Wenn die Rede von Das Ding aus einer anderen Welt ist, haben die meisten wohl unweigerlich Szenen aus The Thing von John Carpenter (Halloween, The Fog) im Kopf. Ein Werk aus dem Jahr 1982, welches seinerzeit am Box Office katastrophal scheiterte, von Kritikern unter anderem aufgrund seiner graphischen Brutalität in der Luft zerrissen wurde und erst Jahre später im Heimkino zum gefeierten Kultfilm avancierte. Doch bereits über 30 Jahre zuvor erschien ein Film, dessen Titel, zumindest im Deutschen identisch war. Die Rede ist von The Thing from Another World. Dem Regiedebüt von Christian Nyby, der bis dato als Editor tätig war und zuvor bereits mehrfach mit Howard Hawks (dem Produzenten von The Thing from Another World) zusammenarbeitete. Wie viel Anteil Nyby an dem Film tatsächlich hat, lässt sich nicht eindeutig sagen. Es gibt nämlich Stimmen, die behaupten, Hawks habe selbst gehörig handangelegt. Was das angeht, sind sogar die Aussagen der beteiligten Schauspieler/innen widersprüchlich, weshalb dies wohl letztendlich für immer ein Mysterium bleiben wird.
Beide Filmadaptionen, sowohl Carpenters Version, als auch das am Box Office deutlich erfolgreichere Werk von 1951, basieren auf einer 1938 in einem Science-Fiction-Magazin erschienen Kurzgeschichte mit dem Titel Who Goes There?. Die Geschichte wurde von dem Science-Fiction-Autor John W. Campbell Jr. erdacht und handelt von Forschern einer arktischen Forschungsstation, die auf eine parasitäre Lebensform außerirdischen Ursprungs treffen, welche ihre Gestalt verändern und Wirte unbemerkt infizieren kann. Die Forscher versuchen nicht nur selbst zu überleben, sondern auch die Menschheit zu schützen, indem sie die Kreatur nicht entkommen lassen wollen. Eine Handlungsmotiv, das uns heutzutage überaus vertraut vorkommt, da es über die Jahre hinweg unzählige Male (u. a. in Ridley Scotts Film Alien) wiederverwertet wurde.
Entgegen der literarischen Vorlage handelt es sich bei der extraterrestrischen Kreatur in Nybys Werk um einen humanoiden Phänotyp mit pflanzlicher DNA. Dies dürfte zum einen an den damals noch recht begrenzten Möglichkeiten in Sachen Spezialeffekten liegen, welche die detaillierte Darstellung von Verwandlungsszenen nicht zuließen und zum anderen an der Beliebtheit einer (Kult-)Figur des Horrorgenres, nämlich Frankensteins Monster. Selbiger sieht der haarlose, gut zwei Meter große, massige Außerirdische, mit seinem dunklen Raumanzug, nämlich frappierend ähnlich und das mit Sicherheit nicht nur zufällig. Dies hat zur Folge, dass abgesehen von den mahnenden Worten „watch the skies…everywhere“ der in der literarischen Vorlage vorherrschende Aspekt der Paranoia entfällt, da die Charaktere relativ genau wissen, wer ihr Gegner ist und wie dieser aussieht. Dabei hätte genau diese Paranoia, welche später von Carpenter grandios eingefangen werden sollte, zu der in den 50er-Jahren herrschenden Angst vor einer unbemerkten Unterwanderung durch den Kommunismus gepasst. Ein Motiv, welches in vielen Werken dieser Zeit so z. B. im Sci-Fi-Klassiker Die Dämonischen Verwendung fand.
Stattdessen setzt Nyby abseits von den Konfrontationen mit einem feindseligen, extraterrestrischen Wesen auf den Konflikt zwischen Militär und Wissenschaft. Diese setzen bereits früh ein und liegen darin begründet, dass es Unstimmigkeiten im Hinblick auf den Umgang mit dem gefrorenen Außerirdischen gibt. Der leitende Wissenschaftler Doktor Carrington möchte die Kreatur gerne aus dem Eis befreien, um mit der Forschung zu beginnen und ein Zellsterben durch die dauerhaft niedrigen Temperaturen zu verhindern. Captain Hendry mahnt wiederum zur Vorsicht und möchte erst Instruktionen von Vorgesetzten abwarten. Als die Kreatur versehentlich aus dem Eis befreit wird und zur Gefahr wird, ist Captain Hendry am Schutz der Crew und auf die Abwehr der Kreatur bedacht. Doktor Carrington verfolgt wiederum eigene Pläne, weswegen er und die anderen Wissenschaftler gewonnene Erkenntnisse verheimlichen und er hinter dem Rücken von Captain Hendry Experimente anstellt. Klischees von verrückten Wissenschaftlern und rücksichtslosen Offizieren, wie sie zum Beispiel beim, was den Konflikt zwischen Wissenschaft und Militär angeht, sehr ähnlichen Day of the Dead von George A. Romero (Night of the Living Dead, Crazies) Anwendung finden, bleiben einem dabei dankenswerterweise erspart.
