Von Stu am Montag, 21 August 2023, 15:32 Uhr
Bildnachweis: © Plaion Pictures | Szene aus "Emergency Declaration"
Während in der westlichen Filmwelt alle über Barbenheimer sprechen oder sich Gedanken darüber machen, warum Disney keine Hits mehr produziert, braute sich in Südkorea ein großer Skandal zusammen. Eine gigantische Bombe, die nun explodiert ist. Wie u. a. The Hollywood Reporter berichtet, ermittelt das Antikorruptionsbüro der Seoul Metropolitan Police Agency im Fall von jahrelangen, groß angelegten Betrug am südkoreanischen Box Office.
Der Vorwurf: Die größten Kinoketten des Landes haben fünf Jahre lang mit den großen nationalen Verleihern die Zuschauerzahlen manipuliert. Bei 323 Filme sollen absichtlich übertrieben positive Publikumszahlen genannt worden sein, um die Produktionen zu fördern. Dem Korean Film Council, der staatlichen Einrichtung, die für die Erhebung lokaler Kinokassendaten zuständig ist, wurden bewusst falsche Informationen übermittelt. Am Donnerstag wurden 69 Führungskräfte der größten Kinos Südkoreas sowie 24 Verleiher, darunter auch international bekannte Firmen wie Showbox, an die Staatsanwaltschaft verwiesen.
Der Skandal, der sich anscheinend erst beginnt auszubreiten, entfacht großen Unmut, der vor allem gerichtet wird, gegen die großen Multiplex-Unternehmen, die den größten Konzernen gehören und eine unübertroffene Marktmacht ihr Eigen nennen können. Diese Firmen haben quasi in den letzten fünf Jahren nach ihrer Agenda diktiert, was das Publikum sehen möchte. Die Polizei von Seoul stellt in einem Statement bereits klar, dass sie dem Kulturministerium sowie dem koreanischen Film-Rat ein neues, verbessertes System für die Übermittlung der Einspieldaten vorschlagen möchten.
Die Polizei von Südkorea gab an, dass in den letzten fünf Jahren 2,67 Millionen Kinoeintritte gefälscht gewesen sein sollen. Zu den betroffenen Filmen zählen u. a. der Thriller Hot Blooded oder der Katastrophenfilm Emergency Declaration. Letzterer ist hierzulande fürs Heimkino erschienen und wurde auch mit den Worten "Kino-Sensationserfolg aus Korea" beworben. Laut dem Artikel des Hollywood Reporter sprechen einige Insider von einem offenen Geheimnis, das durchaus gängige Praxis im südkoreanischen Kinogeschäft war und das angeblich nicht so schädlich für die Industrie gewesen sein soll, wie von vielen angenommen wird.
Es wird aktuell davon ausgegangen, dass es in einigen Fällen sogenannte Ghost Screenings gab. So werden Vorstellungen am frühen Morgen oder späten Abend genannt, bei denen der jeweilige Verleih alle Karten kauft, den Film also ohne Publikum spielt, um die Zuschauerzahlen sowie die Einspielergebnisse in die Höhe zu treiben.
Die ersten Manipulationsvorwürfe tauchten während des Höhepunkts von COVID-19 auf, als Emergency Declaration startete und in nur 18 Tagen zwei Millionen Eintrittskarten verkaufte. Das erschien wegen der Pandemie eigentlich als unmöglich und war es, so wie es aktuell aussieht, auch. Angeblich soll damit der Stein ins Rollen gekommen sein, der letztlich dazu führte, dass die südkoreanische Polizei bereits im Juni die Büros lokaler Theater sowie Verleiher durchsuchte und die Ermittlungen damit einleitete.