MB-Kritik

The Storm 2024

Animation

Chen Hao
Ziqian He
Joseph
Liangsheng
Xinglinr

Inhalt

Ein Jahrhunderte altes versunkenes Schiff taucht wieder auf und eine geheimnisvolle Theatertruppe erwacht zu neuem Leben. Welche seltsame Geschichte entfaltete sich in dieser Welt, in der die Menschen zahllose Masken tragen, und alles von eigentümlichen Zufällen gesteuert scheint?


Kritik

Die wundersame Welt, in die Yang Zhigang alias Busifan, in seiner faszinierenden Film-Fabel entführt, gleicht oftmals wahrhaftig einem schwindelerregenden Wirbelsturm. Nicht nur aufgrund der Flut an Informationen, die schon im Eingangstext hereinbrechen und in Dialogen mit Untertiteln in herausforderndem Tempo vermittelt werden, sondern vor allem aufgrund der verschlüsselten Struktur der Story. Diese ist ein kompliziertes Konstrukt von Paradoxen, Parallelen und Relationen, von den Namen der beiden Hauptfiguren bis zu Atmosphäre und Ästhetik ihrer bewegenden Geschichte. 

Diese ist sowohl simpel als auch hochkomplex, die Menschen und Wesen in ihr sind so zärtlich wie grausam, die magisch-realistische Landschaft voller Schrecken und doch wunderschön. Die Co-Existenz widersprüchlicher Facetten ist ein Kernelement des mäandernden Märchens, deren Bilder mit filigraner Linienführung und satter Farbpalette an Holzschnitte und Tuschzeichnungen des Produktionslands erinnern. Angesiedelt in einem sagenhaften China des 18. Jahrhunderts, beginnt und endet die Geschichte in einer Bucht, in der ein verwunschenes Schiff aus dem Meer auftaucht. 

Hier hin verschlägt es Grain (im Original: Daguzi; Stimme: Hao Chen) und seinen kleinen Ziehsohn Bun (Original: Mantou; Ziqian He) auf ihrer beständigen Flucht vor Grains Vergangenheit. Aufgrund der glaubt sich der als feindlicher Spion verfolgte Kleinganove einen ungeeigneten Vater für sein eigenwilliges Findelkind, das er wie Moses in der Wiege aus den Fluten gerettet hat. Beider Beziehung ist Mittelpunkt und Momentum der Ereignisse, deren episches Ausmaß im Kontrast zur schlichten Selbstverständlichkeit der Eltern-Kind-Liebe stehen. 

Während der verschachtelte Handlungshintergrund um das Geister-Schiff mit gefährlichen Quallen-Ungeheuern und einer kompletten verzauberten Operntruppe an Board, eine von einer jungen Kriegerin geführten Armee und die insektenhafte Anwohner, mit dem sie sich im Kampf gegen die Quallen-Monster verbünden, nur mühsam zu folgen ist, bleibt die anrührende Beziehung von Vater und Adoptivsohn stets einfühlsam und klar. Als Grain von einem Quallen-Ungeheuer gebissen wird, können nur seltene Heilpilze verhindern, dass er selbst in ein Quallen-Wesen verwandelt wird. 

Noch schlimmer steht es um das ungleiche Gespann, als die Heerführerin Grain verhaften lässt. Grain will Bun vor den eskalierenden Gefahren um sie beschützen. Bun wiederum ist entschlossen, seinen Vater zu retten. Begleitet von einem Vogel-Maskottchen und auf dem Kopf einen Helm, dessen abgebrochenes Horn an ererbte Traumata erinnert, trotz den Mächtigen um sie herum. So wie beider Schicksal nur Kollateralschaden historischer Gefechte ist. Ihre Fürsorge inmitten verfeindeter Parteien ist der Hoffnungsschimmer am düsteren Horizont.

Fazit

Mit seinem mystischen Malstrom droht Zhigang Yang mitunter zu überwältigen. Doch die Verbindung der Hauptcharaktere führt stets als emotionale Leitlinie durch die sensible Fabel vom drohenden Verlust der Menschlichkeit in einem Reich (metaphorischer) Monster. Die in den Wasser- und Windfarben Blau, Grün und Grau schillernden Szenen durchbrechen Rot und Schwarz, gleich Narben einer versehrten Welt voll gebrochener Persönlichkeiten. Doch jede Wunde kommt in dem cineastischen Kleinod des chinesischen Animationskinos mit der Chance auf Heilung.

Autor: Lida Bach
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