8.0

MB-Kritik

In The Mood For Love - Der Klang der Liebe 2000

Romance, Drama

8.0

Maggie Cheung
Tony Leung Chiu-wai
Siu Ping-lam
Tung Cho 'Joe' Cheung
Rebecca Pan
Kelly Lai Chen
Chan Man-Lei
Koo Kam-Wah
Chin Tsi-Ang
Paulyn Sun
Roy Cheung
Chow Po-chun
Hsien Yu
Julien Carbon
Laurent Courtiaud
Charles de Gaulle

Inhalt

Melancholische Geschichte der Liebe zwischen einer Frau und einem Mann, die im selben Gebäude wohnen und eines Tages herausfinden, dass ihre Ehepartner eine Affäre miteinander haben. Immer häufiger begegnen sich die beiden in ihrem Alltag, bis sie feststellen, dass sie nicht nur die Einsamkeit in der Ehe teilen, sondern auch ihre Leidenschaft für Kung-Fu Geschichten.

Kritik

-„Wichtig ist, dass nichts zwischen uns war.“

-„Das habe ich auch mal gedacht.“

Nach Happy Together widmet sich der chinesische Filmemacher Wong Kar-Wai abermals einer konfliktbehafteten Liebesgeschichte, allerdings aus einem ganz anderen Blickwinkel. Bei In The Mood For Love – Der Klang der Liebe befinden wir uns im Hongkong des Jahres 1962. Zeitgleich beziehen dort zwei Ehepaare jeweils ein Zimmer von benachbarten Wohnungen. Zum einen der Zeitungsredakteur Mo-wan (Tony Leung Chiu-wai, Infernal Affairs – Die achte Hölle) mit seiner Frau und zum anderen Li-zhen (Maggie Cheung, Hero) mit ihrem Ehemann. Beruflich sind die Paare oft voneinander getrennt, woraufhin sich bereits eine emotionale Distanz gebildet zu haben scheint. Schließlich kommen Mo-wan und Li-zhen unabhängig voneinander dahinter, dass ihre Partner sie betrügen – mit dem jeweils anderen. Eine verletzende und zutiefst beschämende Situation, auf die die beiden Gehörnten nicht etwa mit aufbrausender Wut und emotionalem Getöse reagieren, sondern stattdessen sich gegenseitig Trost spenden. Eine Art behutsame Zweckgemeinschaft entsteht, wenn man so will eine Paartherapie über Kreuz. Aus der sich natürlich mit der Dauer deutlich mehr entwickelt, doch dieses zuzulassen erweist sich in Anbetracht der Umstände als überaus kompliziert.

Von seiner Inszenierung gleicht In The Mood For Love – Der Klang der Liebe mehr eine Choreographie denn klassischer Filmregie. Mit einer schier atemberaubenden Kinematographie versehen bewegt man sich gefühlt immer leicht über dem Boden schwebend durch eine Geschichte, die trotz all ihrer Melancholie und ihres emotionalen Ballasts - beinah irritierend - federleicht anmutet. Selbst der Qualm einer Zigarette scheint im Schreibtischlicht zu tanzen. Die Geschichte einer Affäre, die jedoch nie On-Screen stattfindet. Bewusst bekommen die eigentlichen Ehebracher weder (Vor)Namen spendiert, noch sieht man jemals ihre Gesichter. Sie sind beinah ein Macguffin. Im Zentrum stehen ihre betrogenen Partner, die sich daraufhin selbst gegenseitig kennenlernen. Langsam, geduldig, stets von der strengen gesellschaftlichen wie zeitlichen Etikette geprägt. Und stets in dem Bestreben, nicht den gleichen Frevel zu begehen wie „die“. „Wir werden nicht so sein wie die“ sagt Li-zhen an einer Stelle im Film und bringt damit die ganze Tragik des Plots auf den Punkt. Denn eigentlich wollen sie so sein. Zumindest irgendwann und insgeheim. Und eigentlich gönnt man es ihnen von Herzen. Es erscheint richtig, logisch – wenn man diesen Begriff in Bezug auf Liebe überhaupt verwenden kann. Darauf scheinen sie sich aber nicht einlassen zu können, so intim ihre platonische Beziehung unter den erschwerten Begleitumständen doch heranwächst.

Fast könnte man Wong Kar-Wai den berühmte Style over Substance-Vorwurf machen, betrachtet man seinen audio-visuellen Kraftakt, der nicht mit Oberflächenreizen an allen Ecken und Ende geizt und sogar Maggie Cheung’s inflationär wechselnde Garderobe (das kommt wohl nur Robert De Niro in Casino mit) wie perfekt arrangierte Mosaiksteine in einem lebendigen Gemälde verwendet. Das er mit einem überwiegend improvisierten „Drehbuch“ gleichzeitig aber einen derart ergreifenden, sensiblen und unwahrscheinlich klugen Film über eine aufkeimende wie nicht gewünschte Romanze im diesbezüglich alles andere als unbedeutenden Kontext von Handlungszeit- und Raum kreiert, ist mit lobenden Worten kaum treffend zu beschreiben. In The Mood For Love – Der Klang der Liebe muss selbst am eigenen Leib erlebt und mit den eigenen Emotionen gefühlt werden. Er macht sich seine erlesene Präsentation natürlich zunutze, um vieles über eben diese zu erzählen. Dies gelingt ihm dafür auf außergewöhnliche Art und Weise. Man könnte den Film fast ohne Ton laufen lassen und würde der Handlung trotzdem wohl mühelos folgen können. Zumindest würde sich eine vergleichbare Wirkung einstellen.

Trotz dieser hier zelebrierten Pracht, die selbst auf dem Papier banal klingende Momente zu wahren Kunstwerken hochstilisiert, ist es mehr die bitter-süße, emotionale Energie, die In The Mood For Love – Der Klang der Liebe erst wirklich den Weg ins Herz des Publikums gewährt. Es ist so eine schöne wie gleichzeitig tragische Geschichte, die nicht auf einfache Mechanismen zurückgreifen will, um ein möglichst großes Publikum sorgenfrei von sich zu begeistern. Wenn es einen Film gibt, der sich genau so wie er ist exakt richtig anfühlt und nur bei minimalen Abweichungen eventuell nicht mehr funktionieren könnte, dann vielleicht dieser. Was ihn umso schwieriger und das Resultat umso bemerkenswerter macht.

Fazit

Ein wunderschöner Film, äußerlich wie innerlich. Wong Kar-Wai zündet ein ästhetisches Feuerwerk, aber begräbt darunter nicht seine gefühlvolle Ballade um eine angedeutete Romanze, die niemals eine faire Chance erlebt. Selten ergeben beide Aspekte in dieser Größenordnung ein so homogenes Gesamtbild wie hier. Ganzheitlicher kann Kino kaum noch sein.

Autor: Jacko Kunze
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