Im Hinblick auf die Ausstattung von The Thing from Another World lässt sich nur Positives verzeichnen. Sowohl die verschneiten Außenaufnahmen der arktischen Forschungseinrichtung als auch die Weiten der eisigen Landschaft sind gut eingefangen und wirken in sich stimmig. Gleiches gilt für das Innenleben des Forschungsstützpunkts. Die Wohn- und Gemeinschaftsräume, das Labor, die langen Gänge, das Gewächshaus etc. wurden nicht nur schön und detailreich in Szene gesetzt, sondern vermitteln dem Zuschauer ein gutes Gefühl für die Räumlichkeit und den Aufbau der Station, sodass selbige geradezu „greifbar“ wirkt. Die Kulissenhaftigkeit, welche bei nicht wenigen Filmen des älteren Semesters oft vorherrscht (hier seien beispielsweise die britischen Hammer-Produktionen genannt) bleibt gänzlich aus. Gleiches gilt für die Spezialeffekte, beispielsweise wenn kleine, pulsierende, kokonartige Aliensätzlinge gezeigt werden, sieht dies auch heute noch äußerst überzeugend aus.
Die dialoglastige Handlung des Films schreitet dabei recht zügig voran und hält sich nicht mit Belanglosigkeiten oder Banalitäten auf. Leerlauf ist im Rahmen von Nybys Adaption ein Fremdwort. Und wenn Szenen die Handlung selbst einmal doch nicht direkt vorantreiben, so dienen sie dazu die Figuren und deren Beziehungen untereinander für das Publikum greifbarer zu machen, was auch hervorragend gelingt. Denn nicht nur die Beziehungen der Figuren untereinander wirken authentisch, sondern auch die geführten Dialoge und deren Inhalt wirken ungemein natürlich. Allgemein stellt man als Zuschauer relativ schnell fest, dass sämtliche Figuren glaubhaft agieren und irrationales Verhalten, welches bei nicht wenigen Filmen dazu genutzt wird, um künstlich für Spannungsmomente oder Schauwerte zu sorgen, bleiben erfrischenderweise gänzlich aus.
Auch im Hinblick auf den Spannungsaufbau macht Nyby vieles richtig. So verwehrt er dem Publikum über weite Strecken hinweg die Sicht auf die Kreatur oder zeigt sie nur sehr ungenau, z. B. eingefroren in einem Eisblock, durch ein Schneegestöber spurtend oder für den Bruchteil einer Sekunde in einer Tür stehend. Stattdessen lässt Nyby die Charaktere über ihre Beobachtungen und Forschungsergebnisse sprechen und setzt so auf die Phantasie des Zuschauers. Beispielsweise dann, wenn ein verletztes Crewmitglied davon berichtet, was die Kreatur mit ihren Opfern so anstellt. Dennoch fehlt es, zumindest aus heutiger Sicht, insgesamt an einer bedrohlichen Grundstimmung und die von der Kreatur ausgehende Gefahr ist ebenfalls nur bedingt spürbar.
Jene klaustrophobische Stimmung sowie die omnipräsente Bedrohung durch die Kreatur, für welche man Carpenters Film (mittlerweile) unter anderem liebt und welche auch in der literarischen Vorlage vorherrscht, ist bei Nybys Version nicht vorhanden. Dies liegt vor allem daran, dass viele aus der ungemein großen Gruppe die surreale Situation des Kontakts mit einer feindseligen, außerirdischen Lebensform recht gut bzw. furchtlos wegstecken. Selbst dann noch, wenn es erste Opfer zu beklagen gibt, und die mit der Zeit über das Wesen gewonnenen Erkenntnisse Grund zur großen Sorge um den Fortbestand der Menschheit geben, bleiben die meisten Figuren optimistisch und behalten stets einen flotten, flapsigen Spruch auf den Lippen. Dies sorgt dafür, dass die vom Prinzip her ernste Grundstimmung für das damalige Publikum nie zu sehr ins Düstere abdriftet. Pragmatik statt Verzweiflung sind hier angesagt.