5.8

MB-Kritik

BAC Nord – Bollwerk gegen das Verbrechen 2020

Crime, Thriller

5.8

Gilles Lellouche
François Civil
Karim Leklou
Adèle Exarchopoulos
Kenza Fortas
Cyril Lecomte
Michaël Abiteboul
Idir Azougli
Vincent Darmuzey
Jean-Yves Berteloot
Kaïs Amsis
Foued Nabba
Abdellah Khoulalene
Jacques Kounta
Rachelle Casseus
Sarah Chaumette

Inhalt

Die drei Polizisten Greg, Antoine und Yass machen in den Straßen von Marseille Jagd auf kleinkriminelle Dealer, Hehler und Diebe, das Übel an der Wurzel können sie jedoch nicht packen. Dafür müssten sie die Banden im Ghetto hochgehen lassen, in dem die Polizei jedoch völlig abgemeldet ist. Da sie auf legalem Wege nicht mehr weiterkommen, greifen sie zu unorthodoxen Methoden.

Kritik

Bereits 2014 schilderte Regisseur & Autor Cédric Jimenez mit Der Unbestechliche – Mörderisches Marseille den Kampf gegen das organisierte Verbrechen in der Metropole an der Côte d’Azur, damals allerdings angesiedelt in den 1970er Jahren und von höherer Ebene aus. Bei seinem neuesten Werk BAC Nord – Bollwerk gegen das Verbrechen - der bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes außerhalb des Wettbewerbs gezeigt wurde und jetzt seinen Weg zu uns via Netflix findet – geht er direkt auf die Straßen im Hier und Jetzt (mehr oder weniger: Da auf einem wahren Fall basierend ist die Handlung im Jahr 2012 angesiedelt). Greg (Gilles Lellouche, Mea Culpa – Im Auge des Verbrechens), Antoine (François Civil, Katakomben) und Yass (Karim Leklou, Ein Prophet) sind ein eingeschworenes Trio, ihr täglicher Kampf gegen die Kriminalität gleicht aber dem gegen Windmühlen. Zwar sacken sie täglich irgendwelche unwichtigen Kleinkriminelle ein und erfüllen damit ihre Verhaftungsquote, mit der ihr Vorgesetzter das Soll der Einheit nach oben erfüllt. Doch damit kommen sie noch nicht mal in die Nähe des eigentlichen Problems.

Die dicken Fische sitzen in den Problemvierteln abseits der malerischen Promenaden, in den heruntergekommenen Hochhausblocks des Ghettos. An dessen Grenze endet inoffiziell der lange Arm des Gesetzes. Die Gangs haben sich verschanzt wie in einem Ford, haben sich ein Refugium des rechtfreien Raums geschaffen. Ohne Konsequenzen fürchten zu müssen verweigern sie der Polizei den Zutritt in ihr Revier, in dem offen auf der Straße gedealt wird und Bandenmitglieder wie schwer bewaffnete Partisanen patrouillieren. Die Justiz hat davor kapituliert, offenbar in der Hoffnung, das Problem wird sich wie durch ein Wunder von selbst lösen. Für die Beamten an der Front Tag für Tag ein frustrierendes Erlebnis. Als durch ein Video im Netz die Problematik deutlich an die Öffentlichkeit tritt, sieht man sich von den Schreibtischen aus zum Handeln gezwungen. Ein prestigeträchtiges Exemple soll statuiert werden. Um das umsetzen zu können, müssen Greg und seine Kollegen zu Methoden abseits der Dienstvorschrift greifen. Ihr Vorgesetzter sieht um des Erfolges Willen weg und der riskante Weg scheint sich auszuzahlen. Doch als ihr Handeln Konsequenzen nach sich zieht, will natürlich niemand etwas davon gewusst haben.

Cédric Jimenez verpasst bei BAC Nord – Bollwerk gegen das Verbrechen gleich mehrere Chancen. Die auf einem wahren Fall beruhende Geschichte verfügt über genügend Potenzial um das längst bekannte und schon vielerorts thematisierte Problem der französischen Gesellschaft in ihren Brennpunkten kritisch und aufrüttelnd zu hinterfragen, was ja durchaus im Verbund mit Genre-affinen Methoden einhergehen kann. Ein perfektes Beispiel dafür lieferte zuletzt erst der hervorragende Die Wütenden – Les misérables. An so was muss sich dieses Projekt zwangsläufig messen lassen und kann im direkten Vergleich nur als weder Fisch noch Fleisch bezeichnet werden. Ob hier mehr das Genre oder der Anspruch bedient werden sollen ist gar nicht ersichtlich, da man durchgehend ziemlich halbgar zwischen den Stühlen baumelt und nichts wirklich befriedigend arrangiert. Der Film verfügt durchaus über ein paar für sich gelungene Momente, ist handwerklich ansprechend umgesetzt und ziemlich gut gespielt, nur bleibt er am Ende irgendwie sonderbar banal. Er sieht recht gut aus, aber fühlt sich durchwegs beliebig substituierbar an. Wie eine interessante Hülle, in der noch reichlich Platz wäre, doch stattdessen begnügt man sich mit einer halbwegs soliden Mindestmenge ohne großartige Wirkung.

Fazit

Schon wieder so ein Netflix-Film, der vielversprechend aussieht, bei dem am Ende jedoch schon recht ersichtlich wird, warum er keine größere Bühne bekommt. Trotz guter Ansätze und Darsteller erweist sich „BAC Nord – Bollwerk gegen das Verbrechen“ in keinerlei Hinsicht als echte Bereicherung in einem Themenkomplex, der enorm viel Brisanz anbietet und darin schon einige sehr sehenswerte Filme hervorgebracht hat. Darunter fällt dieser wenigstens sichtlich bemühte Beitrag leider nicht.

Autor: Jacko Kunze
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