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10x5 – In the Passing Rain (OVA)

Lucy and Nana draw closer together.

Gesehen von 3 Usern

Inhalt

Ein Mädchen mit außergewöhnlichen Fähigkeiten wird entdeckt und zu Forschungszwecken schrecklichen Tests unterworfen. Der Mutant (ein Diclonius) hört auf den Namen Lucy und besitzt neben zwei Hörnern auf dem Kopf, auch die Fähigkeit vier weitere, unsichtbare Arme aus ihrem Rücken sprießen zu lassen, die in unmittelbarem Umkreis absolut tödlich sind. Als eines Tages dem Laborpersonal augenscheinlich ein Fehler unterläuft, gelingt Lucy die Flucht und durchtrennte Körperteile, herausgerissene Gliedmaßen und blutverschmierte Wände pflastern ihren Weg. Am Tag darauf entdecken die Studenten Kohta und Yuka das Mädchen am Ufer des Strandes und nehmen sie bei sich auf. Die Regierung setzt alles daran, einen Super-Gau zu vermeiden und Lucy auszuschalten, bevor sie weiteres Unheil anrichten kann.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

"We hunt them, experiment on them and then we kill them. And after all that we call them monsters?!" Animes sind seltsam, oder „weird“, um einen populären Anglizismus hier einzuführen, der den Geist dieser Aussage ziemlich perfekt trifft. Weird. Strange. Eigenartig. Bizarr. Für uns Europäer und Nicht-Japanimation-Enthusiasten wohl um ein ganzes Stück eher, als für Menschen mit einem gewissen Hang zur Japanophilie und Bürger des Landes der aufgehenden Sonne. Im Gegensatz zu westlichen Zeichentrickserien, die nicht zuletzt dank dem jahrzehntelangen Disney-Monopol, ausschließlich auf Kinder ausgerichtet waren (und zum größten Teil immer noch sind), wurde in Japan die wahre Macht der Animation entdeckt. Neben dem japanischen Disney-Pendant Studio Ghibli, schreckten japanische Animatoren nicht davor zurück alles aus ihrer unendlichen Ressource zu schöpfen – der Vorstellungskraft. Mit einer gigantischen Manga-Kultur als Vorlage, fanden somit Sex und Gewalt, Tod und die Abgründe der menschlichen Existenz zu einer Zeit ihren Weg in den Animationsfilm, als Disney noch mit Mickey Mouse und Prinzessinnen jonglierte. Da es das Zeichenbrett erlaubte, so ziemlich alles zu visualisieren, was sich der Animator im Kopf ausmalen konnte, waren fiktive Elemente und kreative Over-the-top-Inszenierungen fast schon eher die Regel, als die Ausnahme. In diese Kategorie fiel auch ein Cyberpunk-Anime aus dem Jahr 1988, namens „Akira“, der nicht nur den großen und bis heute andauernden Boom des Anime-Genres in der westlichen Hemisphäre auslöste, sondern ebenso folgende Produktionen maßgeblich beeinflusste, so u.a. „Ghost in the Shell“, „Neon Genesis Evangelion“, sogar „Matrix“ und eben auch „Elfen Lied“.

Schon während des Openings versprüht „Elfen Lied“ eine einzigartige Aura, wahrlich mystisch, teils wunderschön, wehmütig und melancholisch, die es dennoch nicht versäumt dem Zuschauer in all ihrer „Creepiness“ jedes Mal einen Schauer über den Rücken zu jagen. Durch die Kombination aus dem traurig-schönen Lied „Lilium“ von Jacob Clement aus der Renaissance (samt lateinischem Text) und den Bildern, die einigen Gemälden Gustav Klimts nachempfunden worden sind und quasi eine eins-zu-eins-Kopie dieser in Anime-Form darstellen, erreicht das Opening dadurch eine gewisse Bildgewalt, die in ihrer Ausstrahlung absolut einmalig ausfällt und es schafft, das Publikum am Anfang jeder Folge aufs Neue in seinen Bann zu ziehen. Was in der ersten Folge auf das Intro folgt sind die mitunter brutalsten und blutigsten zehn Minuten, die es vielleicht im gesamten Anime-Genre zu sehen gibt. Zwar spielt die extreme Gewalt eine vordergründige Rolle in diesem Einstand, dennoch gelingt es Regisseur Mamoru Kanbe durch den cleveren Einsatz von Musik und Schnitt, sowie einer relativ  „nüchternen“ Inszenierung, die Faszination aus dem Opening in diese Gewaltorgie zu übertragen. Leider statuiert „Elfen Lied“ mit seiner ersten Episode geradezu solch ein Exempel, dass die Versprechungen im weiteren Verlauf nicht annähernd eingehalten werden können.

Nichtsdestotrotz erhält sich die Atmosphäre, die von der ersten Sekunde an im Intro kreiert wird, fast über alle Episoden hinweg aufrecht. Wenn das Drehbuch es verlangt, tritt diese problemlos in den Hintergrund, nur im richtigen Moment wieder auf den Plan treten und beim Publikum eine Gänsehaut verursachen zu können. Dabei gelingt der Übergang von der Stimmung „ulkig-süß“ zur „Holy Shit, was zur Hölle geht denn jetzt schon wieder ab?!“-Creep-Atmosphäre mit solch erstaunlicher Leichtfüßigkeit, als würde jemand an einem Schalter sitzen. Für gewöhnlich aktiviert dieser Jemand nur das Theme des Animes „Elfen Lied“, der automatisch besagtes Ambiente zum Leben erweckt.

Im weiteren Verlauf der Handlung sammelt sich ein ganzer Haufen an Frauen bei unserem Protagonisten Kohta an, die alle nach anfänglichem Hin und Her letztendlich doch bei ihm und seiner Cousine (und seltsamerweise auch Love Interest) Yuka einziehen und gemeinsam in einer WG leben. Neben Lucy, die sich aufgrund ihrer Amnesie an nichts erinnert, einen auf „Hodor!“ macht, ständig den Laut „Nyu!“ von sich gibt, zu einem Pokémon degradiert wird und von da an immer Nyu genannt wird, gesellt sich auch die junge Ausreißerin Mayu zur Gruppe (später ein weiterer weiblicher Charakter, welchen ich hier allerdings nicht spoilern möchte). Das anschließende „Liebesdreieck“ zwischen Yuka, Kohta und Nyu, wobei Letztere gerne mal nackig in der Ecke hockend an ihren Brüsten fummelt, drängt den Anime unnötigerweise in die Harem-Ecke, was „Elfen Lied“ keineswegs gut tut. An sich relativ einfühlsam und absolut funktionstüchtig ist die Liebesgeschichte, samt tragischer Vergangenheit, zwischen Kohta und Yuka (wenn auch etwas seltsam, aufgrund der unmittelbaren Verwandtschaft), doch hätte die Liebesbeziehung als Nebenhandlung zwischendurch frische Abwechslung ins Spiel bringen können, doch wird dem Beziehungsstress, der Eifersucht, dem ganzen Techtelmechtel und Süßholzgeraspel so viel Wert zugemessen, dass es letztlich eher nervt und von der Hauptstoryline ablenkt. Neben den doch ganz süßen Slapstick-Einlagen von Nyu, hätte „Elfen Lied“ aber etwas mehr Abwechslung vertragen können, denn so wie die Soldaten, Polizisten und Wissenschaftler hier wie am fließenden Band zerstückelt werden, stumpft das Publikum relativ schnell ab, was den Gore- und Splatter-Faktor angeht. Während die erste Episode noch den Überraschungsmoment auf ihrer Seite hatte und entsprechend schockierend wirkte, zuckt man bei ähnlichen Szenen in der dritten oder vierten Folge nur noch mit den Schultern.

Aufgelockert werden kann diese ganze brutale Intensität durch die vorhin angesprochenen, sympathischen Slapstick-Momente mit Nyu, die in all ihrer kindlichen Unwissenheit gerne mal splitterfasernackt einen romantischen Moment zunichte macht oder sich mit Alltäglichkeiten rumschlägt. Während der erinnerungslose Diclonius anfangs vor allem durch ihren blanken Körper die anderen Charaktere in unangenehme Situationen bringt und auf diese doch recht billige und hölzerne Methode Sympathiepunkte erntet, erhält ihr Charakter im späteren Storyverlauf mehr Tiefgang, was vor allem für ihre „echte“ Hälfte Lucy gilt. Zwar kann der „große Twist“ um Lucy und ihre gemeinsame Vergangenheit mit Kohta meilenweit gegen den Wind gerochen werden, am Facettenreichtum des Hauptcharakters Lucy kratzt dies jedoch kaum. Kindesmissbrauch (u.a. auch sexueller), Mobbing, Korruption, Gier, Vertrauen und Verrat sind neben der üblichen thematischen Palette aus Liebe und Freundschaft, interessante Themen, mit denen sich „Elfen Lied“ auseinandersetzt. Dies geschieht jedoch leider teils auf so plumper und oberflächlicher Ebene, dass kaum neue Perspektiven bezüglich der behandelten Materie geboten werden können. Anstatt differenzierend an die Sache ran zu gehen, offeriert „Elfen Lied“ dem Publikum Botschaften, die auch so als selbstverständlich gegolten hätten. Dass Mobbing unter Kindern brutal sein kann und sexuelle Kindesmisshandlung traurige Realität ist, ist nicht neu. Nichtsdestotrotz sorgt die doch sehr stereotype Behandlung dieser Themen bei allen Charakteren dennoch für eine gute Portion Tiefe und Realismus (v.a. Lucy und Dr. Kurama).

Wirklich glänzen kann „Elfen Lied“ auf technischer Ebene, wobei sowohl die Hintergründe mit großen Detailreichtum als auch die Animationen mit flüssigen Bildraten überzeugen können. Dass der Anime aus dem Jahr 2004 stammt und schon ein ganzes Jahrzehnt auf dem Buckel hat, ist nicht ansatzweise dem Sci-Fi-Psychodrama anzusehen. Insbesondere in den Action-Szenen, wenn die „unsichtbaren“ Arme der Diclonii zum Einsatz kommen, weiß die Inszenierung mit Kreativität und ordentlichem Pacing zu brillieren. Dabei werden die zusätzlichen Arme von Lucy und Co. mithilfe von CGI visualisiert, obwohl es der mystischen Atmosphäre der Serie dienlich gewesen wäre, die „nicht-ganz-unsichtbaren“ Multi-Mord-Arme gar nicht zu veranschaulichen, sondern diese der Vorstellungskraft des Publikums zu überlassen. Dass kein einziger Charakter im Design nicht gerade innovativ ausgefallen ist, ist verschmerzbar.

Fazit

Wenn das Opening und die folgenden zehn Minuten von Episode #1 des Animes „Elfen Lied“ zum ersten Mal das Hirn des Zuschauers penetrieren, geht den meisten wohl nur eines durch den Kopf: „What the fuck?“. Und dieser simple und doch eindeutige Gedanke beschreibt ziemlich akkurat besagten Anime. „Elfen Lied“ ist der Two-Face aller Animes, den Begriff „Kontrast“ bis zur extremen Maßlosigkeit zelebrierend. Nicht nur besitzt die Hauptfigur Lucy, aufgrund ihrer Amnesie eine gespaltene Persönlichkeit und ist dadurch sowohl liebenswert und süß, als auch extrem kalt und blutrünstig und reißt jedem, der bei drei nicht auf den Bäumen ist, Arm, Bein und/oder Kopf ab. Ebenso kontrastierend sind die Folgen in dem Sinne, dass sie immer zu gleichen Teilen gefüllt werden mit Romanze, jugendlichem Liebesdrama, niedlicher Unschuld und anime-typischer Harem-Handlung auf der einen Seite und viel Nacktheit, explosionsartigen Blutfontänen, abgetrennten Gliedmaßen, die durch den Raum fliegen, und erschütternder Gewalt auf der anderen. Obwohl vor allem durch die faszinierende Mystik in seiner Atmosphäre brillierend, das „Elfen Lied“ nicht zuletzt seinem absolut fantastischen und einzigartigen Theme verdankt, so sehr fehlt dem Horror-Drama, trotz herausragender Prämisse, eine clevere Handlung, dessen Twist man nicht schon zehn Meilen gegen den Wind riechen kann und in dem Kernereignisse nicht durch blöd-unrealistische Zufälle ausgelöst werden. So tiefgründig und von ihrer tragischen Vergangenheit gezeichnet die Charaktere teilweise auch sind, so unlogisch und entgegen ihrer Persönlichkeit handeln diese manchmal, nur um die Story in gewünschte Bahnen zu lenken. So oft interessante Themen wie Kindesmisshandlung, Mobbing, Korruption und Diskriminierung auch angerissen werden, so oberflächlich und stereotyp werden diese abgehandelt, ohne eine differenzierende Perspektive auf die Materie zu bieten.

Und dennoch entfaltet all das irgendwie seine Wirkung. Irgendwie ist die Handlung interessant genug, um das Publikum bei der Stange zu halten; die Charaktere, trotz einiger Missgriffe im Drehbuch hier und da, sind ausgearbeitet genug um Sympathien zu wecken, obwohl es der blutigen Serie gut getan hätte, wenn es nicht ständig mit einem Bein im Harem-Genre stehen würde oder weniger Süßholz àla „Onee-chan“ raspeln würde. Wenn „Elfen Lied“ jedoch eines ist, dann ist es definitiv einzigartig und ohnegleichen. Ein Anime, den man, unabhängig davon ob man ihn abfeiert oder in den Boden stampft, wohl so schnell nicht vergessen wird. Kompromisslos, skrupellos, politisch inkorrekt und „zero fucks given“.

Kritik: Kadir Güngör

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