Inhalt
Hoax ist ein schüchternes Weichei, das regelmäßig von den Bullys an seiner Highschool terrorisiert wird und zuhause unter der Fuchtel seiner fanatisch-religiösen Mutter steht. Lediglich sein cooler Cousin Spike ist ihm zumindest etwas wohlgesonnen. Durch ihn kommt Hoax an die Nummer zu der „Horrorskop“-Hotline 976-Evil, deren Tipps im ersten Moment sehr hilfreich erscheinen, allerdings furchtbare Nebenwirkungen mit sich bringen.
Kritik
Kennt noch jemand Telefon-Hotlines? Nicht die ätzenden, nur aus Warteschleifen bestehenden Service-Nummern, bei denen man mit viel Glück und Geduld irgendwann vielleicht zu einem unfreundlichen, inkompetenten und vermutlich strafversetzten Mitarbeiter durchgestellt wird. Gemeint sind völlig überteuerte und komplett sinnlose „Dienstleitungen“ per Telefon, womit sich vor flächendeckendem Internet und dem Smartphone offenbar eine Menge Geld verdienen ließ. Auch mit einem persönlichen Horoskop…das vom Band kommt. So wie in 976-Evil, der ersten (von zwei) Regiearbeiten von Horrorfilm-Ikone Robert Englund, berühmt geworden durch die Rolle des Kinderschrecks Freddy Krueger in der Nightmare on Elm Street-Reihe. 1988, auf dem Höhepunkt seiner Popularität, versuchte er sich eben auch mal auf der anderen Seite der Kamera und bekam dafür gleich ein Projekt serviert, welches sich wohl kein gestandener Regisseur andrehen ließ.
Im Mittelpunkt stehen die ungleichen Cousins Spike (so heißen coole Typen mit Lederjacke) und Hoax (so heißen auch nur Typen wie er). Während Spike (Patrick O’Bryan, auch beim Sequel noch mit dabei) sich von niemanden etwas sagen lässt und natürlich auch bei den Damen prächtig ankommt, wird Spinnen- und Karo-Pullunder-Freund Hoax (Stephen Geoffreys, Fright Night - Die rabenschwarze Nacht) von jedermann nur ausgelacht, herumgeschubst und noch kleiner gemacht als er ohnehin schon ist. Was sich ändert, als er zum ersten Mal 976-Evil wählt und die Ratschläge seines persönlichen „Horrorskops“ befolgt. Ehe es sich Hoax versieht ergreifen satanische Mächte von ihm besitzt und verwandeln den eierköpfigen Waschlappen in einen dämonischen, blutrünstigen Rächer. Klingt schön doof, ist es auch, nur leider nicht schön. Selbst für 80er-Direct-to-Video-Verhältnisse – als alberne Billig-Horrorfilme wie Pilze aus dem Boden schossen – ist 976-Evil schon ein starkes Stück von Nicht-Qualität.
Wenn überhaupt lässt sich dem Film gnädig anrechnen, dass er sich selbst nicht einen Hauch ernst nimmt, total unbedarft sein Ding durchzieht und irgendwo vielleicht auch einen Anflug von Satire beinhalten möchte, das ist allerdings schon sehr nett durch die VHS-Retro-Brille gezwinkert. Okay, die Masken und Effekte (hauptsächlich in den letzten 20-30 Minuten zu bestaunen) sind für so einen Film gar nicht schlecht, so fair sollte man sein. Alles andere ist nahezu unerträglicher Müll. Die Schuld dafür lässt sich sogar nur bedingt Regie-Amateur Robert Englund in die Schuhe schieben, aus den Voraussetzungen einen brauchbaren Film zu machen wäre ja beinah ein Geniestreich. Obwohl es deutlich besser ist, dass er sein „Hobby“ nicht zum Vollzeitberuf gemacht hat. Lediglich auf die effektreichen Stellen wurde etwas inszenatorischer Wert gelegt, der ausgiebige Rest wirkt wie in einem Abwasch flott durchgedreht. Der gesamte Film besitzt überhaupt keine Spannung, null Atmosphäre, ist hölzern, plump und sogar bei so einer simpel-bescheuerten Anti-Story total umständlich erzählt.
Die Darsteller stolpern führungs- und anspruchslos auf billigstem TV-Sketch-Niveau durch diesen Horror-Cartoon mit zum fremdschämen peinlichen Klamauk-Einlagen, der nebenbei fast gänzlich ohne Filmmusik auskommt. Ab und zu kommt da was, generell wirkt das aber eher, als hätte man die vergessen oder gar nicht als Option in Erwägung gezogen. Man kann ja auch nicht an alles denken, bei voller Konzentration darauf, dass alle im Bild sind und ihren Text aufsagen. Wesentlich bemerkenswerter als die Personalie Englund sind jedoch zwei andere Namen: Oscarpreisträgerin Sandy Dennis (Wer hat Angst vor Virginia Woolf?) blamiert sich als Hoax‘ Mutter bis auf die Knochen (mal wieder ein trauriges Beispiel für den weiblichen Karriereknick bei Faltenbildung) und das Script stammt doch tatsächlich von Brian Helgeland, 9 Jahre später verantwortlich für das brillante (ebenfalls Oscar-prämierte) Drehbuch zu L.A. Confidential. Unfassbar, wie die Existenz bzw. viel mehr die Reanimation dieses Films allgemein.
Fazit
Den drolligen Charme so mancher Genre-Kollegen dieser Tage oder wenigstens einen ganz stumpfen Unterhaltungswert lässt „976-Evil“ an allen Ecken und Enden vermissen. Das ist zu recht verdrängter und eigentlich vergessener Unrat aus dem vermoderten VHS-Keller, der wohl nur aufgrund seines beliebten Regisseurs (der nicht durch diese Tätigkeit zur Legende wurde) und dem aktuellen Trend zur Wiederentdeckung/Rehabilitation einst verbotener und verstoßener Horrorfilme der 80er nun „endlich“ auch in HD eine neue Generation zu Tode langweilen darf. DAS ist der echte Horror dabei.
Autor: Jacko Kunze