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Inhalt

Liebe ist ein Geschäft. Ishii Yuichi wird angeheuert, um Träume wahr werden zu lassen. Manchmal muss er dafür in die Rolle des Ersatzvaters eines 12-jährigen Mädchens schlüpfen oder als Leiche einen Sarg Probe liegen.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Die mal behände, mal kontemplative Kameraarbeit, für die sich Werner Herzog (Bad Lieutenant – Cop ohne Gewissen) im Falle von Family Romance, LLC selbst verantwortlich zeigt, saugt sich an die Gesichter seiner Protagonisten fest. Sie geht auf Tuchfühlung mit menschlichen Schicksalen. Noch mehr: Sie begibt sich auf die Suche nach lebenswirklicher Wahrheit. Das erscheint nicht nur aus dem Grund ein wenig irritierend, weil das Kino letztlich doch immerzu eine Idee von apparturerzeugter Realität bleibt. Es ist auch dahingehend kurios, weil das Kernmotiv von Family Romance, LLC in gewisser Weise Fluch und Segen der Fiktion, der Lüge, der Täuschung, der Performance ist. Die Wahrheit, die Herzog in seinem neuen Film entdeckt - und darin lag schon immer die Genialität des bayrischen Auteurs -, allerdings ist eine universelle und ebenso überzeitliche.

Werner Herzog arbeitet in Family Romance, LLC also quasi mit den Statuten der umgekehrten Psychologie, wenn er in seiner Mockumentary nahezu jede Szene stilistisch und dialogisch inszeniert, dabei aber das japanische Phänomen der Verwandtenvermietung auf ganz und gar lebensnahe Art und Weise auf sich selbst zurückfallen lässt. In Japan nämlich existieren Firmen, bei denen man sich Menschen buchen kann, die daraufhin den Posten des eigenen Vaters, des besten Freundes oder des aufdringlichen Paparazzo einnehmen. Ishii Yuichi, Hauptdarsteller des Films, ist in Wahrheit ein Entrepreneur aus Tokio, in dem genau diese Dienstleistung – die Vermietung von Leuten – feilgeboten wird. Passenderweise trägt seine Firma ebenfalls den Namen Family Romance, LLC. Yuichi also schlüpft in die Rolle seiner selbst und ist gleichermaßen Schauspieler, der durch ein durchweg arrangiertes Szenario watet.

Die Täuschung ist damit doppelt in das erzählerische Konzept von Family Romance, LLC eingemeißelt – und Yuichi, der hier Ersatzvater, Leiche und stellvertrender Sündenbock für berufliche Verfehlungen anderer Menschen ist, verdient in der Realität seinen Lebensunterhaltung mit dieser Täuschung – und weiß somit exakt um den nicht selten schwerwiegenden Preis dieses Geschäftmodells. Die Situationen, die Werner Herzog kreiert, mögen – genau wie die Unternehmen per se – vor allem für ein westliches Publikum ungemein schräg erscheinen. Die Suche nach einem Gefühl von Geborgenheit und Zuversicht jedoch ist in jedem Land der Erde vertraut und das diskursive Zentrum, welches der Erzählung über 90 Minuten hinweg Halt gibt, bleibt ein in jeglicher Hinsicht zeitloses: Welche Beziehung, ob privater oder professioneller Natur, basiert nicht auf Lügen? Wann performen wir zum Eigenwohl und Schutz anderer denn mal nicht?

Im Kino des Werner Herzog ging es immer um große Träumer und ihre noch größeren Visionen. Damit einher geht natürlich auch unweigerlich der Umstand, dass Herzogs Werke ebenfalls vom Scheitern an diesen Träumen, Visionen, Wünschen und Sehnsüchten berichten. Wenn auch nicht auf den ersten Blick, so reiht sich auch Family Romance, LLC in die Reihe von Filmen wie Fitzcarraldo, Grizzly Man oder Ein fürsorglicher Sohn und findet eine Schlusseinstellung, die selbst für Herzog-Verhältnisse von einer zutiefst umgreifenden Traurigkeit durchdringen ist. Die Bereitschaft, eine Lüge aufrechtzuerhalten, ist das größte Problem derartige Miet-Gesellschaften, weil sich der Faktor Mensch letztlich nun mal nicht mit einer saloppen Aufwandsentschädigung ausgleichen lässt. Was schmerzhafter ist, die Einsamkeit oder die Nähe eines gebuchten Ersatzes, lässt Herzog angenehmerweise unkommentiert.

Ohnehin ist es auffällig, dass Werner Herzog in diesem Fall davon absieht, das Geschehen aus dem Off zu begleiten, weil er weiß, dass die Bilder und (Charakter-)Konstellationen für sich selbst sprechen. Herausgekommen ist dabei ein Film, der es nicht mit Herzogs künstlerischen Sternstunden aufnehmen kann, der aber viel über die Notwendigkeit sozialer Interaktion und der Komplexität urtriebiger Sehnsucht nach Zwischenmenschlichkeit offenbart. Und damit löst sich der Film, der natürlich auch einen Blick für die japanische Kultur bereithält, aus seinem nationalen Kontext und entdeckt Menschen, die schauspielern, täuschen und lügen. Wohl aber oftmals nur aus dem Grund, um sich selbst zu finden und ihr Umfeld zu verstehen. Sollte das Glück der Erkenntnis und der Einkehr ein käufliches sein, so bezahlt man letztendlich den Preis.

Fazit

Mit "Family Romance, LLC" beackert Werner Herzog einmal mehr die Leitmotive seines Schaffens, wenn er von großen Visionen, Träumen und Konzepten berichtet, hinter denen Menschen stehen, die wissen, dass die Erfüllung von Glück auch immer mit einem bitteren Preis verbunden ist. Mag "Family Romance, LLC" auch nicht an die künstlerischen Hochzeiten von Werner Herzog herankommen, einen stimulierender, zutiefst menschlicher Diskurs über das Leben, den Wert der Lüge und die mehrfach konnotierte Bedeutsamkeit der Täuschung erlebt man hier fraglos.

Kritik: Pascal Reis

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