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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Ein U.S.-Kunstprofessor verbringt seinen Ruhestand in einem Palast in der ewigen Stadt Rom. Die Ruhe und der Frieden seines Pensionärsleben ist dahin, als die Gräfin Brumonti mit ihrem Liebhaber und ihrer Tochter auftaucht und die oberen Stockwerke des Palastes mietet.

Kritik

Die kräftezehrende Arbeit an seinem über alle Maße verehrten Historien-Klassiker Ludwig II, der epischen Abhandlung über den legendären bayrischen Monarchen auf Schloss Nymphenburg, dem Mammutwerk über den sogenannten „Märchenkönig“, laugte Luchino Visconti, Kinovisionär und Mitbegründer des italienischen Neorealismus, zunehmend aus. Nach einer schweren Krankheitsperiode erlitt der Autorenfilmer, dem selbst blaues Blut durch die Adern pumpte, einen Schlaganfall. Doch stellte dieser gesundheitliche Rückschlag selbstredend kein Hindernis für Visconti dar, weitere Filme zu inszenieren, wenngleich seine Ägide von nun an aus dem Rollstuhl vonstattengehen musste. Bevor seine Karriere mit dem exquisiten Zeitporträt Die Unschuld 1976, dem Jahr, in dem auch Visconti verstarb, zu Ende ging, entwarf der Italiener 1974 noch einen Film, der bis heute in cineastischen Zirkeln zu seinen beliebtesten zählt: Gewalt und Leidenschaft. Ein echtes Alterswerk möchte man postulieren, in dem Visconti nicht nur beliebte Motive seines Œuvre aufgriff, sondern auch persönliche Impressionen seines Lebens verarbeitete.

Gewalt und Leidenschaft fungiert in dem zentralen Verhältnis seiner männlichen Hauptdarsteller auch als vertraulicher Spiegel für Viscontis Beziehung zu seiner beinahe 40 Jahre jüngeren Muse Helmut Berger (Blutspur im Park). Burt Lancaster (Der rote Korsar) gibt hierbei den von der Außenwelt abgeschotteten Kunstprofessor, der in einem luxuriösen Wohnhauskomplex in der römischen Hauptstadt residiert, sein eigenes Dasein aber beinahe nur noch aus der Passivität heraus verlebt. Ein Mann, der sich mit der Einsamkeit arrangiert hat, dessen Isolation aus eigenem Ermessen heraus entschieden wurde, doch im Inneren sehnt er sich, wie jeder Mensch, nach menschlicher Nähe. Mit dem Einmarsch der gutsituierten, aber impertinenten Gräfin Marchesa und ihrem Anhang, die die Wohnung über der des Professors mieten möchten, kippt die inhärente Ruhe der Behausung des Pensionärs vorerst ins Chaos, wird seine Welt doch rücksichtslos mit dem dekadenten Lifestyle der stürmischen Jugend infiziert. Unter ihnen befindet sich auch Konrad (Helmut Berger), mit dem sich der Professor aber auf leisen Sohlen langsam anfreundet.

Gewiss trägt diese Konstellation viel des Zusammenseins von Visconti und Berger inne, Gewalt und Leidenschaft agiert aber nie als egomanische Projektionsfläche dieser Herren, sondern schält reelle Wahrheiten vielmehr auf der Meta-Ebene heraus, was dem Film einen interessanten und subtilen homosexuellen Subtext verleiht. Gewalt und Leidenschaft ist in erster Linie eine intime Reflexion über die Kollision unterschiedlicher Generationen, die sich vorerst wie zwei gleiche Pole abstoßen, in Wahrheit aber doch viel zu fasziniert voneinander sind und sich mehr und mehr aufeinander einlassen, weil sich beide Partien auf ihre Weise gegenseitig brauchen. Die Jugend braucht eine stete Führung, der Professor eine neue Familie, die wahrhaftiges Interesse an seiner Person zollt. Ebenso ist Gewalt und Leidenschaft aber auch Diskurs über den Tod und seine Form der Erkenntnisnahme, über die Möglichkeiten, auf ihn zu lauern und sein Leben in symbolischer Totenstarre im hermetischen Raum zu vollenden oder die Chance dahingehend zu ergreifen, den Weg noch einmal zurück in die pulsierende, die beglückende Vitalität zu entdecken. Gewalt und Leidenschaft versteht sich dabei zunehmend als Allegorie auf die gesellschaftliche Entfremdung, auf ein kollektives Miteinander, das immer kälter und leerer wird.

Die Tragödie folgt den Protagonisten jedoch von Beginn an, Visconti lässt das den Zuschauer durch feine Nuancen immer wieder deutlich erkennen. Wenn Burt Lancaster sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt, mit einer Vergangenheit, die auch für seine Identität steht, die er aber nicht verstehen kann, so intellektuell er sich auch gibt, dann steht Helmut Berger ebenfalls einer Zukunft entgegen, die er in seiner ganzen Fragilität nicht greifen kann, weil sie schlichtweg nicht mehr existent ist: Es gibt numehr kein Vor und kein Zurück. Die Zeit steht still und ein Krater der Intimität, der zwischenmenschlichen Geheimnisse, der vehementen Ausweglosigkeit und Abkehr, wird alles in sich saugen. Dass sich die hervorragenden Mimen keinerlei defizitäre Blöße in ihren Performances geben, steht bei derartigen Kalibern außer Frage. Burt Lancaster ist famos in seiner Melancholie, Helmut Berger mit seinen markanten Gesichtszügen, den engelsgleichen Wimpern und sinnlichen Lippen, der Lancasters Figur mit seinem offenherzigen Respekt aus einem tiefen Schlaf reißt, gibt sich auf der Höhe seines Schaffens die Ehre. Traurig, wie der einstig schönste Mann der Welt seinen Ruf inzwischen mit aller Kraft demontiert hat. Aber immerhin bleibt uns dieses Kammerspiel mit der gewohnt überwältigender Bildsprache als Erinnerung an bessere Tage für immer erhalten.

Fazit

Von subtil entfesselten Intimitäten durchzogenes Kammerspiel, welches durch Luchino Viscontis gewohntermaßen eindrucksvolle Bildsprache Cineasten auf der ganzen Welt berauscht. "Gewalt und Leidenschaft" ist indes ein Alterwerk von besonderer Reife: Nicht nur als Diskurs über das multigenerationle Miteinander gefällt Viscontis vorletzte Arbeit, gerade als menschenahe Reflexion über die Sehnsucht nach Leben und die Akzeptanz des Todes entfaltet "Gewalt und Leidenschaft" seine Gravität.

Kritik: Pascal Reis

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