Inhalt
Eine Gruppe junger Abenteurerinnen und Abenteurer, die das Weltall nach allem durchsuchen, was man mitnehmen und vielleicht zu Geld machen kann, glaubt, den Jackpot getroffen zu haben. Denn sie sind auf eine scheinbar völlig verlassene Station im All gestoßen, die reich an Schätzen ist. Doch sie ahnen nicht, was sich dort wirklich herumtreibt und dafür verantwortlich ist, dass keine Menschenseele hier mehr am Leben ist. Doch bald werden sie Bekanntschaft mit der gefährlichsten und furchteinflößendsten Kreatur machen, die es im ganzen Universum gibt
Kritik
Ende Juli 2024 erschien auf YouTube der animierte Kurzfilm Alien: Monday – ein beeindruckendes Werk, das trotz fehlender offizieller Lizenz eine bemerkenswerte Qualität erreicht. Obwohl dieser Film ohne die Zustimmung der Rechteinhaber entstand, teilt er mit dem kommenden Blockbuster Alien: Romulus eine entscheidende Gemeinsamkeit: Beide sind im Kern Fanfilme. Doch dies als abwertend zu betrachten, wäre ein Fehler – im Gegenteil, es ist ein großes Kompliment.
Das Alien-Franchise ist seit jeher bekannt dafür, dass jeder Regisseur seinen eigenen Stil in die düstere Welt des Weltraum-Horrors einbringt. Dies führt zwar häufig zu gespaltenen Meinungen bei Fans und Kritikern, doch genau das verleiht der Reihe ihren künstlerischen Anspruch und hebt sie in die Liga der anspruchsvolleren Blockbuster. Die Dreharbeiten zu diesen Filmen haben legendäre Geschichten hervorgebracht, die oft ebenso faszinierend sind wie die Filme selbst. Ein Paradebeispiel hierfür ist Alien³, ein Film, der über die Jahre an Ansehen gewonnen hat – trotz der schwierigen Entstehungsgeschichte, über die David Fincher wohl immer noch grübelt.
Mit Alien: Romulus versuchte sich nun Horror-Spezialist Fede Álvarez am Franchise. Doch statt eine neue Vision zu entwickeln, scheint Alvarez vor allem daran interessiert zu sein, den Look und das Gefühl von Ridley Scotts Original aus dem Jahr 1979 so authentisch wie möglich nachzuahmen. Die wenigen Actionszenen hingegen lassen deutlich den Einfluss von James Camerons Aliens - Die Rückkehr erkennen. Alvarez wählt gezielt die besten Elemente der Reihe aus und fügt sie zu einem stimmigen Ganzen zusammen.
Diese Herangehensweise macht Alien: Romulus stilistisch zu einem der konventionellsten Filme der Reihe, aber zugleich zu einem visuell beeindruckenden Werk. Ob in den bedrückenden Alltagsszenen einer Mine oder den klaustrophobischen Korridoren eines Raumschiffs – der Film wirkt durchweg authentisch. Überall finden sich Rohre, Dampf, Gitter, Dunkelheit und Feuchtigkeit. Selbst ohne die Bedrohung durch außerirdische Aggressoren würde sich Romulus wie ein Horrorfilm anfühlen. Die klassischen Spukschlösser wurden 1979 in industrielle Raumschiffe verwandelt, und Alvarez führt diese Tradition konsequent fort. Die Welt von Alien ist eine finstere Neuinterpretation der Industrialisierung – eine Ära des Fortschritts, die zugleich eine Entmenschlichung mit sich bringt. In diesem Umfeld verkörpern die Xenomorphs diese düstere Allegorie auf perfekte Weise: Sie sind der Schrecken, der in Gestalt gegossen wurde.
Besonders auffällig ist, wie viel Raum dem Unmenschlichen gegeben wird, wodurch eine der Stärken des Films umso heller strahlt: die Beziehung zwischen den Hauptcharakteren Rain und Andy. Zwar sind die Figuren in Alien: Romulus nicht sonderlich komplex, doch vor allem Rain und Andy überzeugen durch ihre famose Darstellung. Ihre Beziehung ist weder romantischer Natur noch eine Geschwisterbindung – auch wenn Rain dies anders sehen mag – und dennoch wirkt ihre Verbindung innig und authentisch. Andys anfängliche Naivität, die sich im Laufe der Handlung in eine charakterliche Entwicklung wandelt, sorgt für eine emotionale Spannung, die Darsteller David Jonsson (Rye Lane) hervorragend transportiert.
