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Abby will an Weihnachten um die Hand ihrer Freundin anhalten und das vor Harpers gesamter Familie. Die Situation verkompliziert sich jedoch, als herauskommt, dass ihre Freundin sich noch nicht vor ihrer konservativen Familie geoutet hat.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Es ist schon schwer genug, die zukünftigen Schwiegereltern zum ersten Mal kennenzulernen, noch schwieriger wird es allerdings, wenn man erfährt, dass die Schwiegereltern in spe weder etwas von der Beziehung ahnen noch wissen, dass die eigene Tochter lesbisch ist. Abby (Kristen Stewart, Panic Room) muss mit all dem fertig werden, denn ihre Freundin Harper (Mackenzie Davis, Terminator: Dark Fate) hat offenbar ein großes Geheimnis um ihr Liebesleben gemacht. Zu allem Überfluss steht auch noch Weihnachten vor der Tür und Abby wird der Familie nur als „Harpers Mitbewohnerin“ vorgestellt. Happiest Season behandelt die ernste Thematik des Coming-outs mit sehr viel Witz und Humor. Der Film funktioniert gerade deshalb so gut, weil an dem Film genug Menschen beteiligt waren, die tatsächlich etwas von dieser Thematik verstehen, denn es gibt nichts Schlimmeres, als eine Geschichte über ein Coming-out zu sehen, die aus der Sicht von Heterosexuellen erzählt wird, die keine Ahnung haben, worüber sie da eigentlich sprechen, wie beispielsweise bei Blau ist eine warme Farbe.

Die lesbische Community fand gerade die Sexszenen aus diesem Film lächerlich und unrealistisch und sogar Jul Maroh (der nicht-binäre Autor der Graphic Novel, auf der der Film basiert) selbst quittierte den Film mit den Worten: „Es scheint mir, dass eins am Set gefehlt hat: Lesben." Darüber braucht man sich bei Happiest Season keine Gedanken zu machen, denn der Film hat weder Sexszenen noch unrealistische Vorstellungen über Homosexualität, die nur ein Spiegelbild der eigenen Vorstellung der Heteros über Homosexuelle sind. Das Drehbuch stammt aus der Feder von Mary Holland (Greener Grass) und Clea DuVal, (The Intervention) die ihr Coming-out vor 5 Jahren feierte und ihre eigenen Erfahrungen in dem Film verarbeitet hat. Sie führte auch Regie und engagierte neben Kristen Stewart und Aubrey Plaza (Child's Play), die beide bekennend bisexuell sind, noch Daniel Levy, (Admission) der schon mit 18 Jahren sein Coming-out hatte.

Bei Happiest Season merkt man, dass es nicht nur Fiktion ist, sondern, dass die Beteiligten auf ihre eigenen emotionalen Erfahrungen zurückgreifen und die Figuren die Worte sagen lassen, die ihnen lange am Herzen lagen. Aber statt daraus ein Drama zu machen, bedient sich der Film der witzigen Elemente, um zu zeigen, dass man das Ganze mit Humor nehmen sollte. Gerade, wenn die Eltern von Harper sie immer wieder mit ihrem Ex-Freund verkuppeln wollen oder, die ahnungslose Mutter lächelnd verkündet: „Zwei erwachsene Frauen können schlecht in einem Bett schlafen!“ Auch wenn die Homosexualität der Kinder so offensichtlich ist, wollen es viele Eltern nun mal nicht wahrhaben oder finden den Gedanken daran einfach so absurd, dass sie ihn sofort abstreifen. Deswegen finden sich ihre Kinder ungewollt in seltsamen Situationen wieder, in denen jeder es erkennen müsste, dass sie homosexuell sind, nur ihre Eltern nicht. Als würde ein riesiger pinker Elefant im Raum stehen, den die Eltern jedes Mal gekonnt übersehen. Genauso ergeht es Harper, denn sie steht dermaßen unter Druck eine perfekte Tochter zu sein und den Vater (Victor Garber, Milk) bei seiner politischen Karriere zu unterstützen, dass ihre Beziehung zu Abby an der Heimlichtuerei zu zerbrechen droht.

