MB-Kritik

Two Pianos 2025

Romance, Drama, Music

François Civil
Nadia Tereszkiewicz
Charlotte Rampling
Hippolyte Girardot
Alba Gaïa Bellugi
Anne Kessler
Jeremy Lewin
Marianne Pommier
Valentin Picard

Inhalt

Mathias, ein virtuoser Pianist, erlebt eine unmögliche Liebesgeschichte.

Kritik

Wenn Charlotte Rampling (Father Mother Sister Brother) als musikalische Mentorin den Pianisten-Protagonisten ermahnt, im Zusammenspiel mit ihr nicht bloß Mittelmaß abzuliefern, könnte sie ebenso zu Arnaud Desplechin (Brother and Sister) sprechen. Dessen in Toronto in der Sektion Gala Presentation uraufgeführtes und nun in San Sebastián im Wettbewerb vertretenes Musik-Melodrama ist eine hübsch anzusehender, namhaft besetzter und mit adrettem Soundtrack unterlegte Nichtigkeit. Deren Plot, Figuren und Szenario kreisen allesamt beständig um sich selbst, leiden grundlos, aber adrett anzusehen und verzehren sich in einer unmöglichen Liebe, deren einziges Hindernis sie selbst sind.

Dass der Gebieter Pianist Mathias Vogler, dem François Civil (Beating Hearts) einen traurigen Hundeblick gibt, und seine Jugendliebe Claude (eine gänzlich unterforderte Nadia Tereszkiewicz, Heads or Tails?) nicht zusammenkommen können, dass weil ihre Liebe bereits an sie selbst verbraucht ist. Nach Jahren in Japan kehr Mathias zurück in seine Heimatstadt Lyon, wohin die als Grand Dame ihres Metiers verehrte Elena (Rampling) ihren vormaligen Schüler gerufen hat. Weil Elena, wie sie treffend sagt, immer ihren Willen kriegt, eilt Mathias direkt vom Flughafen zu ihrer Party, wo sie ihm eine gemeinsame Konzertreihe nahelegt. 

Auf halbem Weg aus dem Haus fällt Mathias prompt in Ohnmacht, als er im Flur unerwartet Claude erblickt. Dabei ist sie keineswegs schrecklich anzusehen, sondern hat im Gegenteil nur die Aufgabe, mit befremdlich kindischer Koketterie ihren Galeristen-Gatten Pierre (Jeremy Lewin, The Goldman Case) und alle anderen zu lenken. Die Intensität der wiedererwachten Gefühle überwältigt Mathias, der in einer Parallelhandlung einen kleinen Jungen mit seltsamer Ähnlichkeit zu seinen eigenen Kindheitsfotos verfolgt. Die beiden Begegnungen entfachen ein Fegefeuer von Erinnerung, Schuldgefühlen und Sehnsucht, die weder Spannung noch Sinnlichkeit birgt.

Das alles wäre wunderbares Material für eine Satire oder ein elitäres Sittenbild. Doch der Regisseur und sein Co-Drehbuchautor Kamen Velkovsky (Equals - Euch gehört die Zukunft) verpacken die wohlständische Wehleidigkeit in eine affektierte Melange aus Melodrama und Mystery. Diese klassische Kombination und inszenatorische Referenzen an die Regisseure, die darin brillierten - Hitchcock, Sirk, Lang - kaschieren kaum die Misstöne der verstiegenen Handlung. Die zitiert vielschichtige Motiven, ohne diese zu entwickeln. Paarkonstellationen, Spiegelbilder und Doppelungen, der Schatten der Vergangenheit und geteilte Geheimnisse erwecken eine schicksalhafte Aura, die nur privilegierte Prätention ist. 

Fazit

Das titelgebende Motiv der „zwei Klaviere“ verweist auf die unerreicht partnerschaftliche Harmonie und charakterlichen Dissonanz des zentralen Figuren-Paars. Zugleich ist die Musik nicht nur Hintergrund, sondern untrennbar verwoben mit der narrativen Struktur. Proben, Konzerte und Improvisationen vermitteln die seelischen Schwankungen des Hauptcharakters. Dessen Jugendliebe hingegen ist entsprechend des altväterlichen Rollenbilds verführerische Muse ohne Kreativität oder Kunstverständnis. Paul Guilhaumes Kameraarbeit steigert mit Chiaroscuro und warmem Studiolicht die ambige Atmosphäre der schwülstigen Leinwand-Symphonie. Deren visuelle und tonale Eleganz erschlägt die pompöse Symbolik des elitären Edel-Kitsch. 

Autor: Lida Bach
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