Inhalt
Der introvertierte Teenager Pol (Oriol Pla), der mit seinem älteren Bruder Llorenc (Javier Beltrán) zusammenlebt, ist zwar gut mit seinen Mitschülern Laia (Roser Tapias) und Mark (Dimitri Leonidas) befreundet, verbringt seine Freizeit aber am liebsten mit Deerhoof. Deerhoof ist Comic-Fan, Schlagzeuger, ein angenehmer Gesprächspartner – und ein Teddybär! Pol versucht im Laufe der Handlung, sich von seinem plüschigen Gefährten zu lösen; er lernt Ikari (Augustus Prew) – den Neuen an der High School – kennen. Derweil sorgt das Verschwinden der Schülerin Clara (Maria Rodríguez) für Unruhe in der katalanischen Gegend…
Kritik
„Animals“ von Marçal Forés erinnert als düsteres Psychogramm im High-School-Milieu an Richard Kellys Kult-Streifen „Donnie Darko“. Der Eindruck einer Ähnlichkeit wird noch dadurch verstärkt, dass beide Werke verrätselte Momente enthalten, die sich zum Märchenhaften hinneigen – und dass die Filme einige große Stärken teilen: etwa die wunderbare atmosphärische Kraft, die sich aus den bestechenden Bildern und der mit Bedacht ausgewählten Musik ergibt. Ohne Zweifel handelt es sich bei beiden Projekten um Herzensprojekte, in die viel kreative Energie investiert wurde.
Forés beweist im Umgang mit seiner Coming-of-Age-Thematik das nötige filmische Fingerspitzengefühl und hat in Oriol Pla einen Darsteller gefunden, der den Gefühlstaumel des Protagonisten mimisch sowie gestisch beglaubigen kann und den Zuschauer dadurch jederzeit mitfühlen lässt. Die zu spielenden Emotionen reichen dabei von Unsicherheit und Angst, über Faszination und Verliebtheit – bis hin zu Verzweiflung und Todessehnsucht.
Deutlich schwächer agiert leider Augustus Prew als Ikari, sodass die durchaus interessante „I’m crazy, but you like it“-Beziehung zu Pol nicht so gut funktioniert, wie sie könnte und sollte. Prew entwickelt in seinen Auftritten nicht die erforderliche Ausstrahlungskraft, um den von ihm verkörperten enigmatischen Charakter zu einem Faszinosum zu machen. Ein Schlüsselmoment in der Amour fou zwischen Pol und Ikari hat dank der gelungenen Inszenierung dennoch eine ungeheure Wucht.
Roser Tapias, Dimitri Leonidas und die weiteren Schauspieler können in ihren Rollen überzeugen (in einem Nebenpart als Lehrer ist Martin „Der Hobbit“ Freeman zu sehen!); der besondere Reiz von „Animals“ liegt nicht zuletzt in der konfliktreichen, Anton-Tschechow-würdigen Figurenkonstellation: A liebt B liebt C liebt nur sich selbst.
Ein großer Bonus des Werks ist selbstverständlich der nach einer Indie-Rock-Band benannte Teddy, der – trotz Roboterstimme – nichts Unheimliches an sich hat und weit entfernt von Seth MacFarlanes obszönem „Ted“ ist. Rasch gewinnt Deerhoof mit seiner Empathie und seinen klugen Äußerungen das Herz des Zuschauers, wodurch Pols enge Bindung zu ihm stets begreifbar ist. Wie schade, dass es zu Arthouse-Movies keine Merchandising-Produkte gibt!
Fazit
Ein Jugendfilm mit experimenteller Note, der in großartigen Bildern und Tönen vom Ende der Kindheit, von Freundschaft und erster Liebe erzählt. Der Plüschbär hat etwas unbestreitbar Liebenswertes!
Autor: Andreas Köhnemann