Inhalt
Jessica zieht mit ihrer Familie zurück in ihr Elternhaus. Ihre jüngste Stieftochter Alice entwickelt eine unheimliche Bindung zu einem Stoffbären namens Chauncey, den sie im Keller findet. Alice beginnt mit Chauncey Spiele zu spielen, die spielerisch beginnen und immer unheimlicher werden. Als Alices Verhalten immer besorgniserregender wird, greift Jessica ein und stellt fest, dass Chauncey viel mehr ist als der Stoffbär, für den sie ihn gehalten hat.
Kritik
Vor dem bevorstehenden Sommer-Blockbuster IF, mit dem uns Regisseur John Krasinski und Paramountdas Thema "Imaginary Friends" als Familienspaß näher bringen werden, wagt sich zuvor auch Blumhouse an die Thematik heran. Wie von der Firma erwartet aber nicht als Komödie. Hier geht es um die dunkleren Abgründe des menschlichen Geistes. Sie adaptieren das Konzept des imaginären Freundes und verweben es mit den düsteren Fäden des Horrorfilms. Doch ist dies nicht einfach nur ein weiterer Schritt auf einem bereits ausgetretenen Pfad? Das Konzept des imaginären Freundes ist in der Tat ein altbekanntes Element im Gruselgenre, oft als Erklärung für unerklärliche Ereignisse oder seltsames Verhalten von Kindern herangezogen, bevor sich die wahrhaftigen Schrecken offenbaren.
Doch während andere Werke bereits effektiver und kunstvoller mit diesem Thema jonglierten, scheint Imaginary eher auf ausgetretenen Pfaden zu wandeln. Es ist eine bedauernswerte Realität, dass Blumhouse, einst gefeiert für ihre kreative Frische und unkonventionellen Herangehensweisen, seit langem schon in einer künstlerischen Sackgasse zu stecken scheint. Es ist ein wiederkehrendes Muster bei Blumhouse: Die Grundidee ist meist vielversprechend. Entweder weil sie herrlich absurd ist (wie kürzlich bei Night Swim) oder weil bestimmte Elemente interessant klingen (wie bei Five Nights at Freddy's mit seinen gruseligen Animatronics). Doch das finale Produkt entpuppt sich (zu) oft als die ödeste Form von Mittelmaß. Eine Durchschnittlichkeit, die absolut nichts einfordert vom Publikum, außer den stumpfe Hinsehen. Es ist kaum zu glauben, dass dieses Unternehmen einst Filme wie Get Out produziert oder Soft & Quiet lizenziert hat.
Regisseur und Co-Autor Jeff Wadlow, der für Blumhouse bereits Wahrheit oder Pflicht und Fantasy Island umsetzte, liefert hier eine Leistung, die selbst die anspruchslosesten Zuschauer kaum gruseln wird. Es fehlt nicht an dem Versuch, interessante Momente aufzubauen, doch diese verpuffen oft in der Hast, mit der sie wieder verworfen werden. Die Bedrohungsszenarien wirken erzwungen und uninspiriert, als würden die Macher mehr Angst davor haben, ihre Zuschauer zu langweilen, als sie tatsächlich zu fesseln. Versteckte Juwelen der Originalität mögen zwar hier und da auftauchen, doch sie gehen schnell in einem Meer von vorhersehbaren Handlungssträngen und Figuren unter, die elendig einfach konzipiert sind. Nichts spricht grundsätzlich gegen simple und funktionale Charaktere, aber was hier präsentiert wird, ist derart abgestanden und eintönig, dass es beinahe als ironischer Kommentar zu den stereotypen Figuren in Mainstream-Horrorfilmen durchgehen könnte.
Auch das Drehbuch, das sich bemüht, die Mechaniken des Horrors zu erklären, scheitert letztlich an seinem eigenen Anspruch. Die repetitiven Erklärungen wirken belehrend und überflüssig, während die eigentliche Angst weniger in den vordergründigen Schreckmomenten liegt, sondern vielmehr in der Enttäuschung über das Potenzial, das hier verschenkt wurde. In Kombination mit einer uninspirierten schauspielerischen Leistung, die kaum über das Niveau eines Schultheaterstücks hinauszugehen scheint, wird Imaginary zu einem bedauerlichen Zeugnis für das Versäumnis, künstlerische Vision mit kommerziellem Erfolg zu vereinen.
Es ist bedauerlich, denn inmitten der enttäuschenden Ausführung werfen die grundlegenden Themen von Imaginary durchaus faszinierende Fragen auf. Fragen nach der Macht der Vorstellungskraft, der Natur des Realen im Vergleich zum Imaginären und dem unerschöpflichen Potential der menschlichen Kreativität. Leider bleibt diese Tiefe im Schatten der Gleichgültigkeit verborgen.
Fazit
In einer idealen, fiktiven Welt hätte "Imaginary" unsere Vorstellungskraft herausgefordert und uns in seinen Bann gezogen. Doch in der Realität entpuppt sich der Titel als just another Blumhouse-Flick. Anders gesagt: Ein so elendig durchschnittlicher Film ohne besondere Eigenheiten, der nur dazu taugt, vergessen zu werden.
Autor: Sebastian Groß