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Inhalt

"Nach einer Wahren Geschichte" erzählt von der zurückhaltenden Pariser Autorin Delphine, deren letzter sehr persönlicher Roman über ihre Mutter zu einem Bestseller wurde. Erschöpft von unzähligen Anfragen und ihren schmerzhaften Erinnerungen aus der Vergangenheit, wird sie auch noch von anonymen Briefen heimgesucht, die sie beschuldigen, ihre Familie verraten zu haben. Delphine ist festgefahren und geradezu paralysiert von der Idee wieder schreiben zu müssen. Doch dann begegnet sie der mysteriösen wie selbstsicheren Elle. Delphine ist sofort angetan von ihr. Während sie sich Elle gegenüber immer mehr öffnet und sie sogar bei sich einziehen lässt, übernimmt diese scheinbar selbstlos die Aufgaben der überforderten Autorin. Als Delphine feststellt, wie ähnlich Elle ihr geworden ist und ihr die eigene Identität zu entgleiten droht, befindet sie sich bereits in großer Gefahr...
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Künstler schaffen Kunst über Künstler- Das kommt oft vor und fällt häufig unheimlich selbstgefällig, eitel und elitär aus. Und erfolgreiche Künstler stellen in gewisserweise auch eine eigene berufliche, finanzielle oder soziale Elite dar: Durch ihren öffentlichen Einfluss können sie viel Anerkennung generieren, müssen aber auch mit der öffentlichen Kritik leben können.  Das Kommunikationsproblem, das diesen Filmen oftmals zugrunde liegt, ist ein ganz Natürliches. Eine Elite erzählt über die Probleme einer Elite und damit über Probleme, die für die Allgemeinheit (also uns Zuschauer) nicht zwingend greifbar sind.  Wenn Roman Polanski (Der Gott des Gemetzels) seine Protagonistin Delphine (Emmanuelle Seigner, Venus im Pelz) gelangweilt die Bücher signieren lässt, während die Bewunderer die größte Anerkennung bekunden, wirkt das auf uns im ersten Moment befremdlich, stellt aber wunderbar ein zugrunde liegendes Kommunikationsproblem dar: Die Autorin Delphine hat nicht die Bindung zu dem Leser aufgebaut, die der Leser zu ihr aufgebaut hat. Der Leser erscheint nur als Teil der Leserschaft, der sie zwar zum Dank verpflichtet ist, die für sie dennoch gesichtlos erscheint. 

Erst wenn mit Elle (Eva Green, Penny Dreadful) eine Figur auftritt, die in irgendeiner Form ein Teil von ihr zu sein scheint, entwickelt Delphine ein Interesse. Es ist verständlich, wenn sich der Zuschauer an dieser scheinbaren Arroganz stört, es ist jedoch umso löblicher und mutiger, dass Polanski hier in der Darstellung authentisch bleibt und Delphine zu einem echten Charakter avancieren lässt. Das, was wir tagtäglich in Interviews vorgespielt bekommen, ist letztlich nicht die Realität, sondern das wahre Schauspiel, was sich recht schnell durchblicken lässt. Demzufolge lässt es Delphine bei näherer Betrachtung sogar unheimlich sympathisch wirken, wenn sie zwar höflich aber trotzdem zurückhaltend und nicht überschwänglich emotional auf ihre Leserschaft reagiert. 

Es würde jedoch nicht verwundern, wenn dieser Film nach Kinostart schlechte Resonanz ernten wird, da man mit einem schlechten Gefühl aus dem Kino tritt. Nach einer wahren Geschichte lässt den Zuschauer nämlich nicht partizipieren, nimmt ihn nicht in den inneren elitären Kreis auf, und sowas sehen Zuschauer oft gar nicht gerne. Daran werden gleich zwei bedenkliche gesellschaftliche Trends deutlich: Zum einen der individualistische Drang nach Identifikation. Viele wollen sich in irgendeiner Form auf der Leinwand wiedererkennen, wollen sich mit der Rolle identifizieren können. Der Abstand zur Kunst wird nicht mehr gewahrt, stattdessen wird sie mit dem eigenen Privatleben vermengt. 

Aus diesem Verhalten entspringt der zweite bedenkliche Trend, den man als einen Mangel an Empathie charakterisieren kann. Ein wahres Empathievermögen zeichnet sich letztlich nicht durch das Einfinden in naheliegende gesellschaftliche Rolle, sondern durch das Einfinden in fernliegende gesellschaftliche Rollen aus. Wenn man das anhand sozialer Schichten veranschaulichen möchte, bedeutet das grob gesagt, dass wir nicht nur der Unter- oder Mittelschicht, sondern auch der Oberschicht gegenüber empathisch bleiben sollten. So auch dem Einzelfall des Künstlers gegenüber, der ein Phänomen an sich zu sein scheint, da er ein ganz eigenes Berufsverständnis hat, das der Film wunderbar herausarbeitet. Als Künstler geht es in erster Linie um die Verwirklichung der eigenen Visionen und damit ein Stück weit auch der eigenen Identität, weswegen sich das Selbstverständnis eines Künstlers von anderen Berufen abgrenzt. 

Wir müssen - selbst wenn uns das fern scheint- auch Empathie für einen Manager oder einen finanziell erfolgreichen Künstler haben. Wir dürfen von letzerem nicht nur Demut und Dankbarkeit erwarten, sondern müssen uns auch in das Desinteresse, in die empfundene Banalität der Konsumenten hineindenken. Es geht Delphine in erster Linie nicht darum, was andere in ihrem Werk sehen, wie es rezipiert wird, sondern um ihr neuestes Werk. Sie befindet sich auf der Jagd nach der Vision, die sie selbst verwirklichen wird und blickt gleichzeitig der Erwartung der Leser entgegen. Sie steht vor einem Konflikt:Tut sie das "Richtige" oder das "Gute"? Das "Richtige" erscheint logisch und verfolgt ein gewinnmaximierendes Prinzip, in dem sie das richtige Buch für ihre Leser schreibt, das Adressat steht hierbei im Vordergrund. Wahre Kunst - das versteht der Zuschauer anhand von Elle sehr gut- ist jedoch viel mehr als nur Dienstleistung, Kunst ist abstrakt und selbstverwirklichend, frech und nicht zu zügeln. Das "Gute" wäre also wirklich das eigene Buch, losgelöst von der Aussicht auf Erfolg oder von der Verantwortung. 

Das Provokanteste und gleichzeitig Genialste an Polanskis Werk ist der Aufruf zur Verantwortungslosigkeit. Elle lehrt Delphine in einer turbulente Freundschaft, dass sie keine Verantwortung hat, dass sich die Kunst jeglicher Verantwortung entzieht. Ihre künstlerisches Schaffen soll sich nicht auf die Konsumenten konzentrieren, sondern auf die Verwirklichung jedes Werkes als ein Unikat.  Mit dieser rauen Ehrlichkeit verärgert nicht nur Elle ihre gute Freundin Delphine im ersten Moment, sondern auch der Film uns Zuschauer. Unsere Aufgabe ist es dann, uns von dieser Verärgerung loszureißen, und den Film als Kunst und nicht als Objekt der Identifizierung und damit als Produkt oder gar Dienstleister zu betrachten. Wir dürfen von Delphine nicht ausschließlich Demut erwarten, wir müssen sie als die Künstlerin nehmen, die sie ist. 

Fazit

"Nach einer wahren Geschichte" ist ignorant, kühl, elitär - und das ist auch gut so.

Kritik: Maximilian Knade

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