Inhalt
Eigentlich sollte es der große Tag von Rob Becker werden. Schon als Kind wollte der erfolglose Autoverkäufer unbedingt Comedian werden und nun hat er beim Openmic Abend des lokalen Comedyclubs endlich die Chance, sich zu beweisen. Das perfekte Thema für sein Programm hat er auch schon parat: Vor kurzem ist Rob nämlich der Caveman – sein imaginärer Freund aus der Steinzeit – begegnet. Seitdem tauscht Rob sich oft und gern mit diesem altersweisen Höhlenmenschen aus und glaubt, dank seines Alter Egos endlich den Unterschied zwischen Männern und Frauen, den Jägern und Sammlerinnen besser verstehen zu können. Doch es gibt da ein Problem – und das heißt Claudia Müller und ist mit Rob verheiratet. Nachdem ihn Claudia im Streit und nur 15 Minuten vor seinem großen Auftritt verlassen hat, schleppt Rob sich auf die Bühne und ändert spontan sein Programm. Er erklärt dem Publikum die Unvereinbarkeit von Frauen und Idioten. Der moderne Mann, meint Rob, ist in der modernen Welt gescheitert. Er nimmt die Zuschauer mit auf einen wilden und witzigen Ritt durch seine Beziehung – vom ersten Zusammentreffen mit Claudia bis zur Trennung. Am Ende soll das Publikum entscheiden: Ist Rob wirklich der Vollidiot in dieser Beziehung oder vielleicht doch nicht?
Kritik
Weil Frauen anscheinend immer noch von der Venus sind und Männer stetig beim Zuhören scheitern, bleibt es dabei: Die anscheinend unüberbrückbaren Differenzen der Geschlechter füllen immer noch Bühnen, Shows, Bücher und Leinwände. Es wäre nicht einmal falsch zu behaupten, dass sich eine ganze (Unterhaltungs-) Industrie an der Thematik sehr erfolgreich abarbeitet. Nicht unbedingt, was Konsens und Ergebnis angeht, sondern mehr im Bereich der Wirtschaftlichkeit. Nach dem Regisseurin Laura Lackmann mit ihrem wunderbaren Zwei im falschen Film einst eine gleichsam lebensnahe wie aber auch liebenswert verspielte Beziehungskomödie ablieferte, die leider nicht die verdiente Beachtung bekam, kehrt sie nun nach langer Wartezeit, Schuld waren coronabedingte Verschiebungen, wieder auf die große Leinwand zurück. Mitgebracht hat sie uns den Caveman.
Nicht nur inszenierte sie die Komödie, sie ist auch für das Drehbuch verantwortlich, welches auf Rob Beckers Monodrama Defending the Caveman basiert. Eine extrem erfolgreiche Melange aus Theaterstück, Stand-Up-Comedy und zu gewissen Teilen auch Lebensberatung, welches seit der Premiere im Jahre 1991 mehr als acht Millionen Zuschauer*innen vor diverse Bühne der Welt lockte und seit 1995 ununterbrochen auf dem legendären New Yorker Broadway aufgeführt wird. Bei Lackmann ist es Moritz Bleibtreu (Nur Gott kann mich richten) als Autoverkäufer und angehender Komiker Bobby, der nach sieben Jahren Ehe Claudia (gespielt von Laura Tonke, die mit Lackmann bereits Zwei im falschen Film sowie Mängelexemplar drehte) kurz vor dem Aus der Partnerschaft steht und bei einer Open Mic Night dem anwesenden Publikum nicht nur sein Leid klagt, sondern auch von den Anfängen der Liebe zwischen sich und Claudia erzählt.
Ähnlich wie etwa bei High Fidelity durchbricht Bleibtreu immer wieder die vierte Wand, changiert zwischen mal schamvoller, mal protziger Aufrichtigkeit und ist trotz der Fähigkeit, zumindest den rudimentären Versuch zu unternehmen, auch mal abseits von seiner Perspektive Situationen zu erfassen, in Maßen unsympathisch. Was aber durchaus eine Stärke der Komödie ist, die zwar relativ stur klassische Befindlichkeiten des Geschlechterkonflikts angeht, dabei aber durchaus amüsante Momente zutage fördert. Momente, die nicht nur die Absurdität beziehungstechnischer Befindlichkeiten präsentieren, sondern auch die teils bizarren Peripherien, die diese mit sich führen, wie z.B. eine Handy-App für Fellatio.
Caveman ist heruntergebrochen auf seine Einzelteile wirklich nichts Neues. Wie Laura Lackmann diese Parts aber miteinander kombiniert und dank netter sowie durchaus auch mal pfiffiger Montage zusammenführt, gibt dem eher handelsüblichen Gericht aber eine frisch wirkende Würzung. Gepaart mit dem wirklich starken Ensemble, bei dem zugegebenermaßen ein paar Gastauftritte eher gewöhnungsbedürftig als überzeugend ausgefallen sind, ergibt das in Gänze einen kurzweiligen Unterhaltungsfilm. Der sich allerdings seiner Angehörigkeit innerhalb der Welt der (ausgelutschten) Klischees sehr wohl bewusst ist und gerne auch damit spielt. Hätte das noch etwas schärfer ausfallen sollen? Es wäre zumindest nicht schädlich gewesen. Im Vergleich zu hiesigen Komödien von ähnlichem Kaliber ist der Höhlenmensch, trotz mäßiger Mammut-Witze, aber wirklich ein amüsanter und schön geschliffener Vertreter der Frage, warum Frauen nicht einparken können und Männer vom Pluto sind – oder so ähnlich.
Fazit
"Caveman" klingt auf dem Papier nach dem nächsten kaum auszuhaltenden Vertreter deutscher Beziehungskomödien, in denen munter die handelsüblichen Geschlechterklischees zum Aderlass gebeten werden. Mag diese Befürchtung auch teilweise eingehalten werden, so ist Laura Lackmanns Film dann doch zu vergnüglich und vor allem selbstbewusst inszeniert, um mit "Kennnste, kennste"-Attitüden in einen Topf geworfen zu werden.
Autor: Sebastian Groß