"Ich bin Engländer." - "Oh, das tut mir leid." - "Nichts passiert."
Wenn wir an James Bond denken, dann kommt uns die chevalereske Erscheinung eines attraktiven, kultivierten und mit der Aura des Mysteriösen umgebenen Mannes in den Sinn, der nicht nur die Lizenz zum Töten, sondern auch die Pflicht zum Verführen mit sich bringt. Austin Powers (Mike Myers, Bohemian Rhapsody) ist ebenfalls der beste Mann des Secret Service, folgt äußerlich jedoch ganz anderen Schönheitsidealen: Mit schwarzgeränderten, hervorstehenden Zähnen, durch das Oberteil wallendes Brusthaar und Hornbrille ist er der Gegenentwurf der ikonischen Doppelnull – und hat sich dennoch einen Platz in der Populärkultur sowie den Herzen der Frauen gesichert. Und dass dieser Spion, der nach eigenen Aussage das Schärfste ist, was Ihre Majestität aufzubieten hat, zu einer echten Kultfigur avancieren konnte, liegt natürlich am hinreißenden Auftritt seines Hauptdarstellers.
Mike Myers, der immer schon dann am besten war, wenn er sich selber dafür verantwortlich zeichnete, sich die Rollen zurecht zu schneiden (wie auch in Wayne's World), hat mit Austin Powers einen Helden des parodistischen Kinos geschaffen, der es ganz wunderbar versteht, sich zotig zu geben, aber niemals wirklich geschmacklos zu sein. Der seine unersättliche Libido zum Gegenstand eines jeden Gesprächs macht, aber den Tanz auf der Rasierklinge immer mit charmanten Ausfallschritten korrigiert, sollte seine penetrante Freie-Liebe-Mentalität mal wieder etwas zu sehr Überhand gewinnen. Mit dem hier debütierenden Regisseur Jay Roach (Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich) kann sich Myers zudem auf einen Filmemacher verlassen, der es bisweilen fast schon überraschend präzise beherrscht, mit dem flamboyanten Wesen seines Protagonisten umzugehen.
Denn wenn Austin Powers etwas ist, dann wohl eine herrlich hemmungslose Zurschaustellung männlicher Komplexe, was sowohl auf den dauergeilen Austin Powers zutrifft, wie auch seinen Erzfeind, Dr. Evil (ebenfalls Mike Myers), der nach dreißig Jahren Kälteschlaf immer noch darauf versessen ist, der alleinige Big Boy im Verbrechergeschäft zu sein. Wo es dem Film zu Anfang noch in beachtlicher Detailliebe gelingt, den Groove der Swinging Sixties aufleben zu lassen, um damit simultan zu unterstreichen, dass es sich bei Austin Powers nicht nur um eine salopp aus der Hüfte geschossene James-Bond-Persiflage handelt, sondern auch eine mit aufwändigem, durchdachten Dekor auftretende Hommage, entfaltet sich das Abenteuer um die Jagd auf Dr. Evil erst im damals gegenwärtigen Jahre 1997. Und zweifelsohne: Wenn dieser liebenswerte Nonsense etwas besitzt, dann den Funk im Blut.
Natürlich aber gehört die Bühne hier ganz und gar dem unsagbar spielfreudigen Mike Myers, der sowohl als Austin Powers wie auch dessen Nemesis Dr. Evil zwei denkwürdige Performances hinlegt und dabei einen fast schon entwaffnenden Mut zur Hässlichkeit an den Tag legt. Jay Roach spannt das kunterbunte Duell zweier aus der Zeit gefallenen Exzentriker dabei in einen liebevollen Bilderbogen, der sich nicht nur durch das kontinuierliche Konterkarieren wie Demontieren von klassischen Erzählkonventionen des James-Bond-Universums als unheimlich amüsant erweist, sondern auch aufgrund seiner inszenatorischen, mit unzähligen Zitaten gespickten Hingabe gleichwohl die Lust und Laune weckt, sich erneut in die Welt von James Bond zu begeben – in diesem Fall dürfen sich natürlich vorrangig Sean Connery und Roger Moore angesprochen fühlen. An Leidenschaft jedenfalls mangelt es Austin Powers zu keiner Zeit.