Inhalt
Rob und Pia wollen ein paar Urlaubstage an Australiens wilder Westküste verbringen, doch auf der Rückfahrt vom Angeltrip nimmt man den falschen Flusslauf und sucht Schutz vor dem herannahenden Unwetter ausgerechnet am Hof einer unwirschen Hinterwäldlerfamilie, bestehend aus zwei rohen Brüdern und ihrem noch schlimmeren Vater. Die finden Gefallen daran, die Frau zu missbrauchen und den Mann zu demütigen, haben jedoch nicht mit der Widerstandskraft und dem Einfallsreichtum von Pia gerechnet.
Kritik
Wer Wind sät, wird Sturm ernten.
Das australische Genrekino hat über Jahrzehnte zwar nicht konstant, aber immer mal wieder einen Pfeil im Köcher, der sein Ziel nicht verfehlt. Oft daran beteiligt: Der im letzten Jahr verstorbene Drehbuchautor Everett De Roche. Auf sein Konto gehen Beiträge wie „Patrick“ (1977), „Long Weekend“ (das Meisterwerk von 1978 wie das Remake von 2008), die Wildschweinerei „Razorback“ (1984), die unbekannte Mini-Perle „Fortress“ (1985), der affenstarke „Link, der Butler“ (1986) und eben dieses, eines seiner letzten Werke. Um eins klar zustellen: „Storm Warning“ von Regisseur Jamie Blanks („Long Weekend“, 2008) ist sicher nicht seine stärkste Arbeit. Einige Male wird hier (un)treffsicher daneben gelangt, was ihm mal schadet, manchmal allerdings fast sehenswert macht. Ein Kuddelmuddel jenseits der universellen Empfehlung.
Als bedrohlich konstruierter Survival-Thriller beginnend, bei dem ein junges Paar durch ein Unwetter mitten im symbolischen Auge des Backwood-Sturms strandet, tritt „Storm Warning“ von einem Klischee-Fettnäpfchen ins nächste. Deutlich (noch) im Low-Budget-Bereich zu Hause – nicht nur ersichtlich an CGI-Wolken und künstlichen Känguru-Babys -, hat gerade das betont lumpige, leicht zusammengewürfelt wirkende TCM-Gedächtnis-Set einen nicht zu leugnenden Reiz. Mit einem nicht enden wollenden Platzregen als zusätzliche Kulisse ausgestattet, wird das grobe Terror-Einmaleins im Malen-nach-Zahlen-Stil abgearbeitet. Leicht spießig angehauchtes Upper-Class-Couple gerät in die Fänge einer degeneriert-schimmeligen Patchwork-Familie, zunächst nur präsentiert durch die liebenswerten (Halb)Brüder, die zu zweit schon alles bedienen, was in Inzest-Hausen so rumstrolcht. David Lyons („Eat Pray Love“) gibt als overactender Lumpensack Vollgas und nervt trotz klarem Engagement in seiner Schablonenhaftigkeit bald deftig, Mathew Wilkinson („Ghost Rider“) als mehrfach vom Wickeltisch geplumpstes Tölpel-Anhängsel Brett drängt sich rollenbedingt weniger in den Vordergrund, ist dadurch nicht weniger einer von vielen aus dem Horrorfilm-Museum, Abteilung „Familienstammbaum ohne Zweige“. In einer Gammel-Bude mit Gummipuppe auf dem Sofa und mehr Dreck als tragender Balken werden er, der gesetzestreue Anwalt und sie, die süße Französin die beim Angeln schon schockiert ist, dass die Fische tatsächlich getötet werden müssen, als Geiseln genommen und um zu erahnen was zumindest ihr blühen dürfte, müsste man nicht zwingend die Luft aus der Puppe lassen.
