MB-Kritik

Kawauso 2023

Short

Inhalt

Ein Mädchen geht ihres Weges, als sie von einem Japanischen Fischotter eingeholt wird. Die beiden versuchen vergeblich miteinander zu sprechen, während der Schrott der Menschheit vom Himmel regnet.

Kritik

In gewisser Hinsicht ist Akihito Izuharas (Vita Lakamaya) faszinierende filmische Fabel so geheimnisvoll und gerissen wie das Titeltier. Kawauso, der in der enigmatischen Episode einem kleinen Mädchen durch eine Landschaft voller kindlicher Konsumoptionen folgt, ist kein gewöhnlicher Fischotter. In der japanischen Folklore bezeichnet der Name einen geisterhaften Trickster mit einem Faible für übernatürliche Streiche. Diese enden für die davon betroffenen Menschen oft tückisch und manchmal sogar tödlich. 

Jene düstere Doppelbödigkeit der auf den ersten Blick burlesken Späße des geistigen Verwandten von Reineke Fuchs offenbart sich auch in dem schleichenden Surrealismus des trügerisch friedlichen Szenarios. Zuerst regnet eine Uhr - in der klassischen Kunst ein typisches Memento Mori - vom Himmel. Bald hageln immer gewaltigere Objekte in einem endzeitlichen Niederschlag, vor dem sich die stumme Protagonistin in elliptischer Evokation der Anfangsszene die Augen zuhält.

Fazit

In seinem auf mehreren Ebenen zauberhaften Zeichentrickfilm beschwört Akihito Izuhara die mythische Macht, von der sich eine gegenwärtige Generation zugunsten moderner Marketing-Maskottchen abgewandt hat. Filigrane Bleistiftlinien erfassen in faszinierender Detailgenauigkeit die nostalgische Naturkulisse, in deren mysteriöser Menschenleere von Anfang an vages Unbehagen mitschwingt. Das scheinbar Niedliche und Normale wird zur Bühne eines apokalyptischen Alptraums, dessen allegorische und ästhetische Vielschichtigkeit die malerische Magie des schwarz-weißen Szenarios spiegelt. 

Autor: Lida Bach
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