Auch Rain (Cailee Spaeny, Civil War) hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Obwohl Alvarez es nicht lassen kann, immer wieder Verweise und Referenzen einzustreuen – oft leider plump –, gelingt es ihm, Rain nicht als bloßen Klon von Sigourney Weavers Ellen Ripley erscheinen zu lassen. Die anderen Figuren sind auf das Wesentliche reduziert und dienen – wenig überraschend – überwiegend als Kanonenfutter für die Aliens.
Dennoch bemühen sich Alvarez und sein Co-Autor Rodo Sayagues, jeder Figur zumindest ein prägnantes Attribut zu verleihen. Dabei fällt vor allem Kay (Isabela Merced, Madame Web) auf, deren Schwangerschaft bereits früh erahnen lässt, dass daraus neuer Schrecken erzeugt werden wird. Das Ergebnis wird nicht alle begeistern, zeigt aber, dass Alvarez letztlich doch versucht, etwas Eigenes in das Universum einzubringen – wenn auch mit spürbarem Einfluss von Jean-Pierre Jeunets Alien - Die Wiedergeburt (1997).
Alien: Romulus macht vieles richtig, und gerade deshalb fallen die wenigen richtig misslungenen Dinge besonders stark auf. Die größte und unübersehbarste Schwäche ist eine überflüssige Referenz an Alien - Das unheimliche Wesen aus einer fremden Welt, die lediglich dazu dient, das Publikum selbstzufrieden nicken zu lassen, weil es den Verweis erkannt hat. Visuell wirken diese Szenen störend, da sie ein hässliches CGI-Monstrum sind, das sich wie ein Fremdkörper in der ansonsten greifbaren Welt des Films anfühlt.
Dieser Makel ruiniert den Film zwar nicht, wirft aber die Frage auf, warum dieser Ansatz gewählt wurde. Der Einsatz von CGI mag aus produktionstechnischer Sicht nachvollziehbar sein, doch es wäre durchaus möglich gewesen, diesen Moment anders zu lösen. Eine Option wäre gewesen, einfach eine neue Figur einzuführen. Zwar hätte Romulus dadurch einen nostalgischen Verweis eingebüßt, und wir Zuschauer wären um einen vertrauten Moment ärmer gewesen, aber es hätte nicht nur dem Film gutgetan, sondern auch uns.
Abschließend lässt sich sagen, dass Fede Alvarez mit Alien: Romulus einen wirklich gelungenen Beitrag zum Franchise geleistet hat, auch wenn er nicht die Intensität erreicht, die manche vom Regisseur von Evil Dead (2013) erwartet haben. Der Film fühlt sich weitgehend abgerundet an, obwohl Alvarez wenig Neues bietet. Ihm gelingt es jedoch, die bekannten Elemente der Reihe stimmig zu verweben. Die philosophischen Aspekte der letzten Alien-Filme werden zwar deutlich reduziert, aber dafür schafft Alvarez einen der besten Teile der Reihe seit langer Zeit. Wer ihm applaudieren will, sei gewarnt: Im Weltall hört niemand deinen Beifall.
Fazit
"Alien: Romulus" destilliert die Stilistik der ersten beiden Teile zu purer Atmosphäre. In diesem Setting entfaltet sich eine schlichte, aber effektive Handlung, die insbesondere durch die beiden Hauptfiguren getragen wird. Weniger gelungen ist eine überflüssige Referenz, die Regisseur Alvarez über das Ziel hinausschießen lässt und seinem ansonsten visuell betörenden Film ein Bein stellt. Trotz dieses Mankos erweist sich "Romulus" als überzeugender Beitrag zur Reihe und zählt zu den besten Titeln – vorausgesetzt, die Erwartungen an den Film sind nicht auf grundlegende Neuerungen gerichtet.