Es ist alles ein einziger Brei aus „Kenne-ich-schon“ und „Warum-schon-wieder?“, hat hinter seiner abgenutzten Konformität und seinen bald schon überstrapazierten Mustern dennoch etwas lauern, etwas Wildes, Absurdes, was nur von der Kette gelassen werden will. „Storm Warning“ hat etwas, was man bei vielen auf Teufel-komm-raus getrimmten Horrorschinken der letzten Jahre vermisst, ohne es vielleicht direkt benennen zu können. Um das klarer zu sehen muss nur der direkte Vergleich zu ähnlichen harten Terror-Knüppeln seit der Jahrtausendwende bemüht werden und schon fällt es einem wie Schuppen von den Augen: Dieser Film ist in seinem Herzen, in seinem Dasein wirklich so ruppig, instinktiv und assozial, aus dem Bauch heraus geschmacklos-bekloppt, wie es viele nur vorspielen. Exzessive Gewalt und hemmungslose Demütigung unschuldiger Opfer, das können viele, aber sich so unfreiwillig und dann eventuell doch kalkuliert neben der Spur bewegen, das schaffen die glattgebügelten Studio-Stiefkinder selten bis nie. „Storm Warning“ strotz nur so von Ungereimtheiten und logischen Aussetzern, überzogenen Figuren und Schwuppdiwupp-Entwicklungen (von der Fischschützerin zur Fallenstellerin in wenigen Stunden, immer munter drauflos), diese Schiene fährt er dafür in seinem Bad-Taste-Finale derart konsequent und hemmungslos, zügellos und befreit von „Mal kurz Luftholen und darüber nachdenken“, das ist schon ´ne Nummer.
Warum dieser Film trotz seiner Ideenlosigkeit und seiner – gelinde gesagt – holprigen Entwicklung irgendwo was versprühte, wird spätestens jetzt klar: Das ist so rohes, brachial-bescheuertes Grindhouse-VHS-Genre-Gerümpel, was man heute mit dem nostalgischen Blick zurück total lieb hat, obwohl es damals schon scheiße war. Er ist billig, aber kaschiert das recht geschickt. Er kopiert bekannte Vorgänger, und das mehr als offensichtlich und über eine lange Zeit eher schlecht als recht. Aber: Er dreht so fürchterlich-klobig auf, scheißt auf alle Zwänge und verliert sich gegen Ende dermaßen in seinem eigentlichen Wesen, das kann man nicht mehr kopieren. Allein, was Inzucht-Daddy in „seiner Szene“ für unmögliche One-Liner am Stück rausschmettert („Sie war zwar nicht so eine Schönheit wie du, aber in einer dunklen Nacht völlig ausreichend.“) und wie ihm – sagen wir mal, „das Maul“ – gestopft wird, das geht auf keine Kuhhaut. Und danach wird es erst richtig wüst. „Storm Warning“ kann gut und gerne als völlig beschissener Gewalt-und-Terror-Porno bezeichnet werden, dagegen liefert er objektiv wenig Argumente. Subjektiv und mit dem Auge auf das, was sich sonst so diesen Schuh anzieht (und zwar sehr krampfhaft), wird genau dieser daraus. Irgendwie.
Fazit
Heftig (un)sympathischer, ungeschliffener Genre-Dreck, der in seiner widerwertigen Grenzüberschreitung und Fehlerhaftigkeit genau den Nerv trifft, den man logisch kaum beschreiben kann. „Storm Warning“ macht viel falsch oder eher notdürftig, dabei unbemerkt und möglicherweise nicht mal absichtlich (obwohl man bei dem Autor davon nicht mal ausgehen müsste) doch auf seine Art „richtig“, er hat einfach dieses gewisse Etwas. Es ist rational (grob) erklärbar, warum ausgerechnet dieser Gore-Quatsch nun besser sein soll als der ganze Rest, trotzdem müsste man sich stundenlang den Mund fusselig reden gegenüber den Leuten, die nicht so viele Vergleichsmöglichkeiten haben, über die Jahrzehnte. Das soll nicht arrogant klingen, aber nur so lässt sich das Urteil rechtfertigen. Totschlagargument: Wir sprechen uns in 10 Jahren. Scheiße mit Herz am ganz falschen Fleck, so falsch, das es wieder schlägt.
Autor: Jacko Kunze