Inhalt
Der Kleinkriminelle Atris verdient sich sein Geld als Laufbursche und drittklassiger Handlanger des Kiez-Königs El Keitar. Als er zufällig seinem alten Jugendfreund Frank und einer rassigen Ladendiebin über den Weg läuft, überschlagen sich die Ereignisse. Bald schon steht Atris bei El Keitar auf der Abschussliste, ist in einen riskanten Falschgelddeal verwickelt, muss sich um den Verdauungstrakt eines Dobermanns und eine asiatische Killerin kümmern, die recht wenig Verständnis für krumme Touren aufbringt…und das sind nur die gröbsten Fakten.
Kritik
Der (moderne) deutsche Film, besonders das so stiefmütterlich behandelte Genre-Kino, steht oft und nicht immer zu Unrecht in der Kritik, auch weil einfach echte Typen vermisst werden. Echte Filmemacher, die über Jahre und Jahrzehnte eine eigene, individuelle Handschrift entwickelt haben. Eine Marke eben. Eine der ganz wenigen Marken ist Detlev Buck und das obwohl er eigentlich total unberechenbar ist und immer das zu machen scheint, worauf er gerade Bock hat. In den letzten Jahren dem Kinder- und Jugendfilm verschrieben inszenierte er alle vier Teile der Bibi & Tina-Reihe, wurde aber gerade zu seinen Anfängen bekannt durch einen knochentrocken-grotesken Humor, der Filme wie Karniggels (1991) oder besonders Wir können auch anders (1993), die urige Odyssee zweier geistig minderbemittelter Brüder durch die ostdeutsche Provinz, immer noch zu Geheimtipp-Highlights des deutschen Kinos macht.
Mit Asphaltgorillas meldet er sich nun nach dem Exil im Kinderfilm direkt mit einer Gangsterrap-Ganoven-Posse aus den Straßen Kreuzbergs zurück. Kontrastprogramm, auch und vor allem das zeichnet Buck aus und lässt hoffen, dass er den Spagat wieder mit einer gehörigen Portion Chuzpe hinbekommt. Tja, und dann machste‘ dicke Backen. Denn Asphaltgorillas ist über weiter Strecken tatsächlich kaum mehr als Affentheater, dessen Intention als skurril-überspitze Szene- und Genre-Satire klar zu erkennen ist, die nur leider oftmals überhaupt nicht funktioniert. Mag sein, dass Buck sich über gängige Klischees und Stereotypen lustig machen will; ihnen einen absurd-ausufernden Spiegel vorhalten will, nur dann dürfte es gerne auch auf clevere, kreative Art und Weise geschehen. Eine Ansammlung fast durch die Bank unsympathischer und völlig überzeichneter Charaktere stolpern durch ein in jeder Situation komplett künstliches, gestellt erscheinendes Szenario, das zwischen Hommagen und Einfallslosigkeit umher irrt. Kaum ein Witz zündet, stattdessen werden holprige Dialoge stumpf auswendig gelernt herunter geeiert oder im Zweifelsfall auch hysterisch Geschrien (erschreckend oft).
Das konfuse Durcheinander wirkt selten wie kontrolliertes, raffiniertes Chaos, mehr wie lose Fäden die vom nicht fertig entwickelten Konzeptgerüst baumeln. Stilistisch, optisch wie akustisch, weiß Detlev Buck durchaus zu punkten, da zeigt sich seine ganze Erfahrung und auch einer der wenigen Aspekte von Asphaltgorillas, in denen seine wilde Experimentierfreude sich erfolgreich bemerkbar macht. Manche bewusst überstilisierten Action- und Gewaltszenen könnten aus aktuellen Hollywood-Produktionen stammen und sind klar dort angelehnt (Hallo, John Wick), dazu alles unterlegt mit einem interessanten Soundtrack-Mischmasch aus prolligem Gangsterrap und kratzigem Electro. Damit hebt sich der Film klar von der Masse ab und wenn das wahrscheinlich geplante Vorhaben - nämlich das Genre mit scharfzüngigem Schalk sich selbst auf’s Korn nehmen zu lassen - dank eines pfiffigen, anarchischen Drehbuchs aufgehen würde, dann wäre das unter Umständen ein außerordentlich feiner Film. Das Resultat ist maximal halbgarer Kasperkram, der seine zwei bis drei wirklich amüsanten Szenen unter viel lauter, genuschelter und manchmal im wahrsten Sinne des Wortes affig gespielter Parodie-Pampe vergräbt, bei der man sich vereinzelt die Frage stellt, ob Detlev Buck seinen trockenen, punktgenau-pointierten Biss mit den Jahren eingebüßt hat. Hoffentlich nicht, es wäre ein herber Verlust.
Fazit
Von seiner technischen Handwerkskunst sogar bestechend gut in ausgewählten Momenten – für deutsches Genre-Kino gar herausragend – , versagt „Asphaltgorillas“ oftmals ausgerechnet dort, wo man bei einem guten Detlev Buck-Film keine Bange haben sollte. Das Spiel mit Klischees und smarten Gags aus der zweiten Reihe geht leider überhaupt nicht auf, da hier mehr bedient als dekonstruiert wird und der Film somit einer blassen Kopie deutlich näher ist als einer griffigen Parodie. Das mag manchmal ein schmaler Grat sein, aber der Film hält nicht nur schief auf der Linie, er überfährt sie mit voller Achsenlänge und parkt dort lange mit Warnblinker, obwohl er nur kurz was abliefern wollte.
Autor: Jacko Kunze