3.0

MB-Kritik

Die Witwe Clicquot 2024

Drama

3.0

6.3

Haley Bennett
Tom Sturridge
Natasha O'Keeffe
Cecily Cleeve
Ben Miles
Paul Rhys
Ian Conningham
Christopher Villiers
Cara Seymour
Phoebe Nicholls
Joseph Rapp
Nicholas Farrell
Anson Boon
Sam Riley
Chris Larkin
Leo Suter

Inhalt

Die französische Provinz Champagne im frühen 19. Jahrhundert: Nach dem Tod ihres Mannes übernimmt Barbe-Nicole Clicquot Ponsardin (Haley Bennett) mit nur 27 Jahren die Leitung der familieneigenen Weinkellerei – ein gewagter Schritt zu einer Zeit, in der für Frauen kein Platz in der Geschäftswelt vorgesehen war. Mit Entschlossenheit und Leidenschaft manövriert die Witwe Clicquot das Unternehmen durch turbulente Zeiten, legt mit ihren Innovationen den Grundstein für die moderne Champagnerherstellung und avanciert mit dem exklusiven Schaumwein ihres Hauses zur „Grande Dame der Champagne“.

Kritik

Sie müssen kämpfen“, erklärt Barbe-Nicole Clicquot Ponsardin (Haley Bennett, Magazine Dreams) in einer der zahlreichen Szenen Thomas Nappers (Die neun Leben des Tomas Katz) hermetischen Historiendramas, in denen die Erbin des gleichnamigen Weinguts zugleich über die Reben und sich selbst spricht. „Wenn sie ums Überleben kämpfen, verlassen sie sich mehr auf ihre eigene Stärke. Sie werden mehr, wozu sie bestimmt sind.“ Im Falle der Gattin des früh verstorbenen Winzers François (Tom Sturridge, Irma Vep) ist das eine finanziell und familiär unabhängige Unternehmerin in der Napoleonischen Ära. 

In jener die wenigen Frauen zustehenden Rechte rigoros beschneidenden Zeit war die juristische Grauzone der Witwenschaft ein Glücksfall, gerade für die professionelle Protagonistin. Sie ist umgeben von ihre wirtschaftliche und winzerische Kompetenz unterschätzenden Männern - einer davon der Regisseur, der Barbe-Nicoles arrangierte Ehe zur Liebesheirat verklärt, ihre Innovationen verschweigt und ihre Expertise Liebe zu und Lernen von brillanten Männern zuschreibt. So folgt das in lokalem und psychologischen Fokus gleichsam beschränkte Kostümdrama dem Vorbild zahlreicher Biopics weiblicher Persönlichkeiten.

Deren Errungenschaften werden unter dem Vorwand, sie anzuerkennen, tatsächlich geschmälert. So auch die der ausschließlich als attraktive junge Frau gezeigten Hauptfigur. Dass sie technische und önologischen Neuerungen einführte, die bis heute gültige Standards setzten, verrät lediglich ein Epilog. Einzig Bennetts entschlossenes Schauspiel erweckt eine Ahnung der Intelligenz einer sowohl ihrer bewundernswerten als auch problematischen Eigenschaften beraubten Heldin. In ewige Trauerkleidung gehüllt ist sie in den düsteren Kulissen auch visuell nur ein Schatten ihres realen Vorbilds.

Fazit

Barbe-Nicole Clicquot Ponsardin war eine Frau, die sich in einer Ära radikaler Repression an die Spitze eines maroden Unternehmens stellte, dieses durch gewagte kommerzieller Manöver und Neuerungen zu globaler Größe führte und Champagner seinen modernen Status gab. Nichts davon zeigt Thomas Nappers Tilar J. Mazzeos gleichnamiger Biografie basierendes Jugendporträt. Dessen in fahlen Farben und dunklen Szenenbildern schwelgende Inszenierung ist weniger weinkundige Würdigung der Titelfigur als Requiem deren Gattens. Eine filmisch frustrierende, inhaltlich fragwürdige Interpretation des Labels.

Autor: Lida Bach
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