Inhalt
Als ihre alte Freundin Grace (Nicki Aycox) ermordet aufgefunden wird, wagt sich die Reporterin Ro (Halle Berry) undercover als Hilfskraft in die Werbeagentur H2A des charmanten, aber undurchsichtigen Firmenbosses Harrison Hill (Bruce Willis). Mit tatkräftiger Unterstützung von Computer-Ass Miles (Giovanni Ribisi) versucht sie nun, Beweise für Hills heimlicher Beziehung zu Grace sicher zu stellen. Sie gerät schnell in einen Strudel von anonymen Fantasien und gefährlichen Spielen, in denen das Internet keine Grenzen zu setzen scheint...
Kritik
Dass der Psychothriller als Hochglanzprodukt versucht, die Namen seiner Hauptstars zu verkaufen, ist in keiner Sekunde von der Hand zu weisen. Auch wenn sich das Thema versucht auf die Auswirkungen anonymer Chatgespräche einzugehen, ist es nur ein Zubrot an Motiven, die sich quer durch die Geschichte spannt. Da chatten Bruce Willis und Halle Berry in eindeutig zweideutiger Weise von Büro zu Büro, Computerfreak Miles ist sowieso ganz in seiner Lebensaufgabe verloren, und um allem die Krone aufzusetzen, wird das Finale so hineingezaubert, dass man bei dem Katz-und-Maus-Spiel Aspekte eröffnet bekommt, die man vorher überhaupt nicht auf dem Zettel hatte.
Das klingt jetzt nach viel Detektivarbeit und ist es auch. Das verspricht Spannung und Rätselraten. Doch leider wird dem Zuschauer die ganze Mühe Lügen strafen, so viel ist sicher. Ein sauber geschriebener Thriller dieser Art setzt zumindest eindeutige Hinweise oder gewisse Aha-Effekte, davon ist "Verführung einer Fremden" allerdings meilenweit entfernt und verliert sich schnell in der Darstellung der Verwegenheit im Netz. Die Schnipseljagd wird hier letztlich sträflich vernachlässigt und gipfelt in einer Auflösung, die sich an zwei bis drei Dialogzeilen festhängt und somit an den Haaren herbeigezogen wirkt. Das verdeutlicht auch die Tatsache, dass man gar mehrere Enden in Betracht zog und somit recht konzeptlos daher kommt.
Ein bisschen besser ist dagegen der Umstand, die Figuren recht eindeutig zu zeichnen. Da darf Bruce Willis so verwegen sein wie möglich, Giovanni Ribisi seine etwas verschrobene Seite ausleben und Halle Berry ihren Weg unbeirrt weitergehen - dennoch sorgen Finale und Auflösung für so manches Kopfschütteln. Wenn schließlich der/die Mörder(in) offenbart wird, wird man sich sicherlich mal ungläubig an den Kopf greifen, ob da Fieberschübe aufkommen. Wie erwähnt: Es gab mehrere Enden, der Mörder war immer jemand anders, und da fragt man sich, ob man im Zuge der Story und Schnittarbeit vielleicht zu viel des Baukastensystems genutzt hatte, um sich etwas zurecht zu bauen. Also nur des Überraschungseffektes willen die abstrakteste Version zu wählen, ohne auch nur ansatzweise eindeutige Brotkrumen auszustreuen - so darf ein Thriller sich nicht die Vorschusslorbeeren versauen.
Auch nicht hochklassig, aber mindestens routiniert haben sich die Darsteller genügend Mühe gegeben, ihren Rollen Leben einzuhauchen. Während sich Bruce Willis auf seine älteren Tage hin eher routiniert durch die Szenen schlängelt, ging Hauptdarstellerin Halle Berry viel dynamischer zu Werke und dominiert geradezu durch ihre engagierte Leistung. Dass man ihr den Part nicht so ganz abnehmen will, ist allerdings der Story geschuldet. Auch Giovanni Ribisi ist so ein wenig eine Nervensäge geworden, was aber ebenfalls dem Drehbuch zuzuschreiben ist. Und dieser Umstand ist auch bis in die kleinen Rollen auszuweiten - das Drehbuch ist eindeutig fixiert auf seine Stars, die erzählerische Inkonsequenz übertrug sich dann auch letztlich auf die einzelnen Rollen.
Fazit
Wie sehr ein Drehbuch Einfluss auf den Gesamteindruck haben kann, sieht man in "Verführung einer Fremden" zu deutlich. Alles, wirklich alles, was sich der Film so dezent aufgebaut hatte, wird am Ende dem billigen Überraschungseffekt geopfert. Da half auch das Engagement so mancher Schauspieler nichts mehr, wenn man sich mehrere Story-Hintertürchen offen hält (was schon an sich etwas unsinnig anmutet) und dann die haarsträubendste aussucht. Stilistisch scheint das für den ein oder anderen schön anzusehen zu sein, aber kann wohl nur das Filmteam für sich erklären, was das mit der Geschichte zu tun haben soll - jedenfalls passt das hinten und vorne nicht zusammen, wenn sich ein solches Gesamtbild ergibt.
Autor: Sascha Wuttke