Inhalt
Die Welt hat sich in den letzten hundert Jahren verändert - nicht aber Adaline Bowman. Es ist 1933 und Adaline 29 Jahre alt, als ihr Leben eine schicksalhafte Wendung erfährt. In einer stürmischen Nacht gerät Adaline in einen Unfall und fortan gelten für sie die Regeln der Zeit nicht mehr: Adaline hört auf zu altern. Was wie ein Traum klingt, bedeutet für Adaline ein einsames und zurückgezogenes Leben: Fast alle Menschen, denen sie im Laufe der folgenden acht langen Jahrzehnte nahe kommt, muss sie irgendwann schweren Herzens verlassen, um ihr Geheimnis zu wahren - bis auf ihre Tochter Flemming. Doch eines Tages begegnet sie dem charismatischen Ellis Jones. Hals über Kopf verliebt er sich in die geheimnisvolle Adaline und gibt auch nicht auf, als sie sich von ihm zurückzieht. Ihre strikten Vorsätze geraten ins Wanken: Kann sie diesmal der großen Liebe eine Chance geben und sich Ellis anvertrauen? Ein Wochenendbesuch bei seinen Eltern droht, ihr jahrzehntelang wohlbehütetes Geheimnis ans Licht kommen zu lassen: Ellis' Vater William erkennt Adaline wieder...
Kritik
Das Romantikgenre ist nicht unbedingt für großartige Abwechslung bekannt. Da wird sich immer wieder auf die gleichen Vorlagen und Inhalte verlassen, die sich dann auch noch wunderbar verkaufen, weil der Zuschauer/Leser scheinbar gar keinen Anspruch besitzt seine Freizeit mit etwas Anderem als dem „Gewohnten“ zu verbringen. Wie sonst soll man sich den immensen Erfolg von Nicholas Sparks, sowohl in Buchform als auch auf der großen Leinwand, erklären? Aber hier und da gibt es dann doch noch ein paar Filmemacher, die sich beim Erzählen einer bekannten Geschichte einen Kniff oder eine interessante Prämisse einfallen lassen, um den Publikum etwas Frisches vor die Nase zu setzen. Anfangs ist auch „Für Immer Adaline“ ein solch positiver Ansatz. Dieser entpuppt sich im Laufe der sehr hübschen 112 Minuten aber immer mehr zum faulen Abstottern von Klischees, erstickt seine guten Möglichkeiten selbst im Keim und entwickelt sich am Ende gar zu einer waschechten Gefühlsduselei, die man ohne Probleme auf eine Stufe mit dem genannten Autor stellen kann.
Doch von vorn: Die Geschichte der geheimnisvollen Frau, die sich gegen jeden Willen in einen netten und besonderen Mann verliebt und dafür ihre Vorsätze über Bord wirft, mag nicht neu anmuten. „Für immer Adaline“ gibt dieser Story aber einen grundsätzlich interessanten Kniff: Adaline ist mit 29 Jahren in einem Autounfall verunglückt, erwachte wie durch Zauberhand aber wieder zum Leben und verlernte von dort an das Altern. Etwa hundert Jahre lang läuft die Protagonistin vor Verpflichtungen und Wahrheiten davon, bis sie schließlich auf den schönen Ellis trifft, für den sie alle Vorsätze über Bord wirft. Mit ungeahnten Konsequenzen. So weit, so gut. Aber jedem, der sich hier nun dramatische oder gar psychologische Auseinandersetzungen mit Adalines Segen/Fluch wünscht, Fragen über das Überleben der Liebsten zum Beispiel oder die psychische Belastung durch das ewige Dasein auf diesem Planeten, dem suggeriert der Film schon von Anfang an kein großes Interesse an diesen Plotpoints. Hier geht es vordergründig um die Lovestory.
„Für immer Adaline“ schöpft, das wird schnell deutlich, wenig Potenzial aus seiner interessanten Idee. Weder versucht Adaline wirklich einen (zum Beispiel medizinischen) Nutzen aus ihrem Zustand zu ziehen, noch versucht die Regierung an das Geheimnis der 29-jährigen zu kommen (letzteres wird in einer kurzen Szene am Anfang in geradezu lächerlicher Weise „erklärt“). Immerhin ist diese Gimmick-Liebesgeschichte (mehr ist es am Ende nicht) mit sympathischen Darstellern besetzt und wirklich hübsch inszeniert. Zwar geht Blake Livley ("Savages") etwas das Weise ab, was ihrer Figur anhaften soll, sie macht in ihrer Rolle der unsterblich schönen und zutiefst melancholischen Adaline aber insgesamt eine gute Figur. Auch Love-Interest Michiel Huisman ("Game of Thrones") erfüllt seine Rolle mit viel Charme und Präsenz und kann nachdrücklich überzeugen, warum Adaline für ihn ihre Vorsätze über Bord wirft. Wirklich scheinen darf hier aber Routinier Harrison Ford ("Ender's Game"), der nicht nur den interessantesten und komplexesten Charakterstrang zugesprochen bekommt, sondern diesen mit einer emotional wirklich mitreißenden Performance unterstreicht. Schön den alten "Star Wars"-Darsteller noch einmal so gut schauspielern zu sehen.
Hineingeworfen werden diese Figuren in eine oberflächlich astreine, ruhige und sehr detaillierte Inszenierung, die die Atmosphäre ihrer verschiedenen Sets (die sich über Land, aber auch durch die Zeit bewegen) immer überzeugend und dicht einfängt. Inszenatorisch und darstellerisch hat „Für immer Adaline“ keine Probleme, zwar wünscht man sich hier und da eine ausführlichere Exposition mancher Charaktere und Handlungsstränge, hübsch aussehen ist aber nicht das Problem des Films.
Dieses Problem (und das erklärt dann auch die niedrige Wertung) ist eher das Drehbuch. Und schaut man einmal auf das bisherige Schaffen von Drehbuchautor J. Mills Goodloe, dann fällt einem sofort letztjähriger Nicholas Sparks-Misthaufen „The Best of Me - Mein Weg zu dir" ins Auge. Und ja, das erklärt so Einiges. Zwar besitzt "Für immer Adaline" ein gutes Tempo und auch die Dialoge sind nicht schlecht geschrieben, die unausgereifte und potenzialverschwenderische Geschichte präsentiert sich im Laufe der Zeit aber so faul und so feige, dass sie den Rest dieses netten Films total zerstört. Zum Einen wird (wie angesprochen) auf Adalines emotional komplexen Zustand nur in oberflächlichen Nebensätzen eingegangen und die schwere Materie dieser Story so unter den Tisch gekehrt. Zum Anderen (und das ist weit schlimmer) endet dieser Film so ängstlich und furchtbar schlampig, dass man an jeder Person zweifeln muss, die in diesem Drehbuch wirklich so etwas wie narratives Können gesehen hat.
Am Ende ein Film, der seine eigene Prämisse zerstört, ein Film, der seine Zuschauer offenkundig für so dumm und emotional so fragil hält, dass er ihnen jeden Storypunkt vorkauen muss. Ein Film so feige wie seine eigene Protagonistin, indem er vor jeglicher Verantwortung davonläuft und mit einem genau so faulen, wie mutlosen Finale aufwartet, das die vorangegangenen gut gespielten und schick inszenierten 90 Minuten in den qualitativen Dreck zieht. Ein Film, der es allen recht machen will, mit einer Prämisse, die es unmöglich macht, es allen recht zu machen. Aus diesem Film kann man keine Moral ziehen, keinen Anspruch herauslesen. Furchtbar, was da alles in den Sand gesetzt wurde.
Fazit
Über weite Strecken ist „Für immer Adaline“ eine inszenatorisch ansprechende, darstellerisch starke und atmosphärisch dichte Romanze geworden, die ihr Potenzial zwar an vielen Stellen ignoriert, aber trotzdem angenehm unterhält. Doch machen es sich der Film und vor allem Drehbuchautor J. Mills Goodloe am Ende viel zu leicht: „Für immer Adaline“ präsentiert dem Zuschauer eigentlich eine Prämisse, die emotional schwere und niederschmetternde Momente impliziert, diese werden aber auf widerliche Weise unter den Tisch gekehrt und zu Gunsten einer seichten Love-Story geradezu ad absurdum geführt. Ein Film ohne Konsequenz, ein Film ohne Mut, ein Film für ein naives, emotional fragiles Publikum, der wenig von seinen Zuschauern hält, ihnen alles recht machen will und so seinen eigenen Ansatzpunkt komplett zerstört.
Autor: Thomas Söcker