Abby fühlt sich zurückgestellt und ausgeschlossen und muss damit klarkommen, dass ihre Freundin ihr kaum Beachtung schenkt. Nur ihr homosexueller Freund John (Daniel Levy) steht ihr immer mit Rat und Tat zu Seite. Wenn er nicht gerade ihren Fisch aus Versehen verhungern lässt, oder alle möglichen Leute mit dem Handy trackt, ist er immer bereit, mit ihr zu reden. Während er von der Idee des Heiratsantrags gar nicht so begeistert ist und der Meinung ist, dass Abby ihre Freundin in einen Kasten der „Hetero-Normalität“ einsperren will, hält Abby an dem Gedanken fest, denn sie möchte „ihre Freundin nicht besitzen, sondern ein Leben mit ihr aufbauen und sie möchte, dass die ganze Welt es weiß.“

Es gibt so viele unterschiedliche Beziehungskonzepte, die für die Heterosexuellen fantastisch funktionieren, aber sobald man der LGBTQ-Community angehört, hadert man mit dem Gefühl sich für alles rechtfertigen oder sich verstecken zu müssen. So fühlt sich  Abby, wenn sie sagt: „Ich habe es satt zu lügen, ich habe es satt Angst zu haben und mich selbst zu verstecken!“ Jeder Mensch macht seine eigenen Erfahrungen im Hinblick auf das Coming-out. Während manche, so wie Abby, es kaum abwarten können und es voller Selbstbewusstsein in die Welt hinausschreien wollen, haben andere wiederum große Angst ihre Familie zu enttäuschen und sie ganz zu verlieren. Doch Happiest Season zeigt auf keinen mit dem erhobenen Zeigefinger, denn er lässt John, Harper in Schutz nehmen, als er zu Abby sagt: „Nur wenn sie nicht bereit ist, heißt es nicht, dass sie es nie sein wird und auch nicht, dass sie dich nicht liebt.“

Happiest Season gibt in gewisser Weise allen Mut: denjenigen, die sich schon geoutet haben und denjenigen, die noch Angst davor haben, so wie Harper. Wenn sie sagt, wer sie ist, wird sie ihre Eltern verlieren, wenn sie es nicht sagt, dann verliert sie ihre Freundin. Mackenzie Davis verkörpert diesen inneren Konflikt mit einer großen Stärke und man spürt in den ernsten Momenten des Films die innere Verzweiflung, die dieses Dilemma mit sich bringt. Happiest Season wechselt gekonnt zwischen lustigen und rührenden Momenten, wobei die rührenden Momente eher im letzten Drittel des Films vorkommen. Wenn John von seinem Coming-out spricht und sagt, dass der Moment direkt vor dem Coming-out furchteinflößend ist und, dass jeder seine eigene Geschichte hat, dann weiß man, dass es nicht bloß Gerede ist, weil der Schauspieler selbst diesen Weg gegangen ist.

Für manche geht die Geschichte des Coming-outs gut aus, für manche eben nicht, und Happiest Season zeigt viel Verständnis für diejenigen, die Angst haben sich zu outen und unterstützt durch diesen Film ohne jegliche Wertung jedes einzelne Mitglied der LGBTQ-Community, egal, ob sie nun geoutet sind oder nicht. Wenn man das Ganze mit Humor nimmt, dann ist es viel einfacher, mit denen nach der Perfektion strebenden Eltern und den Geschwisterrivalitäten klarzukommen. Schließlich haben sowohl die Heteros als auch die Homosexuellen Angst, es der Familie der Partner nicht recht machen zu können und gerade während der weihnachtlichen Turbulenzen negativ aufzufallen. Deswegen erkennen sich womöglich auch einige Heteros an den Versuchen der Integration in einer fremden Familie wieder.

Besonders viel Spaß hat man, wenn man Harper und ihrer älteren Schwester Sloane (Alison Brie, Promising Young Woman) beim Ausleben ihrer geschwisterlichen Rivalität zusieht, die beide aus allem einen Wettbewerb veranstalten und bereit sind, sich wie kleine Kinder die Köpfe einzuschlagen, während die jüngste Schwester kaum von jemandem Beachtung findet. Auch die Kontroll-Freak-Mutter von Harper (Mary Steenburgen, Last Vegas) , die von dem perfekten Instagram-Foto von der ganzen Familie wie besessen zu sein scheint, und die nervigen Kinder von Harpers älterer Schwester, sind für einige humorvolle Interaktionen mit Abby verantwortlich. Und spätestens wenn sich alle an die Gurgel gehen wollen, ist das Weihnachtfest wohl perfekt und fast genauso inszeniert, wie bei allen typischen Weihnachtsfilmen.

Fazit

Was an „Happiest Season“ am meisten überzeugt, ist die Authentizität und die Leichtigkeit im Umgang mit dem Coming-out. „Happiest Season“ schockiert und dramatisiert nicht, sondern bietet dem Zuschauer ein wahres Vergnügen in Form eines lustigen Weihnachtsfilms, der sich mit queeren Figuren befasst, die wie jeder andere nur versuchen, das Weihnachtsfest mit Schwiegereltern und Familie zu überleben. Ein rührender, verständnisvoller und origineller Film.

Kritik: Yuliya Mieland

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