgeschichte, die das in sehnsuchtsvollen Fahrtbildern schwelgende Werk seinen Figuren aufbürdet, ist erdrückend. Papa hat sich umgebracht, Mama war daran schuld.
So viel Drama kann einen echt wahnsinnig, genau wie Sams Mutter. Während sie in die Anstalt wanderte, kamen Sam und sein Bruder zu Pflegeeltern. Den überfrachteten Mutter-Sohn-Konflikt in einigermaßen glaubhafter Form aufzulösen, misslingt der stockenden Erzählung. Der Plot verliert sich auf melodramatischen Irrwegen und bemüht dabei auf peinlich humorfreie Art um eine symbolträchtige Potenzierung der Handlungsmotive. Es gibt nicht nur eine böse Mutter, sondern eine werdende Mutter und damit die Hoffnung, das alles in Zukunft besser wird. Doch Lea bleibt letztlich auf die rein funktionelle Rolle des willigen Sexobjekts reduziert. Lifshitz setzt sie kalkuliert als austauschbaren Schauwert in Szene und verschenkt so das Potenzial seiner stärksten Darstellerin. „Hör auf zu filmen“, sagt sie in einer Szene ironischerweise. Das gleiche möchte man dem Regisseur zurufen. Sein Werk versandet in einer trivialen Schaufahrt durch zu viele Genres, von denen keines auf spannende oder unterhaltsame Weise ausgeschöpft wird.
Fazit
Dramatisch bleibt die Story, die unsicher zwischen Teenie-Romanze und Drama changiert, auf der Strecke. Statt de wechselhafte Beziehung zwischen dem jungen Trio auszubauen, klammert sich die Handlung an hohle Ikonografie. Voller Stereotypen und ohne Selbstironie, wird das hübsch abgelichtete Werk zur blassen Kopie der hehren Vorbilder
Autor: Lida Bach