6.5

MB-Kritik

The Future Awaits 2025

Drama, History

6.5

Guillaume Gallienne
Violette Guillon
Adeline D'Hermy
Sandrine Bonnaire
Laurent Bateau
Claude Mathieu
Rod Paradot
Bernard Le Coq
Héloïse Volle
Oscar Le Bas
Zoé Richard
Xavier Mathieu
Sonia Jacob
Marc Sarrasin
Sylvain Clama
Tony Le Bacq

Inhalt

Im besetzten Paris gelingt der 13-jährigen Tauba Zylbersztejn und ihren Eltern im Juli 1942 im letzten Moment die Flucht vor einer Razzia. Sie finden Zuflucht in einem winzigen Raum, der für die nächsten 765 Tage bis zur Befreiung von Paris ihr Versteck wird. Zwischen der quälenden Angst, ihre Tochter und sich selbst nicht beschützen zu können, und dem zermürbenden Warten werden die Eltern zunehmend aufgerieben. Doch die heranwachsende Tauba findet auch im Versteck kleine, schöne Momente und Abwechslung, die ihr Hoffnung geben und ihre Lebenslust ist kaum zu brechen. 

Kritik

Gesehen beim 31. Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg

Am 16. und 17. Juli 1942 wurde in Paris eine Razzia durchgeführt, bei der 13.152 Juden verhaftet wurden. Tauba Zylbersztejn und ihre Eltern entgingen im letzten Moment der Verhaftung, weil sie sich in einem Versteck aufhielten. Dieses Versteck wurde für die nächsten 765 Tage ihr Zuhause. Wenn man von dieser wahren Geschichte hört, muss man unweigerlich an das Tagebuch von Anne Frank denken und an verschiedene Verfilmungen, die daraus entstanden sind. Alle diese Verfilmungen haben eins gemeinsam: sie wurden von Höhepunkten und zahlreichen Konflikten geprägt, weil sie auf einem Tagebuch eines Mädchens basieren, das kein Blatt vor den Mund nahm. Sie schrieb ihre persönlichen Gefühle auf, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wie das auf jemanden wirken könnte. Deswegen kennen wir die intimsten Gedanken von Anne Frank, die ungefiltert und ungeschönt die schrecklichen Entbehrungen einer grausamen Zeit offenbaren.

The Future Awaits erscheint dagegen viel unpersönlicher und distanzierter. Das liegt zum einen daran, dass die Figur von Tauba (Violette Guillon, Coma) wenig von ihren Gefühlen offenbart. Sicherlich stellt man die typischen Ängste und extreme Anspannung dar, doch man gelangt nie in das Innerste dieser Figur. Zu Beginn des Films hat das Mädchen Alpträume, erholt sich jedoch recht schnell davon und arrangiert sich mit ihrem neuen Leben. Genauso ist es bei ihren Eltern, die trotz der erdrückenden Situation, nie in Versuchung geraten, sich zu streiten. Zwischen den Figuren verläuft alles ziemlich harmonisch, obwohl sie Tag für Tag aufeinander hocken und das auch noch mit einem Teenager-Mädchen, das offenbar gar keine Anzeichen von Pubertät zeigt. Keine Wutausbrüche, keine Nörgeleien, nur Engelsgeduld. Da erscheinen alle Verfilmungen von Anna Franks Tagebüchern viel authentischer, weil  die Figuren dort nie zu stillen Helden gemacht werden, die ihr Schicksal tapfer ertragen, sondern es werden zwischenmenschliche Konflikte offen dargelegt, die Anna mit ihren Eltern und anderen Bewohnern ihres Verstecks hatte.

Man könnte einwenden, dass The Future Awaits nur die Geschichte einer Familie erzählt und sie deswegen so harmonisch in einem Zimmer miteinander lebten, doch wenn man genau darüber nachdenkt, dann sind Konflikte auf engem Raum nur menschlich, völlig egal in welcher Ausnahmesituation man gerade steckt. Abgesehen davon hätte man den Film mit mehr Höhepunkten ausstatten können. The Future Awaits liefert mehrere Ansätze für Spannung, aber nutzt leider seine eigenen Vorlagen nicht. Es gibt mehrere Situationen, in denen die Gefahr besteht, dass die Familie erwischt wird und diese Situationen verlaufen immer völlig unaufgeregt. Die Figuren bleiben kurz still oder beobachten jemanden aus dem Fenster und schon ist die Gefahr vorüber. Sogar als sie zwischendurch mal ihr Versteck verlassen müssen, besteht der einzige Spannungsaufbau darin, dass die Schauspielerin, die die Mutter (Adeline D' Hermy , Rivals) verkörpert, präzise und großartig schauspielert. Nur an ihrem Gesicht spiegelt sich die potenzielle Gefahr wider. Man lässt die Figuren nicht "ganz knapp davon kommen", was in vielen Filmen für Spannung sorgt.

Man spürt dennoch, dass der Film durch seine Stille, die bedrückende Situation der Familie darstellen will, in der sie ruhig sein müssen, obwohl ihre Seelen schreien. Die Atmosphäre ist erdrückend und es gibt durchaus einige emotionale Momente, insbesondere als die Großmutter einen Brief vorliest, der die Mutter von Tauba zum hysterischen Weinen bringt. Das ist vermutlich die beste Stelle an dem ganzen Film, weil man in dieser einen Szene das Leid spürt, das dem jüdischen Volk angetan wurde. Es ist äußerst wichtig, dass man Filme über diese grausame Zeit dreht und, dass man die Geschichten von tapferen Menschen erzählt, die so viel Leid ertragen mussten. Unter diesem Gesichtspunkt ist The Future Awaits tatsächlich sehenswert und aufgrund der überragenden schauspielerischen Leistung von Adeline D`Hermy lohnt es sich allemal ihn zu sehen. Man sollte sich dennoch darauf einstellen, dass die Spannungsmomente recht selten sind und, dass es eher darum geht, die zermürbende Atmosphäre des tristen Alltags in einem Versteck darzustellen. Trotz der schwierigen Situation genießt Tauba immer noch die schönen Momente des Lebens, wie die strahlende Sonne über den Dächern von Paris. 

Fazit

Aus historischer Sicht ist "The Future Awaits" äußerst interessant und vornehmlich aufgrund der überragenden schauspielerischen Leistung von Adeline D`Hermy auch sehenswert. Dennoch schafft es der Film nur selten Spannung aufzubauen oder Höhepunkte richtig zu setzen. Trotzdem ist es ein wichtiger Film, der die wahre Geschichte von Juden erzählt, die sich verstecken mussten, um den Holocaust zu überleben. "The Future Awaits" hat einige emotionale Momente und punktet mit seiner erdrückenden Atmosphäre.

Autor: Yuliya Mieland
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