Zu Beginn arbeitet "District 9" mit subjektiven Kameramitteln, ähnlich wie in "Rec" oder "Cloverfield" und erzeugt somit eine überaus realistische Stimmung, die auch dann spürbar bleibt, wenn der Film zu klassischen Kamerabildern wechselt, die jedoch immer noch voller Agilität sind und ein wunderbares, wie abenteuerliches Mittendrin-Gefühl erzeugen. Dieses intensive Gefühl, das den Abwechslungsreichtum noch etwas weiter in die Höhe treibt, funktioniert dabei nicht nur bei Actionszenen sondern auch bei ruhigeren Sequenzen und „District 9“ ist gemessen an seinen verfügbaren Möglichkeiten (Genre-, nicht Budget-technisch) eher ein ruhigerer Vertreter. Es sind gerade diese etwas leiseren Szenen die besonders im Gedächtnis haften bleiben. So gelingt es Regisseur Neill Blomkamp ohne größere Umstände die Außerirdischen sowie deren Situation so plastisch, so echt und lebensnah darzustellen, dass man die Wesen aus dem Weltall, die im Film nur „Shrimp“ genannt werden, innerhalb von wenigen Minuten akzeptiert. Dabei macht es sich „District 9“ nicht zu einfach. Die Aliens hier sind größtenteils kriminell, schmutzig und aggressiv. Einfach nur nach Hause telefonieren gibt es bei hier also nicht.
Gut so! Denn die Parabel die Film aufbaut und die für jeden Zuschauer auf den ersten Blick ersichtlich sein sollte, handelt von Integration und Rassismus. Die „Besucher“ als friedliebende Klugscheißer von Alpha Centauri darzustellen wäre der (leider) aktuellen Brisanz des Films nicht zugutegekommen. Denn gerade in Gegenden mit Integrationshintergrund und mangelnde, gesellschaftliche Eingliederung gibt es immer wieder kriminelle Aktivitäten. Warum sollte das bei Aliens anders sein? Bei diesem Gleichnis von Missverständnis bleibt es aber nicht. „District 9“ behandelt auch noch Themen wie Gier, Vertrauen und Liebe. Gerade zu dem letzten Thema sitzt der Film einen fulminanten, emotionalen Schlusspunkt. Ein letztes Bild von einem Alien. Eine Szene die die vom Film erzeugte Betroffenheit, nach dem actionreichen Showdown noch einmal hochkochen lässt und dies mit einfachsten Mitteln.
Einen Großteil zur grandiosen Funktionalität von Blomkamps Sci-Fi Parabel tragen die Darsteller. Allesamt keine bekannte Namen oder Gesichter, was allerdings auch vollkommen egal ist. Hauptdarsteller Sharlto Copley, gibt der Figur des Beamten Wikus van de Merwe ein glaubwürdiges Profil. Wirkt der Beamte zu Beginn noch belächelnswert, so wandelt sich Wikus schnell zu einem toll skizzierten Charakter und noch bevor dieser Charakter komplett ist, hatte ich ihn als Zuschauer ins Herz geschlossen. Gerade bei seiner körperlichen Metamorphose (David Cronenbergs „Die Fliege“ lässt grüßen), sowie den daraus resultierenden Martyrien kann, ja musste ich förmlich mit Wikus mitfiebern und aucxh mitleiden.
„District 9“ bewegt sich beachtlich gut auf mehreren Terrains. Sicherlich, ein eleganter Leisetreter ist der Film nicht. Bullige Symbolik und Logikpatzer machen dem Film zu schaffen, war mir aber bisher immer ziemlich schnuppe. Der Film entfacht nach kürzester Zeit einen atemberaubenden Sog. Vom dokumentarischen Beginn bis zum dröhnenden Finale, alles passt perfekt zusammen und wirkt obendrein nicht wie das bloße Konstrukt eines zusammenkalkulierten Blockbusters. Für mich ist „District 9“ ein wahrer Höhepunkt des Genres, ein moderner Klassiker, der vor allem durch seine Einzigartigkeit besticht und trotz seines enormen Unterhaltungspotenzials noch etwas im Oberstübchen hat und so sicherlich mehr Gehör findet als die diverse stille Arthouse-Dramen, bei denen man immer das Gefühl hat, sie wurden einzig und alleine für eine intellektuelle Elite gefertigt.