Inhalt
Der Kölner Karneval hat viele Gesichter - von aggressiv bis liebevoll. In einer anarchischen Filmsprache nimmt ALAAF YOU den Zuschauer mit auf eine Achterbahn der Gefühle. Das gibt es nur in Köln! Popstar Clueso verkleidet auf der Straße und zu Besuch bei Wolfgang Niedecken, der sein kleines Karnevalsgeheimnis ausplaudert. Reggae-Guru Patrice musiziert mit Jecken. De Höhner im Backstage, die Räuber mit Groupies, Cat Ballou im Tourbus, Kasalla von Fans gefilmt aus der ersten Reihe, Paveier beim Songschreiben, der 1. FC Köln beim Rosenmontagszug...Und dazwischen immer wieder das wilde Treiben auf der Straße, in Clubs und in den Wohnungen. Vereinskarnevalisten zeigen ihren Karneval ebenso wie tausende Feierwütige auf der Straße.
Der erste user-generated Kinofilm über den Kölner Karneval: Die Online-Video-Community alaaf-you.com produzierte mit zahlreichen Videobeiträgen der Nutzer einen Kino-Dokumentarfilm über den Kölner Karneval. Für die kreative Umsetzung und die technische Produktion sorgte ein professionelles Team aus preisgekrönten Filmemachern und Online-Experten. Der damalige Oberbürgermeister der Stadt Köln war Schirmherr, das Festkomitee Kölner Karneval ist ein großer Unterstützer und die Stadt Köln beteiligt sich ebenfalls. Darüber hinaus sind etliche große Kölner Bands mit von der Partie. Alle Bürger der Stadt Köln wurden dazu eingeladen, mit ihren Videobeiträgen rund um den Karneval 2014 zur Entstehung des Films beizutragen.
Kritik
YouTube kann nicht nur Katzenvideos, Life Hacks oder Trailer. Spätestens seit dem Ridley Scott und Kevin MacDonald (Der letzte König von Schottland) ihr Life in a Day-Projekt starteten, welches mittlerweile zig Spin-offs erhalten, darunter auch ein deutsches mit dem Titel Deutschland. Dein Selbstporträt, werden die persönlichen Videos der YT-Community gerne für Dokus eingesetzt. Entweder als Einspieler oder eben wie beim oben genannten Film als gesamter Inhalt.
Für Alaaf You haben die Filmemacher Baris Aladag und Sebastian Fröhlich nun die Videos von hunderten Karnevalisten gesichtet und diese zu einer dokumentarischen Collage zusammengefügt. Herausgekommen ist eine verwackelte Lobhudelei über die jecke Zeit in Köln. Weitestgehend frei von historischen Aufarbeitungen, kritischen Äußerungen zur Uniformität der Fröhlichkeit sowie der Sexualisierung. Alles ist Heiterkeit, gute Stimmung und Spaß. Wen wundert es? Denn die Aufnahmen stammen schließlich von Karnevalisten und Jecken-Fans. Wer sich von Alaaf You also ein differenziertes Bild der rheinländischen Tradition erhofft hatte, wird hier bitterlich enttäuscht.
Als direktes aber auch ungeschöntes Best-Of der jecken Tage funktioniert dieser User generated Film gewiss ganz gut - zumindest für denjenigen die sich für die tollen Tage im Kölner Raum interessieren, bzw. mit diesen bereits in Erfahrung getreten sind. Ansonsten erscheint Alaaf You für einen distanzierten Beobachter eher wie eine wenig ergiebiges Werbevideo, was die Doku letztlich auch ist. Neben der Reklame für die Stadt Köln und ihre Tradition erweist sich der Film auch als gutes Mittel, um dem geneigten Fan auf der zum Film dazugehörigen Website T-Shirts anzudrehen und, so heißt es auf dieser, „das kölsche Lebensgefühl sichtbar und spürbar zu machen“.
Das zeigt an sich ganz gut, dass auch der Karneval und das dazu gehörige Lebensgefühl längst eine Marke, ein Trademark geworden ist.Was die Jecken stolz vor sich her tragen und sich dabei nicht wirklich Gedanken darum machen, dass der Frohsinn auf Befehl auch einen durchaus ambivalenten Charakter hat.
Doch die verwackelten, unkritischen und hin und wieder mit Prominenten (Clueso, Wolfgang Niedecken und Helge Schneider) versehenden Bilder reichen wohl nur dafür aus, um Karnevalsinfizierte mit schwelgender Nostalgie ans letzte Mal erinnern zu lassen, als man selbst mit Freunden, Kölsch und einem Kostüme frierend auf der Straße feierte. Wem das fremd ist, wird durch Alaaf You aber wohl keinen Zugang zu diesem Lebensgefühl haben. Wie auch, wenn vieles gezeigt, aber nichts wirklich erklärt wird?
Fazit
Der Kölner Karneval wird hier weder neu entdeckt, noch für Unwissende erschlossen. „Alaaf You“ ist eine gute gemeinte, aber dennoch wenig ergiebige Collage aus Erlebnissen, die für Jeckenfremde wohl nicht mehr bietet als verwackelte Partybilder. Die Faszination der fünften Jahreszeit, sie wird für Außenstehende auch nach dieser Dokumentation ein Mysterium bleiben.
Autor: Sebastian Groß