Inhalt
Musa lebt mit seinem Vater Beko in der ländlichen Türkei. Beko, der mit der Mithilfe bei Hasenrennen über die Runden kommt, wird durch das Versprechen einer staatlichen Invaliditätsrente für Musa gelockt, wenn er die „Behinderung“ seines Sohnes durch ein medizinisches Gutachten nachweisen kann.
Kritik
Schmutzige Erdtöne, verfallene Kulissen und eine düstere Szenerie, in der Lichtschimmer von der umliegenden Dunkelheit nahezu verschluckt werden, erschaffen die bedrückende Atmosphäre Seyfettin Tokmaks (Dream Gang) finstere Fabel. Deren märchenhaft und mythisch anmutende Elemente dämpfen kaum die Härte einer erbarmungslosen Erwachsenenwelt. In die wird der jugendliche Protagonist (Alpay Kaya) ebenso früh gezwungen wie seine einzige Verbündete in einem unmenschlichen Umfeld bestimmt von Gehorsam und Gewalt. Jene begegnet dem stillen Musa daheim ebenso wie an der Dorfschule.
Dort soll er von der gleichaltrigen Nergis (Perla Palamutçuogullari) lernen, wie einige der Schüler seiner Klasse ein körperliches Handicap vorzutäuschen. Damit erschwindelt sich der Schulleiter staatliche Fördermittel, von denen auch Musas verzweifelter Vater Beko (Sermet Yesil, Girl with No Mouth) in Form einer Pension profitieren soll. Die titelgebenden Tiere sind in der eindringlichen Erzählung, deren expressionistische Bildsprache in eindrücklichem Kontrast zu dem harschen Szenario steht, ein Symbol für kindliche Unschuld und Verletzlichkeit; in die Enge getrieben wie Musa.
Sein Versteck in einer höhlenartigen Erdgrube, in der er die heimlich aus Bekos Fallen befreiten Hasen, die bei durch seinen Vater assistierten Hunderennen wie er selbst grausam gehetzt werden, zeigt allegorisch seinen inneren Rückzug aus der verrohten Zivilisation. Jene ist zugleich Korruption, die nachfolgende Generationen wortwörtlich in der Schule lernen. Wie sich die Brutalität der Herren auf die Hunde überträgt, trifft sie durch Beko den stillen Hauptcharakter, dessen finale Flucht mehr magisch-realistische Metapher ist.
Fazit
Das ungefilterte Schauspiel der jungen Darstellenden und die stimmungsvollen Sinnbilder, deren pessimistische Parallelen zur ausweglosen Existenz der Figuren die anderweltlichen Kosmos klassischer Märchen evozieren, verbinden beklemmend authentisches Sozialdrama mit gespenstischem Symbolismus. Das profund räsonierende Resultat ist nicht nur ein ehrgeiziger Kandidat für den Hauptpreis des Black Nights Film Festivals, auf dem Seyfettin Tokmaks bitteres Jugenddrama seine Premiere feiert, sondern beispielhaft für einen anspruchsvollen Kinderfilm, der sein Publikum ernst nimmt und sensibilisiert, statt auf es herabzublicken.
Autor: Lida Bach