Inhalt
Der Polizist Zili ermittelt im Fall mehrerer Serienmorde und findet heraus, dass alle Opfer eine Beziehung mit einer Frau namens Zhizhen hatten. Scheinbar war Zhizhen auch die Ermittlerin, die fünf Jahre zuvor einen Mordfall betreute, in den auch ihr Ehemann verwickelt war. Zili lässt sich aus sowohl privatem als auch beruflichem Interesse auf Zhizhen ein, wobei er sich ungewollt in eine Beziehung verfängt.
Kritik
Aktuell erleben Filme aus China eine wahre Renaissance: Wo früher vor allem das Hongkong-Kino durch seine fulminante Action oder die spektakulären Martial-Arts-Einlagen überzeugen konnte (natürlich auch mit anderen Themen), gab es auf dem Festland eher ausufernde Schlacht-Epen oder Dramen. Genre-Kunst war jedoch über die Jahre hinweg Mangelware. Dies hat sich nun geändert. Das Kredo „Mut zum Anderssein“ hat sich fest in der Filmkunst Chinas verankert, sodass uns Beiträge wie „No Man's Land“, „Ai Weiwei - The Fake Case“ oder „A Touch of Sin“ erreichen. Werke, die sich trauen Geschichten anders zu erzählen, visuell überraschen sowie Konventionen durchbrechen. Ein weiterer Beitrag war der dieses Jahr auf der Berlinale gefeierte „Feuerwerk am hellichten Tage„ (OT: "Bai ri yan huo") von Autor und Regisseur Yi'nan Diao („Night Train“). Ein Film voller klassischer Motive, mutigen Herangehensweise sowie einer gar schon hypnotischen Inszenierung. Was folgte war der Goldene Bär für den besten Film und der Silberne Bär für den besten Hauptdarsteller Fan Liao. Doch ist das Lob gerechtfertigt?
Zum Teil: So liefert vor allem die Inszenierung dem Zuschauer unzählige Highlights, die sich tief ins Gedächtnis brennen. Dies zusammen mit einem mehr als genialen Schauspiel von Fan Liao und Lun-mei Gwei, ergibt ein hervorragendes Werk voller grandioser Thriller-Momente und einer mehr als spannenden Story. Doch dies hat auch seinen Preis. Während uns die Atmosphäre kalt, düster, melancholisch, ruhig, nihilistisch oder gar ausweglos erscheint, gibt es doch auch eine ungewohnte Freiheit, Unabhängigkeit und Losgelöstheit. Regisseur Yi'nan Diao konfrontiert uns ebenso mit explosiven Ausbrüchen, wie einer regelrecht vor sich hinfließenden Geschichte. Nebensächlichkeiten geraten in den Fokus, die Figuren werden zur Nebensache. Nie ist gewiss, wie eine Szene endet oder beginnt. Dies mag sich auf dem Papier nach höchster Filmkunst anhören, entpuppt sich in der Realität aber als durchaus schwieriges Unterfangen. Es wirkt wie ein eigenwilliger Humor, den uns „Feuerwerk am hellichten Tage“ servieren möchte. Eine Groteske voller seltsamer Figuren und einem Ende, welches den Zuschauer etwas fassungslos zurücklässt. Dies mag gefallen, führt aber auch zu kontroversen.
Gerettet wird dies aber vor allem von Fan Liao als gebrochener, sexistischer wie alkoholabhängiger Ex-Polizist Zhang Zili. Nach seinem letzten Fall, bei dem er nicht nur Kollegen verloren hat, sondern auch selbst verletzt wurde, scheint sein Leben aus den Fugen. Nur die schöne wie mysteriöse Liang Zhijun kann ihm Rettung bringen. Das Schauspiel ist hierbei nicht nur intensiv, sondern passt sich bei Fan Liao auch stets der Situation perfekt an. Wem unterdessen die Figurenkonstellation bekannt vor kommt: Ja, im Kern liefert uns „Feuerwerk am hellichten Tage“ klassische Film-Noir-Kunst. Also ein weiteres Stilmittel, welches zu gefallen weiß. Denn wo andere Filme plump zitieren, schafft es Regisseur Yi'nan Diao etwas Eigenes und Unkonventionelles mit seiner Handlung zu erschaffen. Eine ungewöhnliche Reise in die Tiefe eines Falles, der mehr ist, als er auf dem ersten Blick zu sein scheint.
Fazit
„Feuerwerk am hellichten Tage“ mag nicht unbedingt die Erwartungen erfüllen, die teils im Vorfeld geschürt worden sind, auch aufgrund einer oftmals zu losgelösten wie fließenden Erzählung. Dennoch kann der Film von Regisseur Yi'nan Diao durch seinen ungewohnten Stil überzeugen: Die Mischung aus Film-Noir, packenden Thriller, grandioser Atmosphäre, einer bizarren Unvorhersehbarkeit sowie dem kongenialen Schauspiel der Figuren gefällt. Für Fans von „Kino Anders“ ist dieser Abgrund also wärmstens ans Herz zu legen.
Autor: Thomas Repenning