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Atmosphärischer Horrorfilm von John Carpenter über den Versicherungsdetektiv John Trent, der von einem Verleger beauftragt wird, den verschwundenen Kult-Horror-Autor Sutter Kane und dessen neustes, bisher unveröffentlichtes Werk zu finden. Die Reise zum vermuteten Aufenthaltsort Kanes wird für Trent zu einem Albtraum, in dem die Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion immer schwieriger wird.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Wissen Sie, was mir bei Cane Angst macht: Was ist, wenn sich die Realität auf seine Seite schlägt?“

Der Meister des Horrorfilms hat nur geschlafen, sein Mojo gesammelt, um es in selbst für ihn recht unerforschten Terrain zu entladen. Die Rede ist vom großen John Carpenter, der seinem putzig-griffigem Debüt Dark Star eine halbe Dekade fantastischer Meilensteine folgen ließ. Von Assault – Anschlag bei Nacht bis Das Ding aus einer anderen Welt war jeder (Kino)Film von Carpenter ein Meisterwerk, zeitlos-prägende Genre-Kunst, die trotz beschränkter Mittel und reichhaltiger Versuche nie kopiert werden konnte (das Remake von Die Klapperschlange ist noch in der Warteschleife, ansonsten erlebte jeder eine direkte oder indirekte Neuverfilmung). Nach den großen Fünf folgte eine nicht verwerfliche, nur deutlich schwächere Dursttrecke. Solide Filme wie Christine oder Sie leben!, ambitionierte wie Starman oder Big Trouble in Little China oder der vielleicht unterschätzte Höhepunkt dieser Tage mit Die Fürsten der Dunkelheit konnten ihnen nicht das Wasser reichen. Und dann kam das!

„Erst haben wir die Umwelt zerstört, und jetzt zerstören wir uns selbst.“

Mit Die Mächte des Wahnsinns entfernt sich Carpenter erstmals deutlich von einer zwar fantastischen, aber stets greifbaren, verständlichen Bedrohung. Sonst wurde unsere Welt immer von einer Form des Bösen angegriffen, nun besteht keine beständige Konstante, kein Fixpunkt. Dank Sutter Cane (Jürgen Prochnow; Das Boot) – der nicht nur zufällig klingt wie Stephen King -, dem alles verändernden Massenphänomen einer des Konsum und dem Hype unterjochten Gesellschaft. Seine offenbar hypnotische Groschenroman-Lyrik erschafft Amokläufer, gefährlich-schizophrene Spinner und ist Millionen wert, wenn der verschrobene Goldesel seinem Haus- und Hofverlag plötzlich durch die Lappen geht, kurz bevor er sein Masterpiece der Öffentlichkeit komplett zur Verfügung stellt. Das riecht nach einem grenzwertigem Publicity-Manöver oder vielleicht sogar hochkarätigem Betrug, was der Fachmann für solche Angelegenheiten, Versicherungsdetektiv John Trent (Sam Neill, Jurassic Park), mit der beruflich angeborenen Skepsis auf den Plan ruft. Zur Recherche vertieft er sich in das Schaffen seines Zielobjekts, zimmert auch nur aus einem absurden Geistesblitz erschaffen eine Karte zu dessen vermeidlichen Aufenthaltsort zusammen und muss feststellen, das HOBB’S END mehr ist als nur die kranke Vision eines Marketing-Betrügers. Und er selbst unter Umständen nur eine Figur in…ach, lesen Sie selbst.

Nach dem VHS-Hype der 80er erlebte der Horrorfilm in den 90ern seinen wohl deutlichsten, kommerziellen wie künstlerischen Tiefpunkt, selbst der letzte, nah an der Brillanz kratzende Carpenter fiel der allgemeinen Ermüdung zum Opfer. Dabei war das zuvor zugegeben etwas satt wirkende Genie seinen Glanzpunkten von einst nie wieder näher. Der Schlusspunkt seiner inoffiziellen Weltuntergangstrilogie ist wie eine Orgie mit Clive Barker (Hellraiser – Das Tor zur Hölle) und David Lynch (Lost Highway). Öffnet die Pforten zur Hölle, mit dem wild frisierten, wortkargen und selten präsenteren Jürgen Prochnow als Torwächter und kreativen Geburtshelfer einer nicht so schönen, neuen Welt, die in der konsumgeilen Gier einer erschreckend leicht zu beeinflussenden Masse den Nährboden für die Saat des Bösen lässt. Das Unvorstellbare fällt nicht ein, es verändert den Rahmen. Weil wir es zulassen, lieben und aufsaugen. Der realitätstreue Retter wird zum unfreiwilligen Moses, der die neue Bibel und deren Gebote in die Welt hinausträgt, obwohl er sie verabscheut und verbrennen will. Denn er ist nur Teil einer bizarren Geschichte, das Puzzlestück, das am Rande des Wahnsinns nur noch über sich selbst lachen kann, weil nichts mehr sonst von Bedeutung ist.

Fazit

Eine Möbiusschleife des Wahnsinns. Reflektierter, surrealer Horror. Ideal besetzt mit dem meist eh geisteskrank wirkendem Sam Neill, zwischen biestigem Sarkasmus und gottlosem Anarchismus. Inszenatorisch war Carpenter früher wegweisender, stilprägender. Mutiger war er selten. Und betrachtet man sein (sogar unmittelbar) folgendes Schaffen stellt sich die berechtige Frage, ob er nicht selbst in den Schlund des Irrsinns gezogen wurde.

Kritik: Jacko Kunze

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