MB-Kritik

Rose - Eine unvergessliche Reise nach Paris 2022

Comedy, Drama

Sofie Gråbøl
Lene Maria Christensen
Anders W. Berthelsen
Søren Malling
Luca Reichardt Ben Coker
Peter Gantzler
Christiane Gjellerup Koch
Karen-Lise Mynster
Illyès Salah
Jean-Pierre Lorit
Yale Arden Oplev
Kathrine Jacobsen
Tine Roland Grauengaard
Samy Andersen
Garance Chansigaud
Raoul Logan

Inhalt

Verfolgt zwei Schwestern, Inger und Ellen, und wie ihre Beziehung auf einer erwarteten Busreise nach Paris auf die Probe gestellt wird.

Kritik

Authentische Abbildungen von Menschen mit Schizophrenie sind die Ausnahme im Kino, dessen symptomatische Stereotypen Nils Arden Oplevs (398 Tage - Gefangener des IS) persönliches Psychodrama trotz augenscheinlich besserer Intentionen letztlich bestätigt. Dass dem retrospektiven Road Movie dennoch emotionale Momente gelingen, liegt vor allem an Sofie Gråbøls (Wild Men) sensibler Verkörperung der Hauptfigur. Inger lebt offenbar seit Jahrzehnten in der geschlossenen Psychiatrie, aus der sie ihre Schwester Ellen (Lene Maria Christensen, Small Town Killers) und deren zweiter Ehemann Vagn (Anders W Berthelsen, Kidnapping) für eine kurze Paris-Pauschalreise holen. 

Die von ihrer besorgten Mutter kritisch beäugte Busfahrt mit einer Reisegruppe führt zu den gängigen Klischees, die der Regisseur in seinem selbstverfassten Drehbuch zwar auf einen alltäglicheren Rahmen herunterschraubt, aber letztlich dennoch bestätigt. So knüpft Inger wie so viele mental beeinträchtigte Charaktere, die aus unerklärlichen Gründen zu Kindern einen besonderen Draht haben, eine Freundschaft mit dem 12-jährigen Christian (Luca Reichardt Ben Coker, Dinner for Two). Dessen womöglich selbst zwangskranke Vater (Søren Malling, Die Königin des Nordens) ist der latent aggressive Textbuch-Trigger. 

Ingers Sprachkenntnisse, Musikalität und unvermittelte Morddrohungen erinnern an die zahllosen Supercribs und Serienkiller in Unterhaltungsmedien. Deren kontraproduktive Repräsentation wird genauso wenig thematisiert wie die folgenschweren Auswirkungen von Psychopharmaka und Psychiatrie. Ihre Stärken offenbart die durch Oplevs eigene Schwester inspirierte Story in der Darstellung Ellens und Vagns, der ein Alter Ego des Regisseurs sein könnte. Zerrissen zwischen Fürsorge und Überforderung verfolgen sie einen integrativen Umgang mit der Protagonistin, die nur momentweise die narrativen Krankheitskonventionen überwinden kann. 

Fazit

Sofie Gråbøls behutsames Porträt der Titelfigur und der seltene Fokus auf die alltäglichen Herausforderungen der Angehörigen psychisch kranker Menschen bewahren Nils Arden Oplevs romantisierte Reisegeschichte vor toxischen Tropen und ableistischen Abwegen. Dennoch entkommt die durch subtile Farbdramaturgie und zurückhaltenden Zeitkolorit akzentuierte Inszenierung nur bedingt verbreiteten Vorurteilen. Essenzielle Probleme wie die destruktive Auswirkung von Psychopharmaka und Psychiatrie übergeht die Handlung zugunsten formelhafter Sentimentalität. Diese untergräbt den resignativen Realismus, der zu selten die naiven Narrative durchbricht.  

Autor: Lida Bach
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