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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Der 18jährige Rumtreiber Willi wird im Hamburger Kietz von der Polizei aufgegriffen, flüchtet aber von der Wache, bevor er in die Obhut der Behörden übergeben werden kann. Fortan hält er sich mehr schlecht als recht mit kleinen Gaunereien und als Teilzeitstricher über Wasser, bis er und die Prostituierte Monika sich ineinander verlieben. Dadurch keimt kurz so etwas wie Hoffnung auf, doch dann begeht Willi einen tragischen Fehler, der ihm jeden Ausweg verbaut…

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Neben Roger Fritz (Mädchen: Mit Gewalt) oder Ulli Lommel (Die Zärtlichkeit der Wölfe) zählte auch der gebürtiger Hofer Roland Klick zu den jungen, unkonventionellen Filmemachern, die - praktisch zeitgleich mit der New-Hollywood-Bewegung in den USA - versuchten, dem biederen Nachkriegskino der Bundesrepublik eine unangepasste Alternative gegenüberzustellen. Anders als z.B. bei der tatsächlich überaus erfolgreichen Nouvelle Vague in Frankreich blieb es leider bei diesem Versuch, durchsetzen konnten sie sich mit ihren eigensinnigen Independent-Produktionen auf Dauer nicht. Nach seiner verstörend-grandiosen Familientragödie Bübchen (1968) und dem surrealen „Sauerkraut-Western“ Deadlock (1970) taucht Roland Klick bei Supermarkt tief in das Kiez-Milieu von St. Pauli ein. Zeigt dabei aber nicht die verklärende Romantik von Wochenend-Touristen aus dem deutschen Kleinbürgertum oder Junggesell*innen-Abschieden, die im Dunst von Rotlicht und Kneipenbummel mal kurzzeitig die Sau rauslassen wollen und im Anschluss daheim von ihrem „Abenteuer“ stolz berichten, sondern die wirklich schmucklos-triste Seite von dort gestrandeten und bereits jetzt schon hoffnungslos gescheiterten Existenzen, für die es jeden Tag ums nackte Überleben geht.

Einer von ihnen ist der 18jährige Willi (Charly Wierczejewski). Obdachlos streift der durch die Straßen und die räudigsten Spelunken des Hamburger Hafenviertels und ist schon gezwungen, sich an den Trinkgeldtellern der Klofrauen zu bedienen. Ein perspektivloser „Gammler“. Der trostlose, langhaarige, verstoßen Abschaum und Albtraum der Generation Wirtschaftswunder, der nicht mal zum waschechten Kriminellen taugt. Denn dafür ist Willi längts nicht skrupellos und abgebrüht genug, sondern schlicht eine verlorene Seele, der für jedwede Art der Orientierung ein Kompass fehlt. Nachdem er von der Polizeiwache flieht und kurzfristig bei dem Zeitungsjournalist Frank (Michael Degen, Ewige Jugend) unterkommt, der in ihm aber auch nur eine Art Sozial-Experiment sieht, aus dem sich eventuell eine spannende Story generieren lässt. Immer wieder bricht Willi aus dieser falschen „Behütung“ aus, nur um danach reumütig zurückzukehren, wenn seine neueste Eskapade mal wieder fehlgeschlagen ist. Zwischenzeitlich lässt er sich gar als Stricher von dem Bahnhofs-Luden Theo (Walter Kohut, Die Brücke von Arnheim) anheuern, um homosexuelle Freier auszunehmen. Selbst dafür fehlt ihm schlussendlich die letzte Konsequenz, so dass er - immer wieder - wie ein geprügelter Hund zurückgekrochen kommt. Bis es er auf die ähnlich haltlose Prostituierte Monika (Eva Mattes, Leberkäsjunkie) trifft, die ihm erstmals einen Hauch von Sinn gibt. Doch selbst dieser Hoffnungsschimmer ist zum Scheitern verurteilt, denn Willi wird sich unweigerlich selbst zu Grunde richten. Schlussendlich durch den titelgebenden Supermarkt.

Narrativ sehr einfach gestrickt, auf eine positive Weise sogar relativ grobschlächtig, liefert Roland Klick im Umkehrschluss eine ungemein intensive, impulsive Milieustudie ab, dessen (oberflächlich) unkontrolliertes Chaos in jedem Moment authentisch und in diesem Kontext absolut sinnvoll erscheint. Dabei deutet gerade die beinah intuitiv wirkende, in Wahrheit aber sehr akribische Detailversessenheit von einer präzisen Beobachtungsgabe, Empathie und sehr bewussten Auseinandersetzung mit sozialen Abgründen, die so oft nur aus der nüchternen Ferne beurteilt werden. Supermarkt ist schroff, ranzig und entzieht sich bewusst jedweder moralischen Stellungnahme. Die Hauptfigur ist Protagonist und Antagonist zugleich. Sein Handeln wird nie beurteilt oder heroisiert, gleichzeitig wird aber auch die persönliche Alternativlosigkeit glaubwürdig dargestellt. Somit ist Supermarkt durchaus als ein anprangerndes Sozialdrama zu verstehen, ohne dabei aber besserwisserisch vorzugeben, irgendeine Form von Lösungen parat zu haben. Er ist ungeschönte Bestandsaufnahme wie Genre-Film zugleich, der auch handwerklich unter seiner Schicht aus Schmutz und Siff beeindruckend ist. Von der lebendigen Inszenierung, über die dynamische Kameraarbeit von Jost Vacano bis hin zur markanten Vertonung. Während niemand geringeres als der damals gerade aufstrebende Udo Lindenberg für die Hintergrundmusik verantwortlich war, steuerte der seinerzeit sogar noch völlig unbekannte Marius Müller-Westernhagen (Theo gegen den Rest der Welt) unter dem Pseudonym Marius West nicht nur den markanten Titelsong Celebration bei, sondern sprach in der (offenkundig notwendigen und deutlich rauszuhörenden) Nachsynchronisation auch Protagonist Willi.

Fazit

Deutsches Independent-Kino, wie man es sich seit Jahrzehnten wieder wünschen würde. Oberflächlich kantig und simpel, emotional und handwerklich aber umso leidenschaftlicher und mitreißend. Wenn Willi gen Ende, mit der Beute unter Arm, praktisch unsichtbar wird in der Masse der „normalen“ Arbeitnehmern mit ihren Taschen und Aktenkoffern, lässt der Film sogar ein ganz klein wenig Hoffnung übrig – obwohl wir eigentlich besser wissen, dass am Ende des Tunnels ein bitterer Empfang auf ihn warten wird. Symbolisch für sein gesamtes Dilemma: auf jeden klitzekleinen, müheselig erkämpften Triumph folgt postwendend die schonungslose Realität.

Kritik: Jacko Kunze

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