Inhalt
Der Polizist Blochin ist zerfressen von dem Wunsch nach Rache für den brutalen Mord an seiner Tochter. Nach zwei Jahren findet er endlich eine Möglichkeit, den Mörder Kyrill nach Berlin zu locken. Dazu nimmt er dessen Geliebte Pheline als Geisel gefangen. Kurz darauf wird Pheline erschossen aufgefunden. Blochin und sein Vorgesetzter Dominik stehen jetzt unter Mordverdacht und werden von der Internen Ermittlung festgesetzt. Ein Katz-und Maus-Spiel mit den Kollegen beginnt. Es geht in den Verhören jedoch um mehr als um die Aufklärung des Mordes an Pheline. Blochin und Dominik müssen alles daran setzen, dass nicht auch ihre früheren Machenschaften ans Tageslicht kommen. Gleichzeitig wird der schwer verletzte Blochin zunehmend von alptraumhaften Erinnerungen geplagt, die sich nach und nach zu einem verstörenden Puzzle zusammensetzen.Schließlich ist es Dominik, der Blochins Rache zu Ende bringen will. Sie wird viele unschuldige Opfer fordern, bevor Blochin endlich erfährt, wer er wirklich ist und auf welch schicksalhafte Weise er mit Kyrill verbunden ist …
Kritik
Ganze fünf Millionen Euro standen Regisseur Matthias Glasner (Der freie Wille) zur Verfügung, um die Mini-Serie Blochin – Die Lebenden und die Toten in Szene zu setzen. Und tatsächlich hat sich das Format durch einen ungemein hochwertigen Gestaltungswillen ausgezeichnet, welcher sich unverkennbar an renommierten Vorbildern aus Amerika wie Breaking Bad, The Shield oder Homeland orientiert hat. Genau diese formalen Qualitäten aber wurden im Umkehrschluss zum Problem der ersten fünf Episoden: Blochin – Die Lebenden und die Toten war ein stimmungsvolles, aber letzten Endes vor allem oberflächliches Vergnügen. Die rustikale Kurzweil, für die Glasner und sein Hauptdarsteller Jürgen Vogel (Stereo) hier mit geballter Faust und blauen Augen einstanden, aber hat es durchaus rechtfertigen können, dass das Interesse des Zuschauers am Ausgang der Serie nicht in Gänze abflacht.
Für eine zweite Staffel sollte es dann jedoch nicht mehr reichen. Nicht nur die Kritiken wurden von den anfänglichen Lobeshymnen nach und nach von durchwachsenen Stimmen eingeholt, auch die Einschaltquoten stellten das ZDF nicht wirklich zufrieden. Anstatt weiterer Episoden ist aus Blochin – Das letzte Kapitel nun ein abendfüllender Spielfilm geworden, der innerhalb von einer Laufzeit von 110 Minuten alle Mysterien auflösen soll, die Blochin – Die Lebenden und die Toten hinterlassen hat. Vor allem ist es natürlich der Rachefeldzug von Blochin, der geschworen hat, sogar die Welt in Brand zu stecken, um den Tod seiner Tochter zu rächen. Der kaltblütige Mord wurde vom Kyrill (Alexander Scheer, Gundermann) ausgeübt, dem Handlanger des russischen Waffenhändlers Shukshin (Rainer Bock, Inglourious Basterds), dessen Kontakte bis in die obersten Regierungsinstanzen reichen.
Blochin – Das letzte Kapitel dampft den Themenkomplex rundum den korrupten Polizeiapparat und die Intrigen, die sich auf bundespolitischer Ebene wiedergeben, auf ein krampfhaft-bedeutungshuberisches Geplänkel um Rache, Schuld und Vergebung ein. Blochin, der schon in der Serie eine aus Todessehnsucht und Hilflosigkeit entstandene Reißbrettfigur war, wird hier endgültig zur belanglosen Karikatur erklärt. Zwar wird Licht in seine traumatische Vergangenheit gebracht, Matthias Glasner aber greift dabei auf sagenhaft hözerne Kischees zurück, die diesen ohnehin schon reichlich eindimensionalen Protagonisten endgültig an die Allgemeinplätze der Vulgärpsychologie verfüttern. Und genau diese Plattitüdenhaftigkeit überträgt sich auf den gesamten Film, der stetig beabsichtigt, hartes Genrekino aus Deutschland zu repräsentieren, es aber nicht vollbringt, Kraft und Tiefe aus seinem von archaischen Emotionen durchwanderten Inhalt zu destillieren.
Der aufgrund seiner permanenten Bemühtheit in Pseudo-Komplexität erstarrende Blochin – Das letzte Kapitel funktioniert nur dann, wenn man ihn als stilistische Fingerübung begreifen möchte. Matthias Glasner ist ein hochgradig talentierter Regisseur, was er auch in diesem Fall unter Beweis stellen darf, wenn er in Berlin regelrecht Weltuntergangsstimmung aufziehen lässt: Dauerregen, ausgeblichene Farben, allgegenwärtige Düsternis. Per se weiß Blochin – Das letzte Kapitel inszenatorisch zu gefallen, das Gesamtbild aber zeigt hier keinen atmosphärischen Rachefeldzug, sondern einen konfus arrangierten, durch seinen heiligen Ernst immerzu ins Lächerliche ausschlagenden Kriminal-Reißer, der sich vollkommen daran verhebt, Blochins Leidensweg zu einem stimmigen Ende zu bringen. Selbst der hochkarätige Cast, zu dem neben Jürgen Vogel erneut auch Thomas Heinze (Der Wixxer) zählt, weiß nichts mit seinen unterentwickelten Figuren anzustellen – ihnen bleibt nur das Chargieren.
Fazit
Sicherlich hatte die Serie bereits mit vielen Mängeln zu kämpfen, allerdings konnten sich die fünf Episoden durch eine stimmungsvolle Inszenierung und gute Schauspieler auszeichnen. In "Blochin – Das letzte Kapitel" zeigt sich nun, wie gewollt, aber kaum gekonnt das Format eigentlich ist: Ein fahrlässiges, pseudo-komplexes Drehbuch sorgt dafür, dass sich Matthias Glasner nur auf das Visuelle konzentriert, was den Inhalt mehr und mehr in Richtung lächerlicher, pseudo-komplexer Kriminal-Kolportage ausschlagen lässt. Nicht einmal die hochkarätige Darsteller wissen den Karren hier aus dem Dreck zu ziehen.
Autor: Pascal Reis