Inhalt
Für die aus Buenos Aires stammende Luisa und den Brandenburger Fred ist es selbstverständlich, dass sie sich in ihrer Partnerschaft nicht an festgelegte Genderrollen halten. Neugierig und offen erforschen sie normative soziale Rituale und stellen alles immer wieder infrage. Doch als auf ihrer Hochzeit ihre Eltern aufeinandertreffen, werden die frisch Vermählten massiv mit Klischees und Erwartungen konfrontiert.
Kritik
„Das ist Tradition hier. Da musst du schon mitmachen.“ Also trabt Luisa (Raina Todoroff) mit auf die Wache der Dorfpolizei, die sie soeben an ihrem Hochzeitstag verhaftet hat. Von wegen „Erregung öffentlichen Ärgernisses“. Aber alles ist, soweit es die junge Argentinierin und das Publikum Sophia Mocorreas pointierten Berlinale-Beitrags versteht, bloß ein alter Brauch in dem deutschen Provinznest. Daher stammt ihr Zukünftiger Fred (David Bruning). Der kämpft mit der Erwartungshaltung und grotesken Übergriffigkeit seiner heimischen Verwandtschaft.
Selbige hat sehr konkrete Pläne für das zukünftige Glück der Jungvermählten. Die elitären und xenophoben Spitzen, mit denen die Familie ihre joviale Herzlichkeit spickt, sind ein Vorgeschmack auf die grenzwertigen Bemerkungen der Polizei. Nicht nur Luisas Lächeln wird da immer gequälter. Eine emanzipierte Partnerschaft untergraben in der lakonischen Kritik toxischer Traditionen nicht nur revisionistische Rituale und konservierte Konstrukte weiblicher Objektivierung und männlicher Autorität. Ebenso prominent ist der latente Rassismus der Bevormundung und - scherzhaft maskierten - Kriminalisierung Luisas.
Fazit
Mit hintersinnigem Humor und sarkastischer Scharfsicht enthüllt Sophia Mocorrea in ihrer gerade dank ihrer Kürze so effektiven Sittenkomödie, die nach der Premiere bei Sundance nun in der Berlinale Sektion Perspektive Deutsches Kino zu sehen ist, die archaischen Rollenbilder und patriarchalischen Strukturen, die regionale und familiäre Bräuche romantisieren. Von dort ist es nicht weit zu nationalistischen Schikanen, die den humoristischen Überbau demontieren. Pointierte Einblicke geben ein lebendiges Bild verwandtschaftlicher und partnerschaftlicher Gefüge, ohne ins Plakative abzugleiten.
Autor: Lida Bach