MB-Kritik

January 2016

Drama

Jorge Rossi
Valentino Rossi
Eva Torres

Inhalt

Bei einem sommerlichen Ausflug ins Calamuchita-Tal soll der achtjährige Valentino, angespornt durch seinen Vater, in alter Familientradition eine Reihe von Aufgaben erfüllen, die ein Mensch in seinem Leben bewältigt haben muss: im eiskalten Wasser eines Flusses tauchen, einen Berg erklimmen, einen Baum fällen. Zunächst tut der stille Junge alles, was von ihm verlangt wird. Doch mit einem Mal weigert er sich und erfindet neue Rituale, die sich nach seinen Gefühlen und Sehnsüchten richten. In der Abgeschiedenheit der Natur wird die Beziehung zwischen Vater und Sohn zaghaft neu verhandelt.

Kritik

Gelungene Jugendfilme vermitteln nicht nur etwas über Kindheit, sondern über Erwachsensein. Dario Mascambroni selbstversunkene Stilübung ist das Gegenstück solcher inhaltsstarker Geschichten. Die minutiöse Chronik des letzten Sommers, den ein Vater (Jorge Rossi) mit seinem kleinen Sohn (Valentino Rossi) im Landhaus der Familie verbringt, hat einen ganzen Wust an Lektionen. Allen ist eines gemeinsam: sie sind martialisch, jovial und in ihrer archaischen Kurzsichtigkeit letztlich lebensfremd. Der Regisseur gibt alles dafür, einen in der überschaubaren Laufzeit von knapp über einer Stunde in Tiefschlaf zu versetzen. 

Anders lässt sich das stilisierte Chauvinismus-Märchen auch schwer aussitzen. Was passiert, lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Nichts. Natürlich ereignen sich vor der Kamera Dinge, aber die könnten ebenso gut zufällig abgefilmte Ereignisse sein. Der einzige gemeinsame Nenner, der die Szenen von Vater und Sohn bei diversen Urlaubsaktivitäten verbindet, ist das unterliegende Konzept von ritueller Mannwerdung. Kritisch hinterfragt oder revidiert wird dieses Konstrukt nicht. Im Gegenteil wird es als ewig verbindendes Ideal aufs Podest gestellt. Kleiner Mann und großer Mann wandern durch die Berge und kehren selbst dann nicht um, wenn sie völlig erschöpft sind. Im ursprünglichen Gebirgsfluss wird geangelt. 

Dort erblickt Söhnchen ein gleichaltriges Mädchen. Umgehend wird das etwa 7-jährige Kind zum prospektiven Sexobjekt für den Sohn. Der Grundsatz hinter der anzüglichen Andeutung ist klar: In jedem Jungen stecke ein Mann, für den der Anblick eines weiblichen Körpers verlockend wie Sirenengesang sei. Frauen sind gefährliche Verführerinnen, die wackere Helden ins Verderben stürzen wollen. Das lehren gravitätische Nacherzählung antiker Sagen von Pandora, Aphrodite und Sirenen. Die Scheidung der Eltern, die als Ursache für den bevorstehenden Umbruch im Leben der Figuren durchscheint, ist offenbar Schuld der Mutter. Kerle unter sich sind sowieso besser dran, findet Mascambroni. Als Zuschauer lässt man ihn und seine Protagonisten nur zu gern allein.

Fazit

Brutalität gegen Tier wie das blutige Schlachten eines Lamms, Sexualisierung von kleinen Kindern und eine streng patriarchalische Weltsicht sind die Eckpfeiler des tradierten Stücks Pathetik, das ab 9 Jahren empfohlen wird. Manche können mit dem Reaktionismus nicht früh genug beginnen.

Autor: Lida Bach
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