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Inhalt

Im französischen Küstenort Saint-Jean-des-Monts findet ein exakt geplanter und durchgeführter Banküberfall statt. Anführer der Diebesbande ist Simon, Nachtklubbetreiber in Paris. Genau dort trifft er sich wenig später mit dem Polizeikommissar Edouard Coleman. Obwohl der Polizist von Simons zweiter Existenz weiß, sind die beiden seit Jahren nicht nur Freunde – sie lieben auch das gleiche Mädchen…
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Alle Filme von Jean-Pierre Melville (Der eiskalte Engel) haben etwas gemein. Selbst jene, die nicht im so omnipräsenten Milieu von Auftragsmördern, Gangsterbanden und Kriminalermittlern spielen. Immer lassen sich seine Werke auf Menschen herabbrechen, die extrem talentiert in ihrer Profession, fehlerfrei und routiniert in ihrem Handwerk sind. Dabei liegt in all diesen Filmen bereits eine zugrundeliegende Stimulation, eine simple Befriedigung, Personen bei jenen Tätigkeiten zu beobachten, die sie am besten können. Projiziert man diesen Grundsatz auf Melvilles Gangsterfilme, so ergibt sich daraus schon eine blauplausenartige Struktur. Ein Katz- und Mausspiel zwischen Verbrecher und Polizisten respektive untereinander, bei dem es eben nur darum geht, wer als erster einen kleinen Fehler macht oder auch nur einen Moment der Unachtsamkeit verfällt.

Mit seiner letzten Arbeit, Der Chef, kehrt der französische Regisseur ein letztes Mal in diesen von ihm so geliebten Kosmos zurück. Von Beginn an erstrahlt der Film in einem eisigen Blau und fängt ein nasskaltes Paris fernab jener Urlaubsromantik ein. Die verregneten Straßen, verrauchten Bars und sterilen Räume werden zum Sinnbild einer elegischen Welt und spiegeln dabei das Innenleben aller Beteiligten wieder. Mit Anzug, Mantel, Hut und Sonnenbrille verkörpern sie jene klassische Eleganz, die bei Melville zum filmischen Paradebeispiel von Coolness herangereift ist. Für echte Emotionen ist darin nur wenig Platz, und wenn, dann gilt es diese nicht offen zu zeigen. Letztlich ist jede Beziehung eben doch nur ein Wagnis, jeder Kontakt ein Risiko. Welchen Wert hat ein anderes Menschenleben? In der Welt von Melville ist dieser nur so hoch, wie er einem selbst nützen kann.

Der Chef beginnt mit einem Banküberfall. Ruhig, kontrolliert, ohne Hektik und große Worte. Dennoch geht etwas schief, einer der vier Mannen wird verletzt und zieht von dort an eine Blutspur hinter sich her, der auch die Polizei folgen kann. Nun heißt es Gangster gegen Polizei, Richard Crenna (Die Möwe Jonathan) gegen Alain Delon (Liebe 1962). Mittendrin Catherine Deneuve (Ekel) als Engel des Todes, denn ihr sind beide Männer verfallen. Herzstück des Films ist dabei wohl eine imposant eingefangene Raubsequenz, in der sowohl ein Hubschrauber als auch ein Zug eine entscheidende Rolle spielen. In ihrer Wortkargheit und beißenden Spannungen erinnert sie an einen anderen Film von Melville, Vier im roten Kreis. An die Stilsicherheit und Prägnanz dieses Films kommt Der Chef dabei nicht heran, einnehmend erzählt ist er jedoch allemal.

Der Chef kommt ohne große Worte aus, erzählt sich oftmals durch Blicke und Gesten. Ein geheimnisvolles Voice-over zu Beginn stimmt auf das Folgende ein. Das Werk ist ein Spiel gegen die Zeit, noch dazu mit doppeltem Boden und nichtsdestotrotz schweift Melville gelegentlich etwas ab. Neben langen Einstellungen arbeitet er vor allem mit interessanten Schnittfolgen, die Perspektiven verändern und den Zuschauer explizit in die Rolle bestimmter Figuren versetzen. Die wahre Tragik der Geschichte eröffnet sich früh für den Zuschauer, doch bleibt den leidtragenden Figuren lange ein Mysterium. Am Ende kulminieren die Ereignisse, Pistolen werden gezogen, auf andere und auch auf einen selbst gerichtet. Zurück bleibt Leere und ein schmerzlicher Blick in die Kamera. Das letzte Werk von Jean-Pierre Melville hat etwas Abschließendes, einen markanten Schlusspunkt, der eben nicht nur einen Film, sondern gleich eine komplette Filmografie zum Abschluss bringt.

Fazit

Jean-Pierre Melvilles letztes Werk erzählt von einer elegischen Welt, in der nur wenig Platz für Gefühle vorhanden ist. Unnachgiebig verfolgt ein eisiger Blaustich das Katz- und Mausspiel zwischen Gangster und Polizei, bei dem Anspannung allgegenwärtig ist. In „Der Chef“ ist jeder Fehler einer zu viel, jeder noch so kleine Schritt entscheidend. Letztlich gibt es keine Gewinner, denn der Schlusspunkt macht deutlich, dass es von Beginn an nur Trauer und Schmerz zu erringen gab.

Kritik: Dominic Hochholzer

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