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Inhalt

Ungleichheit, Ungerechtigkeit und die Anforderungen der Welt, in der wir leben, lösen in vielen Menschen Stress, Frustration und Depression aus.

Korrupte Politiker und Richter, selbstgefällige Manager und engstirnige Beamte treffen auf einfache Bürger, Helden des Alltags, bei denen die zivile Fassade fällt, Grenzen überschritten werden, ohne Rücksicht auf Verluste. Ein harmloser Moment bringt das Fass zum Überlaufen und ruft eine Kettenreaktion hervor. Manche bleiben ruhig. Andere explodieren.

»Wild Tales« ist ein Film über Menschen, die explodieren.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wer ein Herz für spanischsprachiges Kino hat, für den lesen sich allein schon Stab und Besetzung von »Wild Tales« wie ein cineastischer Festschmaus: Da haben wir Oscarpreisträger Ricardo DarínIn ihren Augen«) unter den Darstellern, niemand geringeren als Pedro AlmodóvarSprich mit ihr«, »Volver«) und seinen Bruder als Produzenten sowie Gustavo SantaolallaDie Reisen des jungen Che«, »Babel«) als Verantwortlichen für die Filmmusik. Dazu noch das Herkunftsland: Argentinien. Argentinien ist nicht nur innerhalb Lateinamerikas in den meisten Fällen ein Garant für gekonnt erzählt und in Szene gesetzte Filme.

»Relatos Salvajes«, mit »Wild Tales« treffend übersetzt, ist im Grunde aber nicht nur ein Film, sondern besteht aus sechs. Regisseur Damián Szifrón hat eine Sammlung von sechs Kurzfilmen geschaffen, verbunden durch einen roten Faden: Kontrollverlust, Rebellion und Grenzüberschreitung. Wie der Pressetext auch sagt: Es geht um »Menschen, die explodieren«. Und das längst nicht nur bildlich gesprochen ...

Sechsmal wird der Zuschauer somit in eine Szene, eine Geschichte, ein kompaktes Universum hineingezogen. Und er weiß schnell, dass die Banalität der ersten Sequenzen in jedem Kurzfilm letztlich in einer Katastrophe gipfeln wird. Doch welche? Die Bandbreite der Kurzfilme reicht dabei von augenzwinkerndem Anekdotencharakter über psychologische Kammerspiele bis hin zu komplexen Erzählsträngen.

»Pasternak« bildet den Auftakt und gibt das grundsätzliche Muster aller Filme vor: Er beginnt alltäglich: eine Frau checkt am Flughafen ein und kommt im Flugzeug mit ihrem Sitznachbarn ins Gespräch. Überraschend stellen sie fest, dass sie einen gemeinsamen Bekannten haben. Und nicht nur sie …

Ein wenig konstruiert kommen die Dialoge in »Pasternak« daher, das tut aber dem bitterbösen Humor keinen Abbruch, mit dem sie in Szene gesetzt wurden. »Pasternak« ist wie ein tiefschwarzer Witz, der auf der Leinwand erzählt wird, und er erntet einen Lacher nach dem anderen – das beim gut vorbereiteten und doch überraschenden Ende nur ein wenig im Hals stecken bleibt.

»Die Ratten«, der zweite Kurzfilm, gehört zu den Shorties mit Kammerspielcharakter: Eine einsame Autobahnraststätte, ein arroganter Kredithai, eine junge Kellnerin und eine pragmatische Köchin, viel mehr braucht es nicht – ach ja, und eine Packung Rattengift. Denn als die Kellnerin in dem Gast jenen Mann erkennt, der ihren Vater in den Selbstmord trieb, hat die Köchin sofort eine sehr endgültige Idee zur Lösung des Problems.
Klar komponiert und mit einem gelungenen, nervaufreibenden Spannungsaufbau überzeugt »Die Ratten« vor allem durch die Charaktere. Schauspieler César Bordón braucht nur wenige Sätze und Blicke, um seine Figur als absoluten Unsympath zu entlarven; Rita Cortese brilliert als zynische und direkte Köchin, die in ihrem Leben schon zu viel gesehen hat. Die Pointe bleibt indes ein wenig hinter den anderen Kurzfilmen zurück.

»Straße zur Hölle« beginnt wie eine Autowerbung – weiches Licht, warme, ausgeblichene Farben, ein Anzugträger in einem schicken Wagen, der über einsame Landstraßen kurvt. Als ihn ein heruntergekommenes, klappriges Fahrzeug ausbremst, ist Geschäftsmann Diego (Leonardo Sbaraglia, »Red Lights«) so erbost, dass er sein Überholmanöver für ein paar handfeste Beleidigungen nutzt. Mit fatalen Folgen, denn nur wenige Kilometer weiter hat Diego einen Reifenschaden …

In »Straße zur Hölle« ist es weniger psychische Subtilität als handfeste Gewalt, die sich mit schmerzhafter Konsequenz hochschaukelt. Das mag nicht jedermanns Sache sein und lässt den Film insgesamt zu den Schwächeren im Ensemble gehören, auch wenn die Eskalation plausibel ist – und bei aller Brutalität absurd genug bleibt. Am Ende hat der Kurzfilm dann auch wieder eine (im wahrsten Sinn des Wortes) tiefschwarze Pointe parat.

In »La Bombita« (»die kleine Bombe«) beginnt die Katastrophe mit einer Geburtstagstorte und einem zu Unrecht abgeschleppten Auto. Für den Sprengstoffexperten Simón (Ricardo Darín) setzt das eine Kettenreaktion in Gang, die ihn Familie, Job und schließlich alle Selbstbeherrschung verlieren lässt. Simón fühlt sich als Opfer behördlicher Willkür – und er beschließt, zurückzuschlagen …

»La Bombita« ist der komplexeste der sechs Kurzfilme, und nicht nur dank der Darstellung Ricardo Daríns ist er einer der besten. Die erzählte Geschichte würde vielleicht sogar als eigenständiger Kinofilm funktionieren, doch Regisseur Szifrón macht daraus ein kompaktes, dicht erzähltes Kunstwerk, das in seinen Bann zieht und Überraschungen bereithält. Figuren, Spannungsaufbau und Pointe – hier stimmt alles.

Zurück zu psychologischem Geplänkel und Kammerspielflair führt »Die Rechnung«: Ein unbedarfter Millionärssohn hat eine schwangere Frau überfahren. In der elterlichen Villa suchen sein Vater und dessen durchtriebener Anwalt fieberhaft nach einer Möglichkeit, den Ruf der Familie zu retten. Der Gärtner, ein wie es scheint sanfter und bescheidener Mann, soll gegen viel Geld die Schuld auf sich nehmen …

In wohl kaum einem anderen der sechs Kurzfilme geht es so meisterhaft zynisch zur Sache. Vater, Anwalt, Gärtner und ermittelnder Staatsanwalt – sie alle lassen in den vier Wänden der Luxusvilla ihre Masken fallen. Schließlich geht es um Geld. Viel Geld. Dass eine schwangere Frau ums Leben gekommen ist, scheint für alle Beteiligten nebensächlich. Wie hier verhandelt und gepokert, intrigiert und hintergangen wird, auf engem Raum und innerhalb so kurzer Zeit, macht einen Heidenspaß – und zugleich einen Kloß im Hals, weil das kalte Spiel um Macht und Geld viel zu realistisch scheint. Ebenfalls eine Perle der »Wild Tales«.

»Bis dass der Tod uns scheidet« bildet den Abschluss der Kurzfilme: Ein rauschendes Hochzeitsfest, ein glückliches junges Paar, Gäste in Feierlaune – bis die Braut einem Seitensprung ihres frischgebackenen Ehemanns auf die Schliche kommt. Verletzter Stolz und Verzweiflung weichen rasch der Entschlossenheit, Rache zu üben. Insgesamt wirkt der letzte Kurzfilm nicht ganz so stringent und dicht komponiert wie die anderen, doch auch er weiß zu unterhalten und zu überraschen, wenn Braut und Bräutigam aus der Hochzeitsfeier ein – nicht nur psychologisches – Schlachtfeld machen und immer wieder neue Wege einschlagen.

Insgesamt überzeugt »Wild Tales« als ein buntes und fast durchgängig bitterböses Kaleidoskop von Kurzfilmen, die solide bis meisterhaft inszeniert daherkommen. Gustavo Santaolalla liefert dazu Filmmusik, die insbesondere im Vorspann Morricone-Flair verbreitet – und in der Tat haben die Katastrophen, die sich in jedem einzelnen Kurzfilm anbahnen, etwas von der Unausweichlichkeit klassischer Westernduelle nach dem Motto: In dieser Stadt ist kein Platz für uns beide.

Fazit

Nicht alle sechs Kurzfilme erreichen das gleiche Niveau an Spannung, Witz und plastischen Charakteren, doch sie alle wissen zu unterhalten. Wie ein US-amerikanischer Kritiker anmerkt, ist durchaus verständlich, was Pedro Almodóvar – selbst ein Meister schillernder, absurder und böser Geschichten – an dem Stoff fasziniert hat, und wenn der Pressetext den Film als »geniale Mischung zwischen Tarantino, Almodóvar und den Coen Brothers« bezeichnet, kommt das dem Geist von »Wild Tales« schon recht nahe. Ein ungewöhnliches Kino-Ereignis für jeden, der schwarzen Humor in Verbindung mit Psycho-Spielchen wie auch brachialer Gewalt zu schätzen weiß.

Kritik: Sabrina Železný

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