Inhalt
Bürgerkrieg in Sierra Leone: Fischer Vandy wird entführt und wie viele andere zur Zwangsarbeit in Diamantminen gezwungen. Er findet einen ganz seltenen roten Rohdiamanten und versteckt diesen. Söldner und Schmuggler Archer erfährt davon und bricht mit der Journalistin Bowen auf, um nach Vandy zu suchen. Sie finden ihn, aber während Vandy mit dem Diamanten seine Familie retten will, hat Archer damit ganz andere Absichten.
Kritik
Wenn man über einen Film spricht und dabei erst einmal auf dessen ehrenwerte Absichten verweisen muss, hat das zumeist nichts wirklich Gutes zu bedeuten. Ein adäquates Beispiel dafür ist Steven Spielbergs Oscar-Erfolg Schindlers Liste mit Liam Neeson, der den Schrecken des Holocaust den Mechanismen des Kommerzkinos unterordnet, mit dieser Strategie aber ein Massenpublikum für ein hochgradig bedeutungsvolles Thema sensibilisieren konnte. Schindlers Liste hat maßgeblich dazu beigetragen, den historischen Komplex rundum die Judenverfolgung im zweiten Weltkrieg in der Mitte des öffentlichen Bewusstseins zu platzieren. Ein recht ähnlicher Effekt lässt sich auch bei Blood Diamond von Edward Zwick (The Last Samurai) erkennen: Wirklich geschmackvoll ist die Auseinandersetzung mit dem Bürgerkrieg in Sierra Leone hier nicht immer, die damit einhergehende Breitenwirkung allerdings darf nicht unbeachtet bleiben.
Edward Zwicks stoffliche Dichte in Blood Diamond ist gewaltig: Er möchte nicht nur auf die Verheerungen des Bürgerkrieges blicken, der das Land als ein zerrissenes und bitterarmes zurückgelassen hat. Ihm geht es auch darum, die mafiösen Strukturen des Diamantenhandels aufzuzeigen, mit dem militant-marodierende Rebellenarmeen (hier die Revolutionary United Front) ihre Waffenlieferungen finanzierten, um damit gleichwohl den internationalen Edelsteinhandel daran profitieren zu lassen. Zu leiden hat darunter die Zivilbevölkerung, in diesem Fall Solomon Vandy (Djimon Hounsou, Die vier Federn) und seine Liebsten, die von der R.U.F. aus ihrem Dorf vertrieben und zu Flüchtlingen gemacht wurden. Solomons Frau und seine beiden Töchter landen in einem Auffangbecken für Vertriebene, sein Sohn wird zum Kindersoldaten ausgebildet. Ausgerechnet ein Blutdiamant, die Währung des Krieges, kann ihn und seine Familie noch retten.
Natürlich gibt es noch weitere Gruppierungen, die in diesem heillosen Chaos mitmischen, etwa die stetig wechselnden Regierungstruppen, amerikanische Journalisten (hier angeführt von Jennifer Connelly, Little Children) – oder ehemalige Söldner wie Danny Archer (Leonardo DiCaprio, The Wolf of Wall Street). Dieser hat einst im Namen des Büffel-Bataillon in Angola gekämpft, inzwischen aber treibt ihn nur noch die Absicht an, Afrika, diesen gottverlassenen Kontinent, endlich zu verlassen. Was könnte ihm am ehesten dabei helfen? Richtig, ein Blut- respektive Konfliktdiamant. Am besten genau jener, den Solomon während seiner Arbeit in einer Diamantenmine findet und am Rande dieser vergrabt: 100 Karat, groß wie ein Vogelei, von purer Beschaffenheit. Jackpot. Und wie es das Schicksal eben so will, laufen sich Solomon und Danny alsbald über den Weg, um eine Zweckgemeinschaft zu bilden.
In Blood Diamond kann Edward Zwick wieder einmal unter Beweis stellen, welch bildgewaltiger, immerzu ins Epische hineingreifender Filmemacher er doch ist: Nicht nur weiß er sich kaum an den pittoresken Landschaftsaufnahmen Afrikas sattzusehen, er lädt diese dritte Welt auch gerne mit mythologischer Kraft auf, wenn er die Charaktere über die Bedeutung der roten Erde sinnieren lässt. Die edlen, kraftvollen Fotografien von Eduardo Serra aber irritieren bisweilen, wenn sie im stetigen Wechsel mit der unermesslichen Gewalt des Bürgerkrieges dargeboten werden. Hier werden Körper durch Macheten verstümmelt, von Maschinengewehrsalven durchsiebt oder von Granaten in Fetzen gerissen. Diese formvollendete Ästhetik des Grauens besitzt unweigerlich etwas Ausbeuterisches. Man darf Blood Diamond seine überdeutlichen und grundlegend richtigen Ambitionen zwar nicht aberkennen, die inszenatorischen Mittel aber müssen durchaus hinterfragt werden.
Letztlich aber darf man ebenfalls nicht außer Acht lassen, dass es sich bei Blood Diamond um eine Hollywoodproduktion handelt: Die Aufklärungsarbeit, die hier betrieben wird, ist damit entweder belehrend, manipulativ oder als moralischer, für Empörung und Betroffenheit sorgender Anstoß exakt in die Spannungsdramaturgie eingearbeitet. Das klingt nun jedoch alles schlimmer, als es letzten Endes wirklich ist, denn wenn sich Blood Diamond auf etwas verlassen kann, dann sind es seine hochkarätigen Schauspieler. Natürlich gibt Leonardo DiCaprio hier einen weißen Retter (mit afrikanischen Wurzeln, immerhin), seine mitreißende Performance ungeachtet dessen ist ebenso famos wie Djimon Hounsous kraftvoller Auftritt. Als handwerklich formidables, brutales Abenteuerkino weiß Blood Diamond zu überzeugen, mag er auch etwas zu lang geraten sein und gerade gegen Ende in Sachen Melodramatik etwas zu energisch auf den Putz hauen.
Fazit
"Blood Diamond" besitzt die obligatorischen Krankheiten wie jede Produktion aus Hollywood, die gleichermaßen Aufklärung wie Unterhaltung unter einen Hut bringen möchte. Und auch wenn "Blood Diamond" oftmals so wirkt, als wenn er seinen Hang zur Exploitation hinter einem klaren Bildungsanspruch verschleiern wollte, so hat Edward Zwick es hier dennoch geschafft, einem Massenpublikum ein wichtiges Thema näherzubringen. Die Mittel, die dafür verwendet wurden, sind sicherlich diskutabel, als handwerklich erstklassiges und schauspielerisch herausragendes Abenteuerkino funktioniert "Blood Diamond" aber fraglos. Trotz seiner Probleme.
Autor: Pascal Reis