Inhalt
1939 macht sich der snobistische Graf Liviu mit seiner Gattin und zwei Bediensteten von Europa aus auf zu einer unbewohnten Insel am Ende der Welt. Sie wollen dort dem zweiten Weltkrieg entfliehen und ihren dekadenten Lebensstil aufrechterhalten. Schon bald ergeben sich Spannungen, erst recht, als ein befreundeter Waffenhändler samt Gefolge zu Besuch kommt, nach einer feuchtfröhlichen Feier die halbe Tierwelt über den Haufen schießt und als Abschiedsgeschenk ein Gewehr dort lässt. Als dann das Versorgungsschiff nicht wie geplant zurückkehrt, wird die Lage prekär. Die Vorräte müssen rationiert werden und die Rollenverteilung ist nicht mehr klar geregelt. Besitzansprüche werden gestellt…auch an die einzige Frau.
Kritik
-„Was hätten wir tun können, um das zu verhindern?“
-„Frauen hätten wir für sie mitbringen sollen.“
Drei Männer und eine heiße Lady, allein auf einer einsamen Insel…das kann ja nur böse enden. „Foxtrot – Tödliches Inselparadies“ ist ein nicht nur sehr unbekanntes, sondern dazu noch erstaunlich prominent besetztes B-Movie aus der emsigen Produktionsschmiede von Roger Corman („Planet des Schreckens“), das den zu erwartenden, exploitativen Ruck nur langsam aufbaut und zunächst eine Art Abenteuerfilm erzählt, mit einem interessanten, historischen Backround. Während Europa im Faschismus versinkt, suchen unsere Auswanderer ihr Glück – oder eher den Erhalt ihres feudalen Status quo – in der Flucht vor der Realität. Graf Liviu (Peter O´Toole, „Lawrence von Arabien“) will sich auf einem kaum bekannten, menschenleeren, abgelegenen Eiland mit seiner bildhübschen Frau Julia (Charlotte Rampling, „Angel Heart“) sein kleines Reich schaffen. Fern von der braunen Gefahr in der Heimat und der Entmachtung des Adels. Mit samt seinen getreuen Bediensteten, dem Mexikaner Eusebio (Jorge Luke, „Salvador“) und Larsen (Max von Sydow, „Die Stunde des Wolfs“), einst sein Ausbilder in er Armee und fast mehr Freund als Angestellter. Fast, denn die Verhältnisse sind klar geregelt.
Er ist Hausherr, sie sein Personal. Was träumerisch, fast paradiesisch beginnt wirft schnell seine Schatten. Es kommt zu sichtlichen Konflikten zwischen dem Paar, deren Hintergründe schon in der Vergangenheit ihren Ursprung haben. Richtig ernste Formen nimmt sie Situation an, als das selbstgeschaffene Utopia Versorgungsengpässe bekommt. Die extravaganten Luxusgüter werden knapp, der Nachschub lässt unerklärlicherweise auf sich warten, statt in ihrem neuen Palast leben sie immer noch im Zelt und als sie sich bewusst werden, dass sie nun mehr Schiffbrüchige als Könige der Insel sind, spitzt sich die Lage ernsthaft zu. Unter den extremen Bedingungen flacht die einst strikte Hierarchie blitzschnell ab bis sie nicht mehr existent ist. Alles gehört nun allen…und mit alles, ist wirklich alles gemeint.
„Foxtrot – Tödliches Inselparadies“ ist vielversprechend, nicht nur wegen dem hochkarätigen Cast, lässt dabei jedoch eine klare Linie vermissen und wirkt eher unentschlossen zusammen gerührt. Hier werden eigentlich zu viele Fässer aufgemacht, ohne dass auch nur eins vernünftig geleert wird. Aus dem leicht exotischen Abenteuer wird eine Ehedrama und hinten raus dann doch der ruppige Auge-um-Auge-Thriller, den man bei Produzent Roger Corman fast schon voraussetzt. Die einzelnen Komponenten sind alle für sich reizvoll, greifen in der Konstellation nur sehr ungeschickt, irgendwie unfertig ineinander. Da werden Dinge aus der Vergangenheit des Paares ausgegraben, dem Ehemann ein mittelschweres Trauma angedichtet, doch für das Gesamte ist das kaum von Relevanz. Ebenso die etwas eingestreute Kritik an der Nach-mir-die-Sinnflut-Gesinnung und ausbeuterischen, dekadent-verschwenderischen High-Society-Weltanschauungen. Es werden Gedanken und Ansätze in den Raum geworfen, die nicht weiter verfolgt werden und nur so am Rande existieren.
Eine klarere Struktur hätte dem Film extrem gut getan. Entweder ein durchdachtes, hintergründiges Psychodrama mit einem durchwegs schlüssigen, vernünftig konzipierten Drehbuch oder eben einen radikalen Hau-wech-Reißer, was unter den gegebenen Umständen sicherlich die einfachere Methode gewesen wäre. So ist das weder Fisch noch Fleisch. Genauso schwammig ist auch die Position der einzigen Frau in der Herrenrunde. Die wird mal als emanzipiert und mit klarer charakterliche Stärke gezeichnet, mal als manipulative Nemesis, mal als provokantes Luder (Stichwort: Zigarren-Zungen-Spielchen) und dann mal wieder als hilfloses Opfer. Ein klares Frauenbild existiert nicht, da ist alles dabei und wechselt alle paar Minuten. Zumindest wird sie nicht durchgehend als Mittel zum Zweck präsentiert, besitzt durchaus Tiefe und zeigt eigenständige, nicht rein sexistisch gepolte Züge, was allerdings im nächsten Moment schon wieder ganz anders aussehen kann. Auch hier: Lieber eine Richtung, und wenn es der übliche, eindimensionale Klopper wird, auch gut, macht ja ohne Anspruch und mit dem nötigen Kleingeist-Flair durchaus Spaß. Unterm Strich zu wenig von einem und zu viel von allem.
Fazit
Aus seiner interessanten Prämisse vermag „Foxtrot – Tödliches Inselparadies“ nur bedingt sein Potenzial auszuschöpfen. Der Cast ist überdurchschnittlich, die Story interessant, in einzelnen Momenten weiß er zu unterhalten. Besonders gegen Ende, wenn er ein simpler Survival-Film wird, der allerdings auch noch deutlich knackiger hätte ausfallen können. Bis dahin zu unausgegoren, zu viel gewollt und nicht richtig gekonnt. Halbwegs brauchbar ist dieses verschollene und nun wiederentdeckte Exemplar, insgesamt aber nichts, was man großartig verpassen oder vermissen würde.
Autor: Jacko Kunze