5.0

MB-Kritik

Presence 2024

Horror, Drama, Thriller

5.0

Inhalt

Die Kamera streift durch das leerstehende Haus, untersucht jedes Zimmer, jeden Winkel. Bis die Maklerin erscheint und mit ihr die Familie, die ihr neues Zuhause bezieht. Jeder in dieser Familie, die Eltern und ihre zwei Teenager-Kinder, hat seine eigenen Probleme. Nur Tochter Chloe scheint die fremde Präsenz im Haus sofort zu spüren. Ist es vielleicht der Geist ihrer vor kurzem verstorbenen Freundin? Zunächst sind die Signale harmlos: ein Buch am falschen Platz, eine sich unerklärlich zuschlagende Tür. Doch dann können auch die anderen nicht mehr leugnen, was vor sich geht, denn unaufhaltsam wird die Stimme aus dem Jenseits aggressiver – bis hin zum offenen Ausbruch. Die Vier sind geschockt und fühlen sich ohnmächtig. Was sollen sie tun? Etwa ausziehen, ein Medium zu Rate ziehen oder die bedrohlichen Vorkommnisse einfach ignorieren? Würden sie die Zeichen doch bloß besser verstehen… 

Kritik

Das oberste Ziel einer Marketing-Abteilung ist natürlich auf seinen Film wirksam aufmerksam zu machen, um möglichst viele Zuschauer anzulocken. Die möglichen Gefahren dabei: Es wird im Vorfeld zu viel gezeigt, was hinterher den Spaß mindert oder es werden falsche Versprechungen gemacht und das Publikum damit bewusst getäuscht. Beim neuen Film von Steven Soderbergh (Traffic, Ocean's Eleven) trifft letzteres zu, da die Trailer Presence vorrangig als schaurigen Horrorfilm verkauft haben. Bekräftigt wird das zusätzlich noch mit eindrucksvollen Pressezitaten, die von "einem der gruseligsten Filme des Jahres" reden. Davon ist man hier aber meilenweit entfernt. 

Tatsächlich ist Presence ein Familiendrama mit Mystery-Einschlag, das sich um Trauer und Verlust dreht und das Ganze aus der Ego-Perspektive eines Geistes erzählt, der eine neu einziehende Familie innerhalb seines Hauses observiert. Den Geist bekommt man dabei nie selbst zu sehen, der Zuschauer schaut ausschließlich durch dessen Augen. Die Kamera ist also ein weiterer Akteur, der sich permanent durch das Haus bewegt und weitestgehend passiv unter die 4-köpfige dysfunktionale Familie mischt. Soderbergh, der seine letzten Filme auch gern mal mit einer einfachen Handy-Kamera gedreht hat, greift diesmal zu einer Sony a9 III-Digitalkamera, deren stetige Bewegung im Weitwinkel-Format auf Dauer wieder etwas anstrengend ausfällt (und unter Umständen auch zu Schwindel führt). Warum er nicht endlich wieder zu gängigen Methoden greift, bleibt ein Rätsel. Soderbergh macht eben, was er will und damit muss man sich abfinden.

Dass Presence nun kein Horrorfilm ist, ist vor allem dann ärgerlich, wenn man genau mit diesen Erwartungen in den Film geht. Natürlich ist es in Ordnung, wenn man einen anderen Weg einschlägt, doch sollte dieser dann letztendlich auch auf seine Weise überzeugen können. Und das kann Presence leider nicht. Dazu fehlt es den Charakteren an Tiefe und jeglicher Weiterentwicklung, um eine Bindung zum Zuschauer aufzubauen. Im überaus langsamen Erzähltempo verfolgt man einfach das öde Treiben ihres Alltags in ihrem Zuhause, ohne dass dieses wirklich von Interesse wäre. Die Tochter (Callina Liang) trauert um den Verlust ihrer besten Freundin, das Geschwisterpaar liegt sich in den Haaren. Und nebenbei wird noch eine kleine Romanze zwischen der Tochter und dem besten Freund ihres Bruders (Eddy Maday) aufgebaut. Nichts von Belang und alles endlos in die Länge gezogen. Als Kurzfilm hätte sich das Projekt viel eher angeboten.

Der Geist hält sich dabei als Beobachter weitestgehend zurück und macht sich erst im späteren Verlauf mit umgestoßenen Gläsern oder zugeklappten Türen bemerkbar. Ebenfalls völlig unaufregend, einen Jump Scare oder dergleichen sollte man hier beim besten Willen nicht erwarten. Auch das Verhalten der Akteure fällt gelegentlich sehr fraglich aus, wenn die Eltern (Lucy Liu und Chris Sullivan) nach erfolgter Einsicht über den tatsächlich vorhandenen Spuk im Haus beispielsweise ihre Kinder allein im Haus zurücklassen, während sie einfach für einige Tage wegfahren. Was Autor David Koepp (Jurassic Park, Der Tod steht ihr gut) hier abliefert, ist leider relativ schwach und gern mal unlogisch.

Spannend ist im Grunde nur die Frage, um wen es sich bei dem Geist handelt und was dessen Absicht ist. Hier spielen Soderberg und Koepp zumindest ein wenig mit den Erwartungen des Zuschauers und sorgen gegen Ende für einige Überraschungen. Diese erfolgen jedoch auf den letzten Metern des Films und fühlen sich nach dem ansonsten so ruhigen Film doch ein wenig überstürzt an. Vor allem der allerletzte Moment wird hier für einigen Gesprächsstoff sorgen, da man ihn so bestimmt nicht kommen sieht. Ob die Zuschauer an der Idee Gefallen finden, ist schwer abzusehen, doch immerhin versucht Soderbergh an dieser Stelle mal etwas Schwung hineinzubringen.

Fazit

Steven Soderbergh legt hier einen Blender vor, der nicht hält, was er verspricht. Doch auch wenn man sich damit abgefunden hat, hier statt eines Horrors ein Drama vorgelegt zu bekommen, kann "Presence" mit seinem schwachen Drehbuch und den unausgereiften Charakteren nur wenig begeistern. Der erfolgte Perspektivwechsel aus Sicht des Geistes klingt auf dem Papier gewiss spannend, ist letztendlich aber nur ein bedeutungsloses Gimmick.

Autor: Sebastian Stumbek