Inhalt
Bei einer Auseinandersetzung mit einem Schüler wird der Lehrer Garfield in Brooklyn durch mehrere Messerstiche verletzt. Als er ein Jahr später in Los Angeles die Arbeit wieder aufnimmt zeigt sich hier ein ähnliches Bild: Gewalt gehört im Klassenzimmer langst zur Realität. Doch diesmal ist er entschlossen aggressiven Schülern mit Härte entgegenzutreten.
Kritik
Die Berichte über Schulen, in denen Lehrer von Schülern angegriffen werden und diese sich sogar dafür einsetzen, nur noch bewaffnet das Klassenzimmer zu betreten, reißen nicht ab. Gegenstände fliegen, Bedrohungen gelten als kommunikative Basis und Menschenverachtung ist Alltag. Doch wie soll man den erheblichen Entwicklungsbedarf, der von allen Seiten gefordert wird, realisieren? Wie soll es möglich sein, ein System von innen heraus aufzubessern, wenn sich dieses System schon längst vollständig abgeschafft hat? Elementare Fragen, mit denen sich auch Kevin Reynolds (Robin Hood – König der Diebe) in 187 – Eine tödliche Zahl beschäftigt. Wer jedoch auf konstruktive Lösungsmöglichkeiten hofft, der wird enttäuscht werden, denn die Resignation, mit der nicht nur Außenstehende, sondern auch Sozialarbeiter auf diese sogenannten Brennpunktschulen blickt, spielt in 187 – Eine tödliche Zahl eine nicht unwesentliche Rolle: Vielleicht geht es oft nicht anders, als alle Hoffnung fahren zu lassen.
Samuel L. Jackson (Django Unchained) zeigt sich in der Rolle des Lehrers Trevor Garfield schauspielerisch mal wieder von seiner besten, seiner charismatischsten Seite. Es ist ohnehin unfassbar, wie viele (angeblich filmvertraute) Menschen immer noch dem Glauben anheimfallen, dass Samuel L. Jackson kein guter, respektive seriöser, Darsteller wäre, nur weil die produktive Quantität in seinem Schaffen gegenüber der künstlerischen Qualität Überhand genommen hat. Freilich, Jackson hat sich bereits für viel Schund hergeben (und dementsprechend uninspiriert agiert), doch wenn die Ambitionen des jeweiligen Projekts stimmen, dann darf man durchaus Zeuge eines großen Schauspielers werden. In 187 – Eine tödliche Zahl überzeugt Jackson indes als anfänglicher Idealist, dem jede Begeisterung für seinen Beruf gnadenlos genommen wird, durchgehend. Vor allem zeichnet sich an seiner Persönlichkeit ein emotionaler Verwitterungsprozess auf geistiger Ebene ab, der viele Menschen in diesem Berufszweig befällt: Praxis und Theorie divergieren auf extreme Art und Weise.
Die Schuleinrichtung, in die uns 187 – Eine tödliche Zahl führt, ist ein Ballungsort der Verrohung. Integration und Sozialisierung offenbaren sich hier als ehrbare, aber utopische Ziele. Und mit dem aufmüpfigen Sanchez (Clifton Collins junior, Tigerland) begegnet Garfield alsbald ein Intensivtäter unter den Schülern, mit dem er sich auf einen (privaten) Machtkampf einlässt. Kevin Reynolds weiß um die Aktualität seines Sujets und gestaltet es als stimmungsvolle Bestandsaufnahme, in der deutlich wird, dass der Alltag der Lehrer innerhalb jener sozialer Brennpunkte vor allem daraus besteht, sich einen letzten Funken Selbstachtung und Lebensmut zu erhalten, während die Schüler mit diesen Attribute Zeit ihres niemals in Berührung kommen durften. Dass sich eine ausgiebige Die durch die Hölle gehen-Referenz am Ende als moralisch fragwürdig herausstellt, ist kaum von der Hand zu weisen. Und doch wird auch hier wieder der fehlgeleitet Stolz zweier Männer zum Ausdruck gebracht, die eher sterben, als klein beizugeben.
Fazit
"187 – Eine tödliche Zahl" ist sich seiner soziokulturellen Realität bewusst, möchte aber nicht als Referenzwerk für Sozialarbeit an Brennpunktschulen herangezogen werden. Dafür ist er letzten Endes auch etwas zu plakativ, wenngleich seine Intention nachvollziehbar bleibt. Samuel L. Jackson trägt den Film dabei wunderbar auf seinen Schultern und führt den Zuschauer in eine Welt, in der Machtkämpfe als letztes Kommunikationsinstrument zu gelten scheinen. Eine Welt, in der wir leben.
Autor: Pascal Reis