Inhalt
In einer nicht allzu fernen Zukunft ist klassisches Boxen längst aus der Mode gekommen. Stattdessen dominieren brutale Roboterkämpfe, mit dem Touch von illegalen Untergrundfights, die Unterhaltungsindustrie und haben alle anderen Kampfsportarten komplett abgelöst. Einer jener Stahl-Gladiatoren-Steuermänner ist Charlie Kenton (Everybody‘s Darling Hugh „Wolverine“ Jackman), ein abgehalfterter Ex-Boxer ohne Glück, der sich mehr schlecht als recht von Kampf zu Kampf schnorrt und seinen Kontrahenten eher als Punchingball, denn als ernstzunehmender Gegner dient. Nachdem ihm offenbart wird, dass die Mutter seines Sohnes Max, den er noch nie gesehen hat, gestorben ist, eröffnet sich ihm jedoch scheinbar eine Möglichkeit, diese Misere endgültig hinter sich zu lassen. Kurzerhand verhökert er das Sorgerecht für ein erkleckliches Sümmchen an den reichen Ehemann der Schwester seiner toten Exfrau und willigt – höchst widerwillig – ein den Jungen zumindest noch über den Sommer bei sich zu behalten. Die durchwegs gestörte Beziehung der Beiden beginnt erst langsam aufzutauen, als das Vater-Sohn-Gespann, bei einer nächtlichen Diebestour auf der städtischen Robotermüllkippe, einen Sparringsroboter finden, in dem – ganz Disney – mehr steckt, als das Auge zu sehen vermag.
Kritik
Rocky with Robots
Seit jeher produziert der Disney-Konzern, neben seinen höchst erfolgreichen Zeichentrickprojekten, auch familientaugliche Realfilme der unterschiedlichsten Genres, für ein (zumindest etwas) erwachseneres Publikum. Filme wie „Cool Runnings“, „Mighty Ducks“, „Der Drachentöter“, „Tron“, „Wolfsblut“ und „Iron Will“, begleiteten so manches Kind der 80er und 90er Jahre von der Vorschule bis zum Universitätsabschluss und genießen selbst heute noch, in nahezu allen filmischen Lagern, einen gewissen Kultstatus. Auch aktuelle Disney-Blockbuster-Produktionen wie „Fluch der Karibik“, „Das Vermächtnis der Tempelritter“ und „Prince of Persia“ schlagen – zwar merklich weniger gefühlvoll und kultverdächtig als ihre Vorgänger, aber höchst erfolgreich – in dieselbe Vater-Sohn-Kinonachmittags-Kerbe. Anno 2011 stellt nun „Real Steel“ von „Nachts im Museum“-Regisseur Shawn Levy den neuesten Beitrag zu diesem uramerikanischen Wohlfühlkino par excellence dar. Lediglich mit der Ausnahme, dass der Disney-Konzern nur über dessen Subfirma Touchstone beteiligt ist und eigentlich DreamWorks im Hintergrund die Fäden zieht.
Die Grundgeschichte von Real Steel könnte folglich nicht simpler und klischeebeladener dem, von Beginn an, vorhersehbarem Ende entgegen streben. Das gilt vor allem im Hinblick darauf, dass die Story von „Real Steel“ dermaßen laut „Rocky“ und „Over the Top“ schreit, dass man sich als filmerfahrener, der Pubertät bereits entwachsener, Zuschauer beinahe die Fäuste in die Ohren pressen muss, um den Dialogen auf der Leinwand weiter folgen zu können. Aber warum sollte man etwas Neues erfinden, wenn man auch etwas Legendäres in ein neues Setting setzen und wirklich einwandfrei kopieren respektive zitieren kann? Shawn Levy und seine, sage und schreibe, drei am Drehbuch beteiligten Schreiberlinge weichen gerade so viel vom typischen Looser-wird-zum-Sieger-der-Herzen-Verlauf ab, um das, dem Sportfilm so eigene, Feeling nicht zu verlieren und trotzdem ungewöhnlich stark zu fesseln. Dank der, gleich zu Beginn des Streifens angesetzten, offensichtlich moralisch hinterletzten, Verkaufsabsicht, die Charlie Kenton seinem Jungen noch nicht einmal verschweigt und einer komplett neuen Herangehensweise an die Zukunft des Boxsports, bietet der Film auch durchaus einige Abweichungen von normalen Sportfilmklischees und bewegt sich zumindest partiell auf eigenen Pfaden. Das ist sympathisch, durchwegs unterhaltsam und weckt (bereits beim Betrachten des Trailers) exakt jenes Gefühl, das Jung und Alt seit Jahrzehnten ins Kino zu locken vermag.
Auch die spektakulären, durch ein Budget von kolportierten 110 Millionen Dollar ermöglichten, Kampfszenen zwischen den Stahlkolossen sind teils spannend, teils amüsant, aber immer realitätsnah und gut getimt umgesetzt und überraschen durch eine durchaus vorhandene Härte – Roboterköpfe werden ebenso abgerissen wie Beine und Arme der Kämpfenden, wobei Öl und andere Flüssigkeiten als Blutersatz dienen. Untermalt wird das ganze Spektakel von einem passenden (sportfilmgerechten) Soundtrack mit Beteiligung von Eminem, Timbaland, den Foo Fighters und Limp Bizkit. Wie bereits im Falle des zu Beginn erwähnten Godfather of Sportsfilm „Rocky“ treibt auch in „Real Steel“ der Soundtrack den doch recht einfach gestrickten Film voran und trägt viel zu seiner positiven Wirkung bei.
Natürlich wäre das alles noch nicht genug, um das Interesse des Publikums über mehr als zwei Stunden aufrecht zu halten. Denn ohne einen ansprechenden Cast läuft nahezu jeder Film Gefahr zu einem weiteren Effektdebakel Marke „Tron Legacy“ zu werden. Hierbei gingen die Produktionsstudios DreamWorks und Touchstone respektive Disney kein Risiko ein und besetzten Hugh Jackman für die beinahe maßgeschneiderte Rolle des unfreundlichen und moralisch fragwürdig handelnden, aber doch liebenswürdigen, Underdogs. Auch mit Dakota Goyo (der junge „Thor“ im gleichnamigen Film) traf man eine gute Wahl, da er nicht, wie so oft bei Kinderdarstellern, eine nervige und überzogene Rotznasenperformance, sondern eine wirklich gute Leistung abliefert. Evangeline Lilly (aus der TV-Serie „Lost“), Anthony Mackie (aus „The Hurt Locker“) und Kevin Durand (aus „Todeszug nach Yuma“) runden den Cast ab und perfektionieren die Kinoillusion. Das Publikum dankte es den Machern mit dem höchsten Starteinspielergebnis eines Box-Films aller Zeiten. Und das alles ganz ohne dreidimensionale Unterstützung.
Fazit
„Real Steel“ ist ein klassischer Sportfilm in futuristischer Verkleidung, der zwar alle Klischees des Genres bedient, aber trotzdem unglaublich viel Spaß macht. Dank eines ausgewogenen Casts, toller Kampfszenen, einem passenden Soundtrack und einer flüssigen Inszenierung bietet Shawn Levys Streifen Blockbusterunterhaltung, wie in guten alten Zeiten.
Autor: Christoph